Frühe Diagnose von resistentem Krebs

Resistenzen waren bis jetzt schwer zu diagnostizieren und verursachen 90% der Todesfälle durch Krebs. ETH Spin-off Parithera entwickelt eine frühe Diagnose.

Team
Antoine Herzog und Weida Chen, Gründer von Parithera.

Für eure fortschrittliche Krebsdiagnose analysiert ihr zirkulierende Tumorzellen (circulating tumor cells, CTCs). Warum CTCs?

Antoine: Indem wir zirkulierende Tumorzellen (CTCs) untersuchen, bekommen wir umfassende Informationen über den Krebs. Und das auf nicht-invasive Weise, was für die Patienten sehr wichtig ist.
Alle bisher existierenden Methoden zur Diagnose von Metastasen haben gravierende Nachteile. Invasive Methoden wie Gewebe-Biopsien (Probenentnahme vom Tumor) führen bei 20 Prozent der Patienten zu Komplikationen. Unsere Methode gehört zum Gebiet der Flüssigbiopsie: es werden Blutproben genommen und analysiert. Es gibt heute bereits klinische Methoden, um zirkulierende Tumor-DNA via Flüssigbiopsie zu erhalten. Tumor-DNA ist zwar einfacher zu entdecken, liefert aber nur begrenzte Informationen – viel weniger, als wenn wir ganze CTCs extrahieren und mit einer Auflösung auf der Ebene einzelner Zellen analysieren.

Bisher gibt es keine Diagnose mit einer Auflösung auf der Ebene einzelner Zellen. Wieso braucht es das?

Antoine: Krebs ist sehr komplex, also braucht es auch komplexe Diagnoseverfahren. Unser Unternehmen befasst sich mit früher und einfacher Diagnose der Resistenz gegen die Behandlung, und automatisiert diesen diagnostischen Prozess.
Stellen Sie sich den Tumor als eine Schüssel voll Erdbeeren vor. Eine Erdbeere in der Schüssel ist verfault und entspricht der resistenten Zelle. Bisherige Diagnostik beruht darauf, einen Smoothie aus pürierten Erdbeeren zu untersuchen und kann damit keine Rückschlüsse auf eine einzelne verfaulte Erdbeere ziehen. Unsere Technologien zielen darauf ab, die Erdbeeren ganz zu lassen und eine nach der anderen zu untersuchen. So können wir ganz genau herausfinden, was in den Erdbeeren also Krebszellen passiert.

Welche Schwierigkeiten habt ihr?

Weida: Schwierig ist, dass sich nur sehr wenige CTCs im Blut befinden. Wenn wir bei den Erdbeeren bleiben, suchen wir nach ein paar wenigen Erdbeeren in einem ganzen Schwimmbecken voll mit allen möglichen anderen Sachen. Mit Technologien wie magnetischen Nanopartikeln, Mikro- und Nanofluidics, und Bioinformatik schaffen wir es jedoch, die wenigen CTCs aus dem Blut herauszufiltern und zu analysieren. Wir nutzen dafür drei patentierte Forschungsresultate der ETH Zürich und der EPFL. Wir sind die Ersten, die die Extraktion von CTCs aus dem Blut und die Herstellung von Proben fürs Sequenzieren in einem einzigen Gerät kombinieren. Um CTCs klinisch nutzbar zu machen, ist es nötig, diese beiden Schritte zu kombinieren.

Was hält euch optimistisch?

Antoine: Unsere Nanopartikel und Prozesse sind wirklich fortgeschritten. In bisher verfügbaren kommerziellen Prozessen werden die Nanopartikel von den weissen Blutkörperchen ‘aufgefressen’. Unsere magnetischen Nanopartikel überleben die Fress-Attacken der weissen Blutkörperchen, was die Extraktion der CTCs viel effektiver macht. Durch verbesserte Mikrofluidik können wir ausserdem fast 100 Prozent der extrahierten Zellen in Proben für die Sequenzierung umwandeln. Ihre Analyse ermöglicht es, die Behandlung anzupassen und Medikamente zu finden, die Resistenzen besiegen.

Weida: Unsere Technologie kann auch dabei helfen, Patienten die Gewissheit zu geben, dass sie krebsfrei sind, was eine grosse Erleichterung bringen kann.

Antoine und Weida: Die Aussicht, womöglich einen positiven Effekt auf das Leben einiger Menschen zu haben, ist sehr motivierend. Kooperationen sind sehr wichtig – CSEM zum Beispiel arbeitet mit uns an der Automation. Durch diese Partnerschaft wird unser Prozess voraussichtlich in einigen Monaten automatisiert sein. Zudem haben wir unsere Datenanalyse in eine Bioinformatik-Firma ausgelagert und arbeiten mit grossen Diagnostikfirmen zusammen. Auch sind wir sehr froh, auf die Expertise in Nano- und Mikrofluidik von Prof. Renaud von der EPFL zurückgreifen zu können.

Was sind Paritheras nächste Schritte zum Markt hin und wann werden Patienten profitieren?

Antoine: Wir haben Funding von Innosuisse und Venture Kick bekommen und starten gerade eine erste Finanzierungsrunde. Wir diskutieren mit zwei führenden Onkologie-Unternehmen und verhandeln gerade einen Piloten mit einem Hauptakteur in der Flüssigbiopsie. Es liegt immer noch ein langer, teurer Weg vor uns. Unsere Technologie muss klinische Versuche durchlaufen, was noch etwa vier bis fünf Jahre dauern wird.

Weida: Ich rechne mit drei bis fünf Jahren. Ich hoffe, dass wir ein wenig schneller und früher in der Lage sind, Patienten zu diagnostizieren. Ich bin ein bisschen optimistischer als Antoine (lacht).

Nanoparticles
Paritheras’ Nanopartikel werden von den weissen Blutkörperchen (WBCs) nicht ‘aufgefressen’, was zu viel höheren Reinheiten bei den Proben führt als bisher.

Kontakt/Links:

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