Riesengalaxien sterben von innen nach aussen

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von ETH-Wissenschaftlern gewann neue Erkenntnisse dazu, wie sich einst aktive Riesengalaxien zur Ruhe setzten und mit der Bildung von neuen Sternen aufhörten.

Galaxie
NGC 4472 ist eine sogenannte «rote und tote» elliptische Galaxie im heutigen Universum. (Bild: WikiSky/SDSS)

Die Hälfte der Masse aller Sterne im Universum befindet sich in Riesengalaxien, die vor mehreren Milliarden Jahren aufgehört haben, neue Sterne zu bilden. «Rot und tot» nennen Astronomen diese Galaxien. Denn sie bestehen praktisch ausschliesslich aus rötlich leuchtenden älteren Sternen; bläulich leuchtende junge Sterne fehlen darin. Ein internationales Team von Astronomen unter der Leitung von ETH-Wissenschaftlern hat Vorgängergalaxien solcher roten und toten Riesengalaxien untersucht und dabei herausgefunden, auf welche Weise bei ihnen die Sternbildung zum Erliegen kam: Zunächst werden im Zentrum der Galaxien keine Sterne mehr gebildet, während am Rand noch immer neue entstehen. Im Laufe von wenigen Milliarden Jahren hört dann die Sternbildung auch im äusseren Bereich auf.

Zu diesem Schluss kam ein Team um Sandro Tacchella, Doktorand in der Gruppe von Marcella Carollo, Professorin für Astrophysik an der ETH Zürich, indem sie 22 solche Galaxien detailliert sowohl mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile als auch mit dem Hubble Weltraumteleskop untersuchten. Dies ermöglichte ihnen, sehr scharfe und detailreiche Infrarotbilder des Hubble-Weltraumteleskops mit Spektroskopie-Daten zu kombinieren, welche sie mit einem Instrument im VLT gewannen und welche beispielsweise Hinweise auf junge Sterne in diesen Galaxien lieferten.

Damit gelang es den Forschern, Galaxien zu beobachten, die sehr weit von der Erde entfernt sind. Wegen der langen Dauer, die das Licht dieser Galaxien braucht, um die Distanz zur Erde zurückzulegen, handelt es sich bei den beobachteten Vorgängen um solche in der frühen Geschichte des Universums: mehr als zehn Milliarden Jahre vor unserer Zeit beziehungsweise «nur» drei Milliarden Jahre nach dem Urknall. «Dass wir heute die Vorgänger dieser toten Riesengalaxien im Detail studieren können, ist faszinierend», sagt Tacchella.  «Es ist wichtig, die Prozesse in diesen Galaxien zu verstehen, um zu begreifen, wie das Universum zu dem wurde, wie es heute ist.»

Von der gemachten Beobachtung erhoffen sich die Wissenschaftler, dass sie hilft, den genauen Mechanismus zu verstehen, wie die Sternbildung in Riesengalaxien zum Stillstand kam. Dazu debattieren Astronomen schon seit Langem. Unklar ist beispielsweise, welche Rolle dabei supermassereiche schwarze Löcher im Zentrum der Galaxien spielen, die möglicherweise als «Pumpe» für Energie und Materie in Form von Gas funktionieren und so zur Sternenbildung beitragen.

Literaturhinweis

Tacchella S et al.: Evidence for mature bulges and an inside-out quenching phase 3 billion years after the big bang. Science, 16. April 2015, doi: externe Seite10.1126/science.1261094

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