Die Kluft zwischen Datenwissenschaft und Medizin schliessen

Auch nach klinischen Studien gibt es nie 100-prozentige Gewissheit über die Sicherheit und Wirksamkeit neuer Medikamente. Das ETH-Spin-off Methodds bietet für dieses Problem massgeschneiderte analytische Lösungen und Expertendienstleistungen im Gesundheitswesen an.

Artwork produced by the artificial intelligence DALL-E
Quelle: Bild generiert von der künstlichen Intelligenz DALL-E

Die Pharmaindustrie entwickelt laufend neue Medikamente, um Krankheiten zu lindern - und im Idealfall zu heilen. Klinische Studien können zwar bis zu einem gewissen Grad Neben- oder Wechselwirkungen aufzeigen, doch sind die Tests dafür begrenzt. Daten aus der realen Welt, wie z. B. elektronische Gesundheitsakte oder Daten aus der Leistungsabrechnung, helfen jedoch dabei, die Sicherheit, den potenziellen Schaden und die Wirksamkeit von Arzneimitteln besser zu beurteilen - und genau das ist die Stärke von Methodds. Wir sprachen mit den Mitbegründern von Methodds, Stefan Weiler und Adrian Martinez de la Torre, um mehr über ihre Technologie zu erfahren und was sie für die nahe Zukunft planen.

Für wen haben Sie diese Lösung entwickelt?
Da sie massgeschneidert ist, kann unsere Lösung von einem breiten Spektrum von B2B-Kunden genutzt werden. Wir bieten unsere analytischen Lösungen Pharmaunternehmen, Aufsichtsbehörden oder Krankenhäusern an. Auch Private-Equity-Firmen oder Investmentfonds können unsere Lösungen nutzen, da sie oft verschiedene medizinische Unternehmen in ihrem Portfolio haben und das Potenzial und/oder das Risiko eines bestimmten Medikaments, das gerade entwickelt wird, bewerten müssen.

Warum haben Sie diese Kombination aus Daten und Medizin entwickelt?
Klinische Studien werden in einem sehr kontrollierten Umfeld durchgeführt. Daher werden bestimmte Personengruppen - wie schwangere Frauen, Menschen mit Behinderungen oder multimorbide Menschen mit mehreren gleichzeitigen Erkrankungen - in der Regel von den Studien ausgeschlossen. Diese Studien werden auch oft nur in westlichen Ländern durchgeführt oder sind (ob absichtlich oder nicht) stark auf Männer ausgerichtet. Mit dem Aufkommen grosser elektronischer Gesundheitsdatensätze und der Entwicklung des maschinellen Lernens können wir heute untersuchen, wie Medikamente auf der Ebene der gesamten Bevölkerung verwendet werden. In der Praxis bedeutet dies, dass wir die Sicherheit und Wirksamkeit eines Arzneimittels in einem viel grösseren Teil der Bevölkerung untersuchen können, der nicht in klinische Studien einbezogen war. Wir können neue Methoden entwickeln, um schädliche Kombinationen aufzuspüren, die bisher nicht erkannt wurden, oder wir können die Wirksamkeit von auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln bewerten. Manchmal sehen wir sogar, wenn Medikamente positive Nebenwirkungen haben, die zuvor unentdeckt geblieben sind.

Methoden
Methodds verwendet die neuesten verfügbaren Methoden für massgeschneiderte Lösungen (Quelle: Methodds)
«Wir können die potenziellen Risiken und den Nutzen von Medikamenten und Medizinprodukten durch einen ganzheitlichen Ansatz in Kombination mit innovativen Techniken bewerten.»
Stefan Weiler, Mitbegründer von Methodds

Wie verbindet Ihre Technologie Datenwissenschaft und Medizin?
Wir helfen Unternehmen, dass ihre Arzneimittel ihr volles Potenzial erreichen. Je nach Fall nutzen wir verschiedene Datenbanken oder Kombinationen von Datenquellen aus verschiedenen Ländern und Einrichtungen wie Krankenhäusern und Regulierungsbehörden. Diese Datenbanken sind von Natur aus sehr komplex und enthalten eine riesige Menge an unterschiedlichen Informationen wie medizinische Diagnosen, Laborergebnisse oder ärztliche Verordnungen. Bei Methodds fügen wir mit unserer Technologie und unserem medizinischen Fachwissen alles zu einem kohärenten Ganzen zusammen. Wir verwenden traditionelle statistische Methoden, modernste Modelle des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz zusammen mit fundiertem medizinischem Fachwissen und kombinieren so alle verfügbaren Werkzeuge und Kenntnisse, um die beste Lösung in einer interpretierbaren Weise anzubieten. Heutzutage verfügen wir über ausreichend leistungsfähige Computer und fortschrittliche KI-Modelle für diese Aufgabe. Nachdem wir alle Daten gesammelt haben, können wir die Erkenntnisse in der Medizin überprüfen und auf Plausibilität prüfen. So schliessen wir die Lücke zwischen Datenwissenschaft und Medizin, indem wir massgeschneiderte analytische Lösungen und Expertendienste im Gesundheitswesen anbieten.

Daten
Verwendung realer Daten aus verschiedenen Quellen (Quelle: Methodds)
«Wir glauben, dass diese neuen Methoden, die reale Daten und maschinelles Lernen mit medizinischem Fachwissen kombinieren, das Paradigma der klinischen Praxis verändern werden.»
Adrian Martinez de la Torre, Mitbegründer von Methodds

Wann werden Sie bereit sein, zu expandieren und das Produkt mit den ersten Kunden zu entwickeln?
Wir haben das Unternehmen im Jahr 2022 gegründet. Wir sind auf der Suche nach Projekten und Kooperationen innerhalb der pharmazeutischen Industrie, um deren Bedürfnisse genauer zu definieren und unsere Lösungen anbieten zu können. Wir möchten auch Projekte mit Investmentfonds prüfen. Wir sind an Gesprächen mit allen Akteuren des Gesundheitswesens interessiert. Wir glauben, dass diese neuen Methoden der Kombination von realen Daten und maschinellem Lernen mit medizinischem Fachwissen zur Bewertung der potenziellen Risiken oder des Nutzens von Medizinprodukten einen Paradigmenwechsel in der klinischen Praxis bewirken werden. Alle Akteure im Gesundheitswesen sammeln bereits Daten - einige sind sogar gesetzlich dazu verpflichtet - und hier können wir wertvolle Unterstützung bei der Dateninterpretation bieten. Unser Ziel ist es, den therapeutischen Einsatz von Arzneimitteln zu verbessern und mögliche Schäden zum Wohle der gesamten Gesellschaft zu verringern.

Team
Methodds Team: Adrian Martinez de la Torre ist Biostatistiker und Datenwissenschaflter. Er promovierte an der ETH Zürich. Stefan Weiler ist Mediziner mit Spezialisierungen in Pharmakologie, Toxikologie und Innerer Medizin. Er arbeitet an der Pharmakoepidemiologie Gruppe an der ETH Zürich. (Quelle: Methodds)

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