Master für mehr Energieeffizienz im Bauen

Ein neuer Masterstudiengang verbindet Kompetenzen aus Architektur und Ingenieurwissenschaften zu einer ganzheitlichen Expertise für die Planung von nachhaltigen, energieeffizienten Gebäuden. Im Herbst legen die ersten Studierenden los.

Vergrösserte Ansicht: Master Integrated Building Systems
Der spezialisierte Master «Integrated Building Systems» vermittelt ganzheitliches Wissen zur energieeffizienten Gebäudeplanung. (Bild: ©iStockphoto.com)

40 Prozent der Schweizer CO2-Emissionen entfallen auf den Gebäudepark. Das ist zuviel, befindet das Bundesamt für Energie (BFE) in seiner externe Seite Energiestrategie 2050. In den 1,64 Millionen Schweizer Wohngebäuden liegen enorme Potentiale für Energie- und Emissionseinsparungen. Ab 2020 sollen sich Gebäude selbständig mit Wärme aus erneuerbaren Quellen und teils eigenproduziertem Strom versorgen. «Dafür braucht es Fachleute», sagt Christian Schaffner, Leiter des «Energy Science Center» (ESC) der ETH Zürich.

«Die Rahmenbedingungen alleine reichen für eine erfolgreiche Energiewende nicht aus.» Das ESC bildete deshalb gemeinsam mit dem Rektorat und mehreren Professuren im Sommer 2013 eine Arbeitsgruppe zur Lancierung eines neuen, spezialisierten Masterstudiengangs für energieeffiziente Gebäudeplanung. Heraus kam der «Master in Integrated Building Systems», ein zweijähriger Masterstudiengang, der diesen Herbst zum ersten Mal durchgeführt wird. «Für die Energiestrategie des Bundes spielen integrierte, nachhaltige Gebäudesysteme eine zentrale Rolle», so Schaffner. Entsprechend ist es nicht überraschend, dass der Anstoss für die neuartige Ausbildung ursprünglich vom BFE kam.

Verzahnung von Architekten mit Ingenieuren

Für die Planung von intelligenten und energieeffizienten Gebäudesystemen sei Know-How aus der Architektur genauso wie aus den Ingenieurswissenschaften gefragt, erklärt Jan Carmeliet. Er ist Professor für Bauphysik am Departement Architektur und Studiendelegierter des neuen Studiengangs. Der viersemestrige, interdisziplinäre Master-Studiengang ist zwar an seinem Departement angesiedelt, wird jedoch in enger Zusammenarbeit mit den Departementen D-BAUG, D-MAVT, D-ITET und D-MTEC durchgeführt.

Zum Studium zugelassen sind alle Studierenden mit einem Bachelor der beteiligten Departemente. Zugleich ist er auch für Fachhochschulabgänger mit entsprechendem Abschluss offen – allen voran den Abgängern des Bachelor-Studiengangs Gebäudetechnik der Hochschule Luzern. Fürs erste Jahr werden aus den Bewerbungen 30 bis 40 Studierende ausgewählt, vor allem aus der Schweiz. Später sollen auch internationale Interessenten hinzukommen. Die Unterrichtssprache ist Englisch.

Das erste Studiensemester wird dem mitgebrachten Wissens-Rucksack der Studierenden angepasst. Architekten vertiefen ihre Kenntnisse in Mathematik und Physik, während Ingenieure sich in architektonische und ästhetische Fragestellungen einarbeiten. Daraus ergeben sich zwei Jobprofile: Architekten mit einer aussergewöhnlichen Expertise in Gebäudetechnologie und Zivilingenieure mit einem sehr breiten Gebäudewissen. Mögliche Berufsfelder der Abgänger sind grosse Ingenieurbüros, die kantonale Städteplanung oder Generalunternehmer, die komplette Gebäudeparks gestalten und umsetzen.

Implementierung von intelligenten Technologien

«Wir verbrauchen zum Heizen, Kühlen und Belüften von Gebäuden oft viel mehr Energie als nötig», bemängelt Carmeliet. «Meist nur weil die technische Gebäuderegelung schlecht geplant oder gesteuert ist.» Zwar sind heute auf dem Markt zunehmend intelligente Technologien für die Gebäuderegelung verfügbar. Doch sind sie laut Carmeliet noch zu wenig bekannt und nur wenige Architekten und Ingenieure wüssten, wie man solche Systeme im Gebäude sinnvoll verbindet.

Als Beispiel: Heute kann die Gebäude-Wärmeregelung dank Echtzeit-Daten aus dem Internet automatisch an Wetterprognosen angepasst werden. Dadurch wird viel Energie eingespart. Doch finden sich solche Technologien bisher nur in Pilotprojekten, denn «es dauert oft Jahre, bis sie in der Praxis angekommen sind», so Carmeliet.

Deshalb erarbeiten die Studierenden im zweiten Semester gemeinsam mit einem Industriepartner Möglichkeiten zur Beschleunigung des Wissens- und Innovationstransfers von der Forschung in die Praxis. «Dafür brauchen wir Experten, die nicht nur technisches Wissen mitbringen, sondern auch den sozio-ökonomischen Hintergrund des Bauens kennen», erklärt Carmeliet. Entsprechend besuchen die Studierenden neben Kursen in Materialkunde, Bautechniken, Simulation, Projektmanagement und Nachhaltigkeit im Bauen auch Kurse in Mikroökonomie.

Lehre profitiert von interdisziplinärer Forschung

Rund 80 Prozent der Lehre wird durch ETH-Professoren aus den beteiligten Departementen abgedeckt. Hinzu kommen Forschungs- und Industriepartner, darunter die Empa, die Eawag, Siemens und die Ingenieurunternehmung Amstein+Walthert. Die ETH biete den optimalen Rahmen für eine solche Ausbildung, ist Carmeliet überzeugt. «Denn wir betreiben bereits sehr viel interdisziplinäre Forschung im Gebäudebereich.» Als Beispiel nennt er die Monte Rosa-Hütte, an deren Planung Forscher aus mehreren Departementen beteiligt waren. «Solche Erfahrungen werden zugunsten der Studierenden in die Lehre einfliessen.»

Informationsveranstaltung zu «Master in Integrated Building Systems»

Am 7. März findet eine Informationsveranstaltung zum neuen Masterstudiengang statt. Interessierte erhalten im ETH-Hauptgebäude (Audimax, Raum F30) ab 16 Uhr von den beteiligten Professoren mehr Informationen zu den Inhalten des Studiengangs. Die Erwartungen der Praxis an die Absolventen werden durch Adrian Altenburger von «Amstein+Walthert» erörtert.
Mehr Informationen zur Veranstaltung und dem Studiengang unter: www.master-buildingsystems.ethz.ch.

Vergrösserte Ansicht: Grenzschichtwindkanal
Studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter bei Windströmungs-Messungen zwischen Gebäuden im atmosphärischen Grenzschichtwindkanal der ETH Zürich und der Empa. (Bild: Jan Carmeliet/ETH Zürich, Empa)
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