Nachwuchsforschende: Beschränkter Zugang zu Europa

Forschungsaufenthalte im Ausland sind ein Schlüsselfaktor für eine wissenschaftliche Karriere. Umso mehr beschäftigt Nachwuchsforschende der ETH und der Universität Zürich, wie sie derzeit an den EU-Forschungsprogrammen teilhaben können.

Euraxess auf Tour
An welchen EU-Förderprogrammen können Nachwuchsforschende der ETH und der Uni Zürich derzeit noch teilnehmen? Dazu informierten Fachleute der EU und der Hochschulen an der Euraxess Roadshow. (Bild: Florian Meyer)

Der akademische Mittelbau hat es derzeit nicht einfach: Für Postdoktorierende sind Forschungsaufenthalte im Ausland heute ein Schlüsselfaktor, wenn sie eine wissenschaftliche Karriere machen wollen. Wer sich an einer anderen Universität und in einem internationalen Umfeld bewährt, erweitert sein wissenschaftliches Netzwerk und seine Kompetenzen.

Der Europäische Forschungsraum hat für Nachwuchsforschende in der Schweiz einen hohen Stellenwert. Zudem fördert die Europäische Kommission die Karriereentwicklung von Nachwuchsforschenden innerhalb ihrer Forschungsrahmenprojekte mit speziellen Fördermitteln. Besonders die Individualstipendien der externe Seite Marie Skłodowska-Curie Aktionen (MSCA) richten sich an Forschende, die einen Doktortitel oder mindestens vier Jahre Forschungserfahrung haben.

Da diese Förderstipendien zur externe Seite «excellent science»-Sektion des EU-Forschungsrahmenprogramms «Horizon 2020» gehören, gelten auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs derzeit veränderte Rahmenbedingungen: Seit die Europäische Kommission die Schweiz bei ihren Bildungs- und Forschungsprogrammen - vorerst für 2014 - vom assoziierten Mitglied zum Drittstaat abgestuft hat, ist es für Postdoktorierende und wissenschaftliche Mitarbeiter in der Schweiz noch anspruchsvoller geworden, sich für EU-Fördermittel zu bewerben.

Schwierige Situation, hoher Informationsbedarf

«Die aktuelle Situation ist für Nachwuchsforschende schwierig. Man muss die EU-Förderinstrumente und die Kontaktpersonen sehr genau kennen», sagt Sofia Karakostas, die Co-Leiterin der Informations- und Beratungsstelle EU GrantsAccess. Die Stelle berät Forschende der ETH Zürich und der Universität Zürich, die an internationalen Programmen teilnehmen wollen.

Wie gross das Bedürfnis nach Orientierung über die konkreten Teilnahmemöglichkeiten an EU-Programmen derzeit ist, zeigte sich am Mittwoch an einer Informationsveranstaltung, die EU GrantsAccess anlässlich des Besuchs der «Euraxess Roadshow» organisierte. externe Seite Euraxess ist eine europäische Initiative, die Nachwuchsforschende in Europa bei Fragen zur Mobilität und in der Karriereentwicklung unterstützt.

Über 100 Nachwuchsforschende beider Zürcher Hochschulen nutzten die Gelegenheit, um sich aus erster Hand zu informieren: «Die EU bietet für die Forschenden in der Schweiz nach wie vor Fördermöglichkeiten an, aber sie müssen mehr Zeit in die Suche und in die Auswahl investieren», erklärte Kamila Partyka. Sie betreut bei der Europäischen Kommission das Dossier «Forschungskarrieren» und ist für die Marie Skłodowska-Curie Förderprogramme zuständig.

Als Mobilitätsprogramm sind die Marie Skłodowska-Curie-Förderstipendien grundsätzlich für alle Nationalitäten offen und somit für Nachwuchsforschende in der Schweiz prinzipiell zugänglich. Das gilt besonders für die «European Fellowships»: Für diese Stipendien können sich Postdoktorierende und Forschende der ETH Zürich oder Universität Zürich bewerben, wenn sie einen Aufenthalt an einer Hochschule in einem EU-Staat oder in einem assoziierten Land planen. Die gastgebende Hochschule, an der sie forschen wollen, muss aber bei der Anmeldung schon feststehen. Hingegen sind die Schweizer Hochschulen – da die Schweiz Drittlandstatus hat - bei diesem Programm als Gastuniversitäten für Forschende aus der EU ausgeschlossen.

Etwas anders geregelt sind die «Global Fellowships»: Bei diesen können Forschende zunächst für ein bis zwei Jahre an eine Institution in einem Drittstaat gehen, sie müssen aber anschliessend wieder für ein Jahr an ihre Gastinstitution zurückkehren, die sich in einem EU-Staat oder in einem assoziierten Land befinden muss. Zudem kann an diesem Programm nur teilnehmen, wer entweder Bürger der EU oder eines assoziierten Landes ist oder wer mindestens fünf zusammenhängende Jahre in einem EU-Staat oder in einem assoziierten Land geforscht hat.

Für Hochschulen schwieriger als für Forschende

Nicht zugänglich für Schweizer Forschende – und auch nicht für ausländische Forschende, die an einer Schweizer Hochschule angestellt sind – sind die prestigeträchtigen Grants des Europäischen Forschungsrates (ERC): Nachwuchsforschende, die sich für einen «ERC Starting Grant» oder «ERC Consolidator Grant» interessieren, müssen ihren Antrag entweder über eine Universität aus einem EU- oder assoziierten Staat einreichen oder sie machen von den Übergangsmassnahmen des Schweizerischen Nationalfonds Gebrauch und bewerben sich für einen «SNSF Starting Grants» oder «SNSF Consolidator Grant». 145 Forschende haben sich gemäss externe Seite SNF im März für diese Variante entschieden. Am Freitag (11. April 2014) haben der SNF und Bundesrat Johann Schneider Amman dazu weiter informiert.

Wie Kamila Partyka bilanzierte, sind die Auswirkungen des Drittland-Status‘ für die Schweizer Hochschulen und Forschungsorganisationen insgesamt restriktiver als für die einzelnen Forschenden, denn bei Marie Skłodowska-Curie-Programmen, wie «Research & Innovation Staff Exchange (RISE) » oder den «Innovative Training Networks (ITN)» gilt – wie bei der EU-Projektförderung in «Horizon 2020» generell -, dass Schweizer Hochschulen nur als Partnerorganisationen teilnehmen könnenund somit keine Finanzierung durch die EU erhalten. «Eine Ausnahme kann es geben, wenn die Expertise eines Schweizer Forschungsteams in einem Gebiet einzigartig ist», sagte Partyka, «aber rechnen Sie nicht mit dieser Annahme».

Nicht offen für Hochschulen in der Schweiz ist ausserdem COFUND, ein Programm, dass Nachwuchsförderungsprogramme von Hochschulen unterstützt. Wenigstens hatte die ETH hier Glück im Unglück: Da die Verträge für eine Ko-Finanzierung durch die EU für ihr Förderprogramm «ETH Fellows» noch innerhalb des 7. Rahmenprogramms und vor dem 9. Februar 2014 unterzeichnet wurden, kann sie dazu bis 2019 weiter EU-Fördermitteln einsetzen.

Eine europäische Charta

Dass die möglichst uneingeschränkte internationale Mobilität ein Schlüsselfaktor für die Laufbahn von Nachwuchsforschenden ist, darin waren sich auch Nassim Nasseri von der Mittelbauvereinigung der ETH (AVETH) und Wolfgang Fuhrmann von der Mittelbauvereinigung der Universität (VAUZ) einig, die am Mittwoch mit Vertretern der ETH Zürich und der Universität Zürich über die «Herausforderungen für junge Akademikerinnen und Akademiker» diskutierten. Als Grundlage für Diskussionen über die Nachwuchsförderung empfahlen sie die «externe Seite European Charter and Code for Researchers», der Leitplanken für die Anstellung von jungen Forschenden enthält.

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