Scheitern bitte!

Herausforderungen und Rückschläge können Studierende stärken und sind ein wichtiger Aspekt des Lernens. Deshalb verfolgt das Student Project House den «Fail Forward»-Ansatz. Ein Essay von Moritz Mussgnug über Fehler und Scheitern.

Vier Leute, die im Student Project House um einen Tisch sitzen und sich unterhalten
Schwierige Phasen sind oft lehrreicher als die Zeiten, in denen alles glatt läuft. (Bild: Student Porject House)

«Fehler machen zu dürfen, ist etwas Grossartiges. Im Scheitern können wir uns alle weiterentwickeln. Denn aus den Fehlern der Vergangenheit lernen wir für die Zukunft. Deshalb leben wir im Student Project House ganz bewusst eine konstruktive Fehlerkultur. Der ‹Fail Forward›-Ansatz ist fest in unserem Mindset verankert.

Das Student Project House ist ein Ort, an dem Studierende und Doktorierende der ETH Zürich ihren eigenen Ideen nachgehen können. Wir glauben fest daran, dass die intrinsische Motivation für ein Thema und die eigenverantwortliche Umsetzung eines Projekts eine wertvolle Lernumgebung schaffen. Wichtige überfachliche Kompetenzen wie Kommunikation, Leadership oder Projektmanagement werden in den meist interdisziplinären Teams gefördert und komplementieren klassische Lehrformate. Deshalb spielt es bei uns auch keine Rolle, ob die Idee etwas mit dem eigenen Studienfach zu tun hat. Das Projekt ist das Lernmedium. Im Zentrum steht, welche Ziele sich ein Team setzt, welche Ziele es erreicht – und welche nicht. Rückschläge und wie das Team damit umgeht, sind für uns Teil eines wichtigen Prozesses. Und hier kommt der ‹Fail Forward›-Ansatz ins Spiel.

«Globe» Eine Welt ohne Barrieren

Globe 24/03 Titelblatt

Dieser Text ist in der Ausgabe 24/03 des ETH-​​​​Magazins Globe erschienen.

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Für uns ist ein Projekt dann erfolgreich, wenn ein Team zuerst an die eigene Idee glaubt. Und dann diese Idee diskutiert, erkundet, testet und später verbessert, anpasst, erweitert und wieder testet und wieder anpasst. Oder, wenn nötig, eine ganz andere Richtung einschlägt. Erfolg ist für uns nicht das marktreife Endprodukt. Erfolg ist für uns, wenn das Team den Prozess des Testens, Scheiterns und Anpassens bewusst durchlaufen hat. In unseren Augen ist das ein zentraler Lerneffekt, der auch für die berufliche Zukunft der Studierenden wichtig ist.

Am Student Project House beschäftigen wir Coaches, die den Projekten zur Seite stehen. Wir Coaches glauben an die Ideen. Wir stellen kritische Fragen. Wir motivieren. Aber wir machen nie Druck, weder zeitlich noch inhaltlich. Und wir geben nie den Weg vor. Dafür schaffen wir ein Klima, das Barrieren abbaut. Bei uns muss sich zum Beispiel niemand bewerben, jede ETH-Studentin und jeder ETH-Student ist willkommen. Es gibt kein Auswahlverfahren, keinen Wettbewerb zwischen den Projekten. Wir bewerten die Projektideen nicht, es gibt keine Noten oder Kreditpunkte.

Auch die Architektur des Student Project House unterstützt diesen Ansatz. Alle Räume sind offen, Besprechungen im stillen Kämmerlein sind unmöglich. Weder die Coaches noch die Teams haben feste Arbeitsplätze. Das passt zu den flachen Hierarchien, die wir leben.

Zur Person

Porträtfoto von Moritz Mussgnug

Moritz Mussgnug ist Head of Ideaspace und Co-Head ad interim des Student Project House der ETH Zürich.

Am Ende eines Projekts setzen sich Coach und Team noch einmal zusammen und blicken gemeinsam zurück. Manchmal machen wir einen Zeitstrahl und schauen, was im Laufe des Projekts passiert ist. Dann identifizieren wir die Höhen und Tiefen. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie die Teams erkennen, dass die schwierigen Phasen viel lehrreicher waren als die Zeiten, in denen alles glatt lief. Es sind die Herausforderungen und Rückschläge, die die Studierenden gestärkt haben.

Gerade weil wir die Studierenden und deren Ideen nicht bewerten, ist es viel leichter, über Fehler zu sprechen. Die Diskussion wird so zu einem positiven Austausch, und das Projekt kommt zu einem erfolgreichen Abschluss. Das macht die Studierenden stolz – weit über die Zeit im Student Project House hinaus.»

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