Dokumente automatisch verarbeiten

Täglich verarbeiten Unternehmen dutzende Kundenbestellungen, Auftragsbestätigungen von Lieferanten, Lieferscheine und Rechnungen. ETH Spin-off BLP Digital revolutioniert die Ressourcenplanung mit einer Anwendung, die Kosten spart und Fehlerquellen reduziert. Die Zusammenarbeit mit der ETH brachte das junge Unternehmen einen entscheidenden Schritt weiter.

Person arbeitet am Computer
Weniger manuelles Überprüfen von eingehenden Dokumenten dank BLP Digitals Lösung. Quelle: Pixabay

Das Enterprise Resource Planning (ERP) System ist für jedes Unternehmen ein zentrales Werkzeug zum Verwalten der unternehmensinternen Prozesse. Von eingehenden Kundenanfragen, über Produktionsplanung, Materialbeschaffung, Fertigung, bis hin zur Rechnungsstellung und Buchhaltung wird alles im ERP gemanaged. Häufig werden dabei eingehende Dokumente von Kunden und Lieferanten mit den Daten im ERP verglichen, um bei Abweichungen möglichst früh richtig zu reagieren. Diese Dokumente manuell zu prüfen, wird mit zunehmender Komplexität der Dokumente und wachsendem Fachkräftemangel immer schwieriger.

«Die Prüfung und das repetitive Übernehmen von Daten einer Bestellbestätigungen verursacht inzwischen viel mehr Aufwand.»
Felix Willers von Müller Martini

Auch der Maschinenbauer Müller Martini ist mit diesen Herausforderungen konfrontiert. Einkäufer Felix Willers beschreibt: «Die Prüfung und das repetitive Übernehmen von Daten einer Bestellbestätigungen verursacht inzwischen viel mehr Aufwand, weil es als Folge z.B. vom Ukrainekrieg und COVID nun deutlich mehr Lieferengpässe, Lieferverschiebungen und Preisanpassungen gibt. Diese müssen wir in unseren Bestellungen, sowie in unseren Stammdaten, im SAP anpassen, um wiederum unsere internen sowie externen Kunden rechtzeitig zu informieren und unsere Daten im System aktuell zu halten.»

Eigene Datenbankstruktur und KI

Software, die verspricht Dokumente wie beispielsweise Rechnungen automatisch zu erfassen, ist nicht neu. Bislang arbeiten diese Systeme aber sehr häufig auf der Basis von Templates und Regeln. Dieser Ansatz funktioniert aber oft schlecht. Neue Technologien versprechen Abhilfe. Tim Beck, Mitbegründer von BLP erklärt: «Dank neuronaler Netze können wir komplett ohne Templates oder Regeln auch neue Dokumente gut erkennen. Insbesondere bei Tabellenpositionen ist dies ein entscheidender Durchbruch.» 

«Dank neuronaler Netze können wir komplett ohne Templates oder Regeln auch neue Dokumente gut erkennen. Insbesondere bei Tabellenpositionen ist dies ein entscheidender Durchbruch.»
Tim Beck, Mitgründer von BLP Digital

Aber: Nur weil eine KI versteht, was auf dem Dokument steht, heisst das noch nicht, dass der Prozess auch automatisiert werden kann. Beck weiter: «Die Informationen auf den Dokumenten sehen häufig ganz anders aus, als im ERP. Eine Auftragsbestätigung über 100,- CHF muss aber zu einer Bestellung über 110,- CHF mit 10,- CHF Rabatt passen.» Um das Problem zu lösen hat BLP weitere neuronale Netze entwickelt, die diese Übersetzung von Dokumenteninformationen zu ERP Daten beherrscht. Dafür hat BLP Digital eine eigene Datenbankstruktur geschrieben. Alle Daten werden dafür zunächst aus den ERP-Systemen herausgezogen und in die BLP-Struktur eingelesen. Dies bringt einen entscheidenden Vorteil: Die KI kann über alle Kunden gleich trainiert werden, was deutlich bessere Ergebnisse liefert, da der KI mehr Daten zur Verfügung stehen.

In der Praxis sieht es dann so aus: Die BLP Software wird mit dem ERP-System der Kunden verbunden. Eingehende Dokumente von Kunden und Lieferanten werden direkt von der KI ausgelesen und mit den ERP Daten verglichen. Stimmt alles innerhalb eingestellter Toleranzgrenzen, wird das Dokument direkt abgeschlossen. Den Rest müssen Mitarbeiter erledigen, für die in der Browserlösung von BLP personalisierte Dashboards und Workflows zur Verfügung stehen. Unter dem Strich sparen die Unternehmen damit enorm Zeit, verringern die Fehlerquellen und wirken dem Fachkräftemangel entgegen. Beck stellt klar: «Zeitersparnis muss immer über den gesamten Prozess gemessen werden, also als Kombination aus Vollautomationsrate und Beschleunigung der Mitarbeiter bei Entscheidungen. Die reine Erkennungsquote greift dabei zu kurz.»

Entscheidende Fortschritte dank ETH-Entwicklung

Das kürzlich abgeschlossene Projekt mit der ETH und Innosuisse wurde initiiert, um das Lesen der Dokumente weiter zu verbessern. Forscher aus der Gruppe Information Management der ETH Zürich entwickelten einen Algorithmus, der alle OCR (optical character recognition) Zellen eines Dokuments als Input nutzt, dadurch Dokumentenstrukturen besser versteht und somit bei komplexeren Zusammenhängen bessere Ergebnisse liefert. So können zum Beispiel Tabellenzeilen, die sich über zwei oder mehr Seiten verteilen besser verstanden oder komplexe Preiskonditionen innerhalb einer Tabellenzeile besser interpretiert werden. Dadurch reduziert sich die manuelle Arbeit auf das Prüfen von Abweichungen, die vom Fachbereich auch weiterhin entschieden werden müssen.

«Seit wir im Mai 2023 mit BLP "live" gegangen sind, stellen wir bereits eine Zeitersparnis von 40-45% im Tagesgeschäft fest. Dies hilft uns, den Fokus auf wertschöpfende Tätigkeiten zu legen.»
Felix Willers von Müller Martini

Von diesen Verbesserungen berichtet auch Felix Willers von Müller Martini: «Nachdem wir im Mai 2023 mit den BLP "live" gegangen sind, schätzen wir aktuell unsere Zeitersparnis auf circa 40-45% im Tagesgeschäft ein. Ziel ist es, für die Kontrolle und das Übertragen von Auftragsbestätigungen sowie die Stammdatenpflege 70-80% an Zeit einzusparen. Dies hilft uns, den Fokus auf wertschöpfende Tätigkeiten zu legen». Die Software hilft, kontinuierlich Stammdaten zu verbessern. Dadurch wird die Zahl der Abweichungen reduziert, was zum gewünschten Effizienzziel führen wird.

Vorreiter in der Automation von ERP-Prozessen

Dank der neuen Technologie hat BLP Digital ihr Produkt nochmals deutlich verbessert, was ein wachsender Kundenstamm bestätigt. Dieser reicht vom klassischen Schweizer KMU bis zu den grössten Unternehmen dieses Landes. Zusammen mit diesen Kunden entwickelt BLP ihr Produkt laufend weiter und freut sich auf weitere interessierte Kunden.

picture with the two founders Sven and Tim Beck
Sven (links) and Tim (rechts) Beck von BLP Digital (Quelle: BLP Digital)

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