Ein Katapult für mehr Rechenleistung

Hier ist ein Weg, die Rechenleistung unserer Computer in Zukunft weiter zu steigern. Das Team der Professoren Gambardella und Heydermann gibt die Idee auf, Prozessor und Speichermedium als separate Geräte zu betrachten. Ihr kühner Vorschlag: eine Fusion! Wir haben Pietro Gambardella und Mitarbeiter Ales Hrabec im Interview.

Dr. Zhaochu bei der Herstellung einer Logik-in-Speicher Einheit.
Dr. Zhaochu bei der Herstellung einer Logik-in-Speicher Einheit. (Photo / Markus Fischer, Paul Scherrer Institut)

Was ist der Vorteil, die Funktion von Prozessor und Speichermedium zu vereinen?

Gambardella: Aktuell rennen wir in eine sogenannte Speicherwand. Unsere Computerprogramme bearbeiten mehr und mehr Daten, die wir zwischen Speichereinheit und Prozessor hin und her transportieren. Ab einem gewissen Punkt ist es egal, wie schnell der Prozessor arbeitet, denn wir kommen mit dem Hin-und Her-Transport der Daten nicht nach – von dem Energieaufwand des Datentransports ganz zu schweigen. Wir möchten den Datentransport reduzieren.

Indem ein logisches Bauteil in eine Speichereinheit integriert wird?

Hrabec: Genau. In einer gemeinsamen Kollaboration der ETH Zürich und des Paul Scherrer Instituts haben wir den Prototypen einer Logik-in-Speicher Einheit gebaut. Unser Mitarbeiter Zhaochu Luo hatte einen recht kühnen Vorschlag für ein NAND-Gatter, das ist eines der Grundbausteine der logischen Schaltung.  Wir waren begeistert zu sehen, dass es beim ersten Versuch funktionierte. Und dann konnte uns nichts mehr zurückhalten. Wir kombinierten gleich 15 dieser NAND-Gatter zu einem Volladdierer, das ist ein komplexes Schaltnetz. Die Umsetzung des NAND-Gatters und des Volladdierers zeigen deutlich, dass wir vollfunktionstüchtige Schaltungen haben und diese auch in Kaskade setzen können. Dies ist eine Grundvoraussetzung für elektronische Logik-Einheiten.  

Was ist der Unterschied zu einem Logik-Gatter aus Transistoren?

Gambardella: Wenn man den Strom zum Transistor kappt, vergisst er seinen digitalen Status. Unsere Logik-Gatter brauchen keinen Strom, um die Ein- und Ausgabewerte zur behalten. Die Daten werden magnetisch gespeichert. Folglich sind unsere Logik-Gatter zu jedem Zeitpunkt einsatzbereit.

Könnt Ihr uns mehr über den Aufbau einer solchen Logik-in-Speicher Einheit erzählen?

Hrabec: Unsere Daten werden in Segmenten entlang von Nano-Drähten gespeichert (siehe Fig.2). Diese Segmente beinhalten magnetische Domänen mit zwei unterschiedlich magnetischen Ausrichtungen, entsprechend den Nullen und Einsen des binären Codes. Wir können nun mit Strom diese magnetischen Domänen entlang der Drähte verschieben und sie durch die Logik-Gatter drücken. Eine spezielle Art der Spinkopplung in den Gattern bestimmt den Ausgabewert. Die Domänen bewegen sich mit gut 100 Metern pro Sekunde. Wenn man das runterrechnet auf die Grösse unserer winzigen NAND-Gatter, erreicht man die Taktfrequenz von modernen Prozessoren. In der Tat glauben wir, dass es möglich ist, die Domänen noch weiter zu beschleunigen – vielleicht sogar auf einen Kilometer pro Sekunde. Damit würden wir die Taktfrequenz aller existierenden Prozessoren übertreffen.

Schema zeigt wie die Daten in magnetischen Domänen gespeichert werden. Strom treibt sie durch das NAND Gatter.
Die Daten werden in magnetischen Domänen (rot und blau) auf Nanodrähten (weiss) gespeichert. Ein elektrischer Strom treibt die Domänen entlang der Drähte und durch das NAND-Gatter (grünes Dreieck).

Welche Schritte sind für eine erfolgreiche Marktimplementierung notwendig?

Gambardella: Das ist eine wichtige Frage. Wir benötigen komplementäres Fachwissen von ausserhalb unserer Gruppe, um Logik- und Speichereinheiten vollständig zu integrieren.  Wir brauchen einen Lese- und Schreibkopf basierend auf dem sogenannten magnetischen Tunnelkontakt. Der Kopf muss für die winzigen magnetischen Domänen klein genug sein, damit er auf der einen Seite über den magnetischen Spin die Daten auslesen und auf der anderen Seite zum Schreiben der Daten den magnetischen Spin manipulieren kann. Wir glauben, dass grosse Firmen wie IBM oder Samsung oder spezialisierte Technologie Inkubatoren diese Aufgabe bewerkstelligen könnten. Wir suchen aktiv nach Kollaborationspartnern, um diese Technologie weiterzuentwickeln.

picture of Prof. Pietro Gambardella
Prof. Pietro Gambardella
picture of Dr. Ales Hrabec
Dr. Ales Hrabec

Kontakt/ Links:

Prof. Pietro Gambardella, Magnetism and Interface Physics
Prof. Laura Heydermann, Mesoscopic Systems

Publikationen:

Zum Patent angemeldet
Z. Luo et al., ”Current-driven magnetic domain-wall logic”, Nature 579, 214–218 (2020)
 

Sind Sie interessiert an weiteren spannenden "News for
Industry" Storys?

externe SeiteAbonnieren Sie unseren Newsletter

externe SeiteFolgen Sie uns auf LinkedIn

Suchen Sie Forschungspartner an der ETH Zürich? 

Kontaktieren Sie ETH Industry Relation

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert