Physik des Experiments

Warum dieses Experiment an der ETH Zürich? Die beiden akustischen Spiegel am Campus Hönggerberg zeigen im Grossen, wie in den Physik-Labors mit kleinsten Teilchen experimentiert wird. Das Experiment ist vorübergehend wegen Bauarbeiten eingelagert. Eine Wiederinbetriebnahme ist per Frühsommer 2022 geplant.    

Zwei akustische Spiegel: Spricht die eine Person, hört die andere auch Flüstern über Distanz.
Schallübertragung mit zwei akustischen Spiegeln: Steht die eine Person genau im Fokuspunkt (grauer Punkt), hört sie die andere auch über Distanz flüstern.

Spielerisch Forschung erleben

Ein lange bekanntes Phänomen illustriert moderne Forschungsmethoden. Seit der griechischen Antike bis heute wird mit gewölbten «Spiegeln» experimentiert, um Wellen oder Teilchen zu bündeln und dadurch zu verstärken: von Schall- und Wasserwellen über Radio- und Lichtwellen bis hin zu Materiewellen von Elektronen. Die akustischen Spiegel illustrieren in grossem Massstab, was in den Labors auf dem Campus Hönggerberg in manchen Experimenten zur Quantenforschung geschieht. Diese Spiegel sind funktional klassisch geformt, doch ihr Design ist dank der Zusammenarbeit zwischen den Departementen Physik und Architektur einzigartig.

Mit dem Abspielen des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.Mehr erfahren OK
Quantenforschung in den Physik-Labs am Campus Hönggerberg, ETH Zürich (Video: ETH Zürich)

Spiegel in der Quantenforschung

In der Grundlagenforschung wird das Verhalten kleinster Teilchen wie einzelner Ionen oder Photonen erforscht. Die Wellenlängen des sichtbaren Lichts messen zwar nur ein Millionstel eines Meters. Dennoch verhalten sich Lichtwellen ähnlich wie Schallwellen, die Wellenlängen im Bereich eines Meters aufweisen. Lichtteilchen und Schall, beides kann zwischen Spiegeln eingefangen und dadurch verstärkt werden. In der Quantenforschung dient die Verstärkung dazu, diese extrem kleinen Teilchen besser beobachtbar zu machen.

Vom Start aus spricht eine Person in den akustischen Spiegel. Im Fokus F hört die andere Person die gebündelten Schallwellen. So wird Flüstern aus der Ferne hörbar. Gepunktete Linien: Schallwellen, die entkommen und letztendlich in Wärme umgewandelt werden.
Links spricht eine Person in den akustischen Spiegel; die Person rechts hört den Ton, der durch die Bündelung der Schallwellen im Brennpunkt – oder Fokus – des rechten Spiegels verstärkt wird. So wird auch ein Flüstern über Distanz hörbar. (Illustration: ETH Zürich/D-PHYS Gina Moser)

Die Schallwellen dehnen sich aus. Nicht alle Schallwellen werden vom gegenüberliegenden akustischen Spiegel aufgefangen. Auch von den zurückgespiegelten Schallwellen verschwinden einige in die Umgebung und werden unhörbar. Dieser Schall wird letztlich in eine andere Form von Energie, in Wärme, umgewandelt. Die digitale Animation unter «Wie wird Schall gespiegelt» illustriert das gut.  

Ähnlich wie im Wasser entstehen auch in der Luft Wellen, die wir als Schall wahrnehmen. Bei diesen Wellen handelt es sich um Dichteschwankungen in der Luft, die sich von der Schallquelle her ausbreiten. Die Schallwellen können an harten Oberflächen reflektiert werden. Auch das Echo in den Bergen entsteht so. Schon vor 2500 Jahren nutzten griechische Architekten den Effekt für den Bau von Theatern.

Schallwellen werden mit gebogenen Linien dargestellt. Die Strahlen mit den Pfeilen geben die Schallrichtung an. Sie symbolisieren ursprünglich ungeordnet angeordnete Luftpartikel, die zum Beispiel beim Sprechen vorübergehend zusammen- und auseinandergeschoben werden. Verklingt der Schall, verteilen sich die Luftpartikel wieder gleichmässig im Raum.
Die Strahlen mit den Pfeilen im ersten Bild geben die Schallrichtung an. Die gebogenen Linien symbolisieren ursprünglich ungeordnete Luftpartikel, die zum Beispiel beim Sprechen durch Druck vorübergehend zu Schallwellen zusammen- und auseinandergeschoben werden. Verklingt der Schall, verteilen sich die Luftpartikel wieder gleichmässig im Raum. (Illustration: ETH Zürich/D-PHYS Gina Moser)

Beim Sprechen breiten sich die Schallwellen zunächst kugelförmig in alle Richtungen aus. In der Skizze oben und der digitalen Animation unten ist diese kugelförmige Ausbreitung zweidimensional als gebogene Linie dargestellt. Wenn die Schallwellen auf den gewölbten akustischen Spiegel treffen, werden sie reflektiert und dabei «gerade gebogen». Sie können sich nun gerichtet als «ebene Welle» ausbreiten und treffen deshalb genau auf den zweiten akustischen Spiegel. Dort werden sie wiederum reflektiert und auf das Ohr der lauschenden Person gebündelt. Ohne die beiden Spiegel wäre der grösste Teil der Schallwellen entkommen und somit unhörbar.

Digitale Animation der Schallwellen zwischen zwei akustischen Spiegeln, die durch zwei gebogene Linien dargestellt sind  - man sieht die Spiegel also von oben.
(Animation: EMPA, Akustik/Lärmbekämpfung, Kurt Heutschi)

 

Schallwellen – Forschung an der EMPA

Digitale Animation der Schallwellen zwischen zwei akustischen Spiegeln, die durch zwei gebogene Linien dargestellt sind – man sieht die Spiegel also von oben. Der Schall kommt von der linken Seite. Intensives Rot symbolisiert einen hohen Überdruck, intensives Blau einen starken Unterdruck.

Vor allem mit hohen Tönen lässt sich modellhaft digital untersuchen, wie sich Schall (präziser: Schalldruck) ausbreitet und von Hindernissen, hier den akustischen Spiegeln, reflektiert wird.

Die akustischen Spiegel auf dem Campus Hönggerberg sind sphärisch, das heisst als Teil einer Kugel konstruiert. Dadurch entsteht ein gegen innen gewölbter «Teller» der Schallwellen fokussiert zurückspiegelt.

Ein solcher Hohlspiegel besitzt einen Brennpunkt, den Fokus, an dem einfallende ebene Wellen gebündelt werden. Je näher sich der Mund des Senders sowie das Ohr des Empfängers am Fokus des jeweiligen Spiegels befinden, desto mehr kann man hören. Je härter und glatter die Oberfläche der beiden akustischen Spiegel ist, umso besser funktioniert das Prinzip. Harte und glatte Oberflächen reflektieren Schall besser als weiche und raue Flächen.

Sphärischer Spiegel (schwarzer Bogen), eintreffende Strahlen vom gegenüberliegenden Spiegel (rot), reflektierende Strahlen (grün), F = Fokus oder Brennpunkt. Die Strahlen treffen sich nicht perfekt im Fokus, da der Spiegel sphärisch und nicht parabolisch geformt ist.
Sphärischer Spiegel (schwarzer Bogen), eintreffende Strahlen vom gegenüberliegenden Spiegel (rot), reflektierende Strahlen (grün), F = Fokus oder Brennpunkt. Optische Achse: Standort für beste Funktion - man hört also den reflektierten, gebündelten Ton. (Grafik: Von Synkizz - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org )

Nicht nur Schallwellen, sondern alle Arten von Wellen können mittels Spiegel gebündelt werden. Dieses Prinzip machen sich Physikerinnen und Physiker heute für die aktuelle Grundlagenforschung zunutze, auch an der ETH Zürich. Sie fokussieren elektromagnetische Wellen wie Licht- und Radiowellen, aber auch Materienwellen von Elektronen.

Insbesondere in der Quantenforschung ist es wichtig, kleinste Signale zu bündeln und dadurch beobachtbar zu machen. Nutzt man zwei gewölbte Spiegel, um Licht hin und her zu reflektieren, kann man damit sogar einzelne Lichtteilchen, sogenannte Photonen, einfangen und verstärken.

Im Institut für Quantenelektronik an der ETH Zürich werden Photonen mittels zweier Spiegel für verschiedene Experimente in der Grundlagenforschung verstärkt.
Im Institut für Quantenelektronik am Campus Hönggerberg der ETH Zürich werden Photonen (Lichtteilchen) mittels zweier Spiegel für verschiedene Experimente in der Grundlagenforschung verstärkt. Die feine rote Linie symbolisiert einen Laserstrahl. (Illustration: ETH Zürich/D-PHYS Tobias Donner)

Quantenkommunikation und Sensoren

Auch die Wechselwirkung von Atomen mit Photonen kann auf diese Weise untersucht werden. Dies ist beispielsweise für die abhörsichere Quantenkommunikation wichtig. Sogar der Rückstoss von Photonen, die an einem Spiegel reflektiert werden, lässt sich sicht- und nutzbar machen. Dies bildet die Grundlage, um Sensoren zu bauen, die eine bisher unerreichte Empfindlichkeit besitzen und dadurch extrem feine Signale empfangen können.

Stimmt der Abstand der beiden Spiegel mit einem Vielfachen der halben Wellenlänge überein, gibt es nur geringe Verluste und die Wellen verstärken sich laufend. Ähnlich zu einer Stimmgabel ist das System in Resonanz und die Welle wird überhöht. Damit lässt sich die Wechselwirkung zwischen Atomen und Photonen erforschen.
Stimmt der Abstand der beiden Spiegel mit einem Vielfachen der halben Wellenlänge überein, gibt es nur geringe Verluste und die Wellen verstärken sich laufend. Ähnlich zu einer Stimmgabel ist das System in Resonanz und die Welle wird überhöht. Damit lässt sich die Wechselwirkung zwischen Atomen und Photonen erforschen. (Illustration: ETH Zürich/D-PHYS Gina Moser)

Sphärische und parabolische Spiegel werden auch in der Technik vielseitig eingesetzt. Anwendungen reichen vom Solarofen, der Satellitenschüssel bis zum Scheinwerfer im Auto. Linsen hingegen bündeln die Strahlung direkt, ohne sie zu reflektieren.

Der Solarkocher sammelt Sonnenlicht in einem Hohlspiegel, der die Strahlen reflektiert und im Fokus bündelt und damit verstärkt. Parabolantennen basieren auf demselben Prinzip und bündeln Radiowellen. Linsen können Strahlen auf einen Punkt bündeln und so verstärken.
Der Solarkocher sammelt Sonnenlicht in einem Hohlspiegel, der die Strahlen reflektiert und im Fokus bündelt und damit verstärkt. Parabolantennen basieren auf demselben Prinzip und bündeln Radiowellen. Linsen können Strahlen auf einen Punkt bündeln und so verstärken. (Illustration: ETH Zürich/D-PHYS Gina Moser)

Schall und Lärm sind überall

Täglich ist er um unsere Ohren und doch beschäftigen wir uns im Alltag wenig mit der Vielfalt von Schall. Ein Blick auf die externe Seite Website der Abteilung Akustik / Lärmminderung der Empa  zeigt, wie vielschichtig und spannend das Thema ist. Kurt Heutschi unterstützte die Studentinnen externe Seite im MAS Digital Fabrication als beratende Fachperson für Akustik.

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert