Mehr Energieeffizienz für Büros in Singapur
Erstmals haben Forschende in Singapur das Konzept «3for2» an einem Bau realisiert. Das Bürogebäude wurde kürzlich offiziell eingeweiht und dient weiterhin als Forschungslabor. Bis 2018 sollen die Büroräumlichkeiten zu den energieeffizientesten der Metropole zählen.
Kann ein Ansatz für energieeffizientes Heizen, der im europäischen Kontinentalklima einwandfrei funktioniert, auch zur Kühlung von Gebäuden in einem feuchtheissen Klima eingesetzt werden? Dieser Frage gehen Forschende der ETH Zürich mit dem «3for2»-Projekt, das sich hauptsächlich auf Klimatechnik konzentriert, nach.
Das neu eröffnete Forschungslabor befindet sich in Singapur, wo rund 60 Prozent des Energieverbrauchs in Gebäuden auf die Klimatisierung entfallen. «Wir kamen mit einer sehr europäisch geprägten Vorstellung von Heizen und Kühlen in moderaten Klimazonen, aber es war uns bewusst, dass das Klima in Singapur weit anspruchsvoller und extremer ist. In unseren Breitengraden sind wir daran gewöhnt, dass sich heisse und kalte, trockene und schwüle Perioden abwechseln. Singapurs tropisches Klima ist dagegen immer heiss und feucht – sozusagen das Worst-Case-Szenario für ein angenehmes Innenraumklima», sagt Professor Arno Schlüter, Leiter des Projekts «3for2» und Professor für Architektur und Gebäudesysteme an der ETH Zürich.
Das «3for2»-Gebäudedesignkonzept integriert Entwurf, Konstruktion und technische Systeme. Die Effizienz von Klimasystemen soll durch einen niedrigeren Energieverbrauch erhöht und der Platzbedarf der verschiedenen Leitungssysteme verringert werden. Dadurch können in konventionellen Gebäuden bei gleichbleibendem Gebäudevolumen drei anstelle von zwei Stockwerken untergebracht werden.
Nach vier Jahren Forschung, Planung und Bau konnte die 550 m2 grosse Bürofläche, die gemäss dem «3for2»-Konzept entwickelt wurde, im United World College South East Asia (UWCSEA), bezogen werden. In den nächsten zwei Jahren dient diese als Labor für das «3for2»-Forschungsprojekt, das unter Leitung der ETH Zürich in Partnerschaft mit der Siemens-Division Building Technologies und dem UWCSEA durchgeführt wird.
Win-Win-Situation für Mieter und Planer
Insbesondere im gewerblichen Gebäudesektor ist die Entwicklung hocheffizienter und kompakter Klimatechnik ausserhalb Europas noch nicht weit fortgeschritten. Dafür gibt es verschiedene Gründe. So wird die Klimatechnik typischerweise in der Baudesignphase von Entwicklern und ihren Beratern ausgewählt, die keine Verantwortung für den späteren Energieverbrauch des Gebäudes tragen. «Es ist schwer, Entwickler davon zu überzeugen, in hocheffiziente Klimasysteme zu investieren, wenn sie nicht selbst von den Langzeitvorteilen einer niedrigeren Energierechnung profitieren», erklärt Professor Arno Schlüter. «Das 3for2-Konzept versucht, die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen, indem es einen ganzheitlichen Ansatz vorschlägt, der Material, Raum und Energie spart.» Diese nachhaltigeren Gebäude helfen Entwicklern dabei, ihre Baukosten zu senken und die Nutzfläche zu erhöhen. Die Mieter wiederum profitieren von deutlich niedrigeren Verbrauchsrechnungen.
Um die Machbarkeit des «3for2»-Hochbaukonzepts zu erforschen, suchte das Team von Arno Schlüter 2014 die Partnerschaft mit Siemens-Division Building Technologies und dem UWCSEA in Singapur. Dank der Partnerschaft konnte ein Pilotversuch des Konzepts entwickelt und umgesetzt werden. Im Rahmen einer Zweijahresstudie untersuchen die Forscher die Leistung und Optimierung der installierten Technologien.
Erste Ergebnisse vielversprechend
Im Dezember 2015 bezogen die Verwaltung und die Geschäftsführung der UWCSEA die Räumlichkeiten. Seitdem werten die Projektforscher die ersten Leistungsdaten aus. Nach nur drei Wochen Betrieb zeigt sich, dass die «3for2@UWCSEA»-Büroräume im Vergleich zu anderen grossen Bürogebäuden im Land äusserst energieeffizient sind – der Energieverbrauch des Labors gehört zu den niedrigsten zehn Prozent.
«Trotzdem stehen wir noch ganz am Anfang», gibt Dr. Adam Rysanek, Senior Researcher an der ETH Zürich und Projektmanager bei «3for2@UWCSEA», zu bedenken. «Natürlich sind wir hocherfreut, dass unser System bereits zu den energieeffizientesten Bürogebäuden in Singapur zählt. Aber einige unserer wichtigsten Leistungsziele werden erst gegen Ende des Projekts in rund zwei Jahren realisiert werden.»
Die offizielle Eröffnung des 3for2@UWCSEA-Projekts am 19. Januar 2016 war der Höhepunkt einer erfolgreichen Entwicklungs-, Bau- und Inbetriebnahmephase, die insgesamt 18 Monate dauerte. Gleichzeitig markiert sie den Beginn der eigentlichen Forschungsphase des Projekts. «Als Forscher im Bereich energieeffiziente Gebäude haben wir mit dem 3for2@UWCSEA-Projekt in Singapur ein grosses Geschenk erhalten», so Dr. Rysanek. «Es gibt nicht viele Orte auf der Welt, wo akademische Forscher so viele Ideen direkt in der Praxis austesten und erforschen können.»
Bildgalerie: Die neu eröffneten «3for2@UWCSEA»-Büroräume