Bakterien als Baustoffe und Flugplätze für Drohnen
Die ETH Zürich ist mit zahlreichen Projekten an der diesjährigen Architekturbiennale in Venedig vertreten. Auf Einladung von Kurator Alejandro Aravena zeigen mehrere Projektgruppen mit ETH-Beteiligung ihre Beiträge in der Hauptausstellung, bespielen nationale Pavillons und engagieren sich im Rahmenprogramm.
Urbane Regionen sind mit einem rasanten Bevölkerungswachstum, Migrationsströmen sowie klimatischen Veränderungen konfrontiert. Deshalb setzt die ETH Zürich einen Schwerpunkt ihrer Forschung auf die Entwicklung nachhaltiger Städte. Es überrascht daher wenig, dass die ETH Zürich so prominent an der diesjährigen Architekturbiennale von Venedig vertreten ist, die sich damit auseinandersetzt, wie Architektur die Lebenssituation von Menschen verbessern kann.
«Es freut mich sehr, dass unsere Forschenden die Gelegenheit haben, in Venedig einige Leuchtturmprojekte vorzustellen», sagt Lino Guzzella, Präsident der ETH Zürich. «Die ETH Zürich blickt auf eine lange Tradition der Lehre und Forschung in der Architektur zurück und nimmt heute eine Vorreiterrolle im Bereich der digitalen Fabrikation ein. Die Digitalisierung wird zweifellos auch die Zukunft des Bauens tiefgreifend verändern.» Lino Guzzella wird zusammen mit Bundesrat Alain Berset bei der offiziellen Eröffnung des von Christian Kerez, Professor für Architektur und Entwurf an der ETH Zürich, gestalteten Schweizer Pavillons anwesend sein.
Architektur für den Menschen
Die 15. Internationale Architekturbiennale in Venedig öffnet am 28. Mai offiziell ihre Pforten. Sie ist eine der weltweit grössten und wichtigsten Plattformen für Architektur und wird kuratiert vom chilenischen Architekten und Gewinner des Pritzker-Architekturpreises 2016, Alejandro Aravena. Die Biennale steht unter dem Motto «Reporting from the Front».
Die ETH-Projekte im Überblick
«Beyond Bending»
Hauptausstellung, Corderie dell'Arsenale – The Block Research Group (Prof. Philippe Block und Tom Van Mele)
Die Block Research Group, John Ochsendorf, Matthew DeJong und The Escobedo Group zeigen in ihrem Beitrag unter anderem ein 16 Meter langes und lediglich fünf Zentimeter dickes Gewölbe aus unbewehrtem Kalkstein, erstellt mit Hilfe von digitalen Planungs- und Fabrikationsmethoden. Die Installation kommt ohne jeglichen Mörtel aus und verdeutlicht, wie die Architektur von alten Bautechniken lernen kann, und dass Ästhetik und Ressourceneffizienz sich nicht gegenseitig ausschliessen.
Siehe hierzu auch das separate Factsheet und Fotos.
«Droneport»
Hauptausstellung – The Block Research Group (Prof. Philippe Block und Tom Van Mele)
Gemeinsam mit ODB Engineering, dem Team von Norman Foster und der Unterstützung der Lafarge-Holcim-Stiftung stellt die Block Research Group die aus Erde bestehende Gebäudehülle des Prototypen für den Drohnenflugplatz «Droneport» in Ruanda vor. Dieser soll künftig teil eines Drohnennetzes sein, dass entlegene Gegenden Afrikas mit Medikamenten und weiteren wichtigen Gütern versorgen soll.
Mehr Information und Fotos.
«Mud WORKS!»
Hauptausstellung, Giardini – Anna Heringer, Martin Rauch und Andres Lepik
Etwa drei Milliarden Menschen leben in Behausungen aus Lehm und das aus gutem Grund: Lehm ist als Naturprodukt fast überall auf der Welt verfügbar und kostet wenig. Mit einer Installation würdigen die ETH-Gastdozenten Anna Heringer und Martin Rauch gemeinsam mit Andres Lepik und dem Architekturmuseum der TU München die Schönheit und Wandelbarkeit von Lehm. Die 25 Tonnen schwere Installation haben sie über drei Monate lang von Hand geformt.
«Jardim Colombo: a Selective Chronology»
Hauptausstellung – Prof. Christian Kerez und Hugo Mesquita
Mit der Entstehung und der Architektur von Favelas setzt sich Christian Kerez im Rahmen seiner Ausstellung auseinander. Er untersucht die technischen, morphologischen und typlogischen Charakteristika der informellen städtischen Architektur in Brasilien, analysiert, inwiefern sich die Favelas von der formal entstandenen Stadt unterscheiden und wie sich dies mit den Zielen der öffentlichen Planung verbinden lässt.
Siehe hierzu auch das separate Factsheet.
«Incidental Space»
Schweizer Pavillon – Aussteller: Prof. Christian Kerez, Kuratorin: Sandra Oehy, In Zusammenarbeit mit: Prof. Benjamin Dillenburger, Prof. Joseph Schwartz, Prof. Karin Sander, Prof. Ludger Hovestadt, Prof. Olga Sorkine-Hornung, Prof. Alessandro Tellini
Das als Grundlagenforschung angelegte Projekt «Incidental Space» des Architekten Christian Kerez lotet die Möglichkeiten von Architektur neu aus. Obwohl heute technologisch mehr möglich ist denn je, scheint sich der Gestaltungsspielraum der Architekten eher einzuschränken. Christian Kerez zeigt mit seinem Projekt auf, wie die Darstellung von Architektur einerseits die Möglichkeiten von Architektur andererseits aber auch die Architektur selbst verändern kann.
Siehe hierzu auch die Medienmitteilung von externe Seite Pro Helvetia und externe Seite Fotos.
Informal Settlements in Cairo
Ägyptischer Pavillon – The MAS Urban Design, Prof. Marc Angélil
Seit 2014 untersucht eine Forschungsgruppe um Marc Angélil die Entstehung informeller Siedlungen in Kairo. Sie fordern in- und ausländische Architekten auf, sich stärker in diesen informellen Stadtteilen zu engagieren. Im Rahmen ihrer Ausstellung im Ägyptischen Pavillon zeigen sie ausgewählte Forschungs- und Entwurfsergebnisse der vergangenen Jahre.
Siehe Projektseite für weitere Informationen (nur in Englisch)
«Daring Growth»
Rahmenprogramm, «Time-Space-Existence», Palazzo Mora – Prof. Dirk Hebel
Einen radikalen Paradigmenwechsel hin zu dezentralisierten, lokalen und erneuerbaren Produktionsstrategien fordert die Forschungsgruppe um Dirk Hebel. Nur so können Rohstoff- und Energiereserven geschont werden. In der Ausstellung «Daring Growth» zeigen sie gemeinsam mit dem Unternehmen MycoWorks sowie mit Ingenieuren und Geowissenschaftlern von der TU Delft, welches Potential alternative Baustoffe wie Bambus, Pilzmyzelien, Bakterien, Gräser und Abfälle haben.
Siehe hierzu auch das separate Factsheet.
«Sarajevo Now: The People's Museum»
Rahmenprogramm, Arsenale Nord, Tesa 99 – Urban Think Tank (Prof. Hubert Klumpner und Prof. Alfredo J. Brillembourg)
Die vom Krieg gebeutelte Stadt Sarajewo ist noch heute geprägt von Zerstörung und politischer Lähmung. Wie kein anderes Gebäude in Sarajewo steht das historische Museum von Bosnien und Herzegowina sinnbildlich für den Widerstand; Einheimische haben damit begonnen, ohne jegliche Mittel aus dem Museum erneut einen Ort der Begegnung zu machen. Angeregt durch diese Kräfte haben die Architekten des Urban Think Tanks und die Baier Bischofberger Architekten eine Reihe von temporären Massnahmen konzipiert, um die Lage zu verbessern, ohne den Charakter des Gebäudes zu verändern.
Siehe externe Seite Projektseite für weitere Informationen (nur in Englisch)