Die Motivation der Open-Source-Community

Für die Entwicklung von neuer Software, erschliessen Technologie-Unternehmen heute auch das Know-How von Open-Source-Communities über das Internet. Eine Forschungsgruppe am Lehrstuhl für Strategisches Management und Innovation ging der Frage nach, wie Unternehmen die Motivation solcher unbezahlten Entwickler fördern können.

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Software-Programmierer arbeiten nicht immer für Geld, in Open-Source-Projekten sind sie teilweise auch bereit, kostenlos zu arbeiten. (Bild: iStock.com / Montage)

Open-Source-Software ist überall. Zum Beispiel auf unseren Smartphones in Form von Android. Oder als Betriebssystem der leistungsstärksten Supercomputer in Form von Linux. Der durchschlagende Erfolg von Open-Source-Software basiert auf «Open innovation». Ein Innovationsmodell, das jedermann mit entsprechenden Fähigkeiten, Zeit und Lust dazu einlädt, an einem Projekt mitzuarbeiten – dezentral über das Internet, ohne hierarchische Organisationsstrukturen, feste Verpflichtungen und finanzielle Entgeltung. Diese «Innovation der Tausenden» hat sich in den vergangenen Jahren auch in der Privatwirtschaft etabliert, insbesondere bei Technologie-Unternehmen wie Google, Motorola, Ad Novum und IBM. Sie alle haben verstanden, dass Open-Source-Communities hunderttausende Zeilen Codes für ein neues Produkt wesentlich schneller und effizienter programmieren, als ein geschlossenes, betriebsinternes Team.

Faktoren für intrinsische Motivation

Georg von Krogh, Professor für Strategisches Management und Innovation an der ETH Zürich, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit «Open innovation». Soeben ist in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg seine neuste Studie zum Thema  erschienen. Da Mitglieder von Open-Source-Communities für ihre Arbeit oft keinen Lohn in finanzieller Form erhalten, geht von Krogh davon aus, dass die Motivation dafür intrinsischer Natur ist – getrieben von Interesse, Spass, Altruismus, Anerkennung in der Gruppe oder Lernwille. Sein Team ging nun der Frage nach, welche Charakteristiken von Unternehmen, die Open Source-Projekte lancieren und teilfinanzieren, freiwillige Entwickler dazu motivieren, sich an einem Projekt zu beteiligen. Denn an Angeboten mangelt es nicht: Heute konkurrieren auf Internet-Plattformen wie externe Seite GitHub oder externe Seite SourceForge tausende solcher Projekte sowohl untereinander, als auch mit Projekten, die von der Open Source-Community selbst lanciert werden. Und weil bei letzteren überhaupt kein Geld im Spiel ist, geniessen diese tendenziell eine höhere Glaubwürdigkeit – davon ging man zumindest bislang aus.

Von Kroghs Team schickte Online-Fragebögen an die freiwilligen Mitarbeiter von zwei Open Source-Projekten: Ein vom taiwanesischen Computerhersteller «First International Computer» mitfinanziertes Projekt zur Entwicklung eines quelloffenen Betriebssystems für Smartphones und eine von Nokia gesponserte Software-Plattform für Smartphones und Tablets. Über 4000 freiwillige Open-Source-Entwickler, verstreut über die ganze Welt, hatten sich für die Mitarbeit an den beiden Projekten auf den entsprechenden Plattformen registriert. Etwas mehr als ein Viertel davon beantwortete die Online-Fragebögen der Wissenschaftler.

Glaubwürdigkeit und Offenheit als Motivatoren

Die Auswertung der Befragung barg Überraschungen: «Wir waren bisher davon ausgegangen, dass die freiwilligen Entwickler den nicht-kommerziellen Projekten Vorrang geben», sagt Vivianna Fang He, Senior Researcher an der Professur für Strategisches Management und Innovation sowie Mitautorin des Artikels. «Doch das stimmt nicht immer. Die Befragten entscheiden viel mehr von Fall zu Fall.»

Zwei Faktoren erwiesen sich als wichtigste Treiber für die intrinsische Motivation: Die Glaubwürdigkeit und Offenheit eines Unternehmens. «Für die Befragten ist ein Unternehmen vor allem dann glaubwürdig, wenn es fair handelt», erklärt Fang He. Unter Fairness verstehen die Befragten, dass die Software, die sie mitentwickeln, nicht durch Unternehmen lizenziert wird, sondern der Community weiterhin für Änderungen und Weiterentwicklungen zur Verfügung steht.

Weiter machen viele Entwickler die Glaubwürdigkeit von der technischen Kompetenz der Unternehmens-Mitarbeiter abhängig. «Denn viele Open-Source-Programmierer wollen als Kompensation für die investierte Zeit von den Entwicklern des Unternehmens dazulernen», erklärt Fang He.

Gruppengefühl stärken

Die Offenheit eines Unternehmens – das zweite wichtige Kriterium für intrinsische Motivation – zeichnet sich für die freiwilligen Entwickler vor allem durch den ungehinderten beidseitigen Informationsfluss aus. «Einfach nur Informationen ins Netz zu stellen bringt nichts», sagt Fang He. «Die ‹Auftraggeber› müssen gleichzeitig offen sein für Fragen und Anregungen aus der Community.» Erst der intensive Austausch zwischen den Entwicklern im Unternehmen und der Community wirke motivierend. «Die Zugehörigkeit und Identifikation mit einer Gruppe ist nicht nur für Teams in Unternehmen wichtig, sondern auch für virtuelle Gruppen», sagt Fang He. Nur darüber gelinge es, freiwillige Entwickler auch ohne finanzielle Anreize für die Mitarbeit zu motivieren und längerfristig zu binden.

Viele Unternehmen haben das mittlerweile verstanden: Sie organisieren Konferenzen, Workshops und Trainings, um mit ihrer virtuellen Entwickler-Gemeinde in persönlichen Kontakt zu treten und das Gruppengefühl zu stärken. IBM hat vergangenen September sogar angekündigt, eine Milliarde Dollar in Aktivitäten und eine neue Plattform zur kollaborativen Weiterentwicklung von Linux und Open Source-Technologien zu investieren. Die Verantwortlichen dürften an den Erkenntnissen der neuen Studie ein reges Interesse haben.

Literaturhinweis

Spaeth S, von Krogh G, He F: Perceived Firm Attributes and Intrinsic Motivation in Sponsored Open Source Software Projects, Information Systems Research, Online-Publikation vom 24. Oktober 2014, doi: externe Seite 10.1287/isre.2014.0539

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