Mehr Austausch im Hörsaal
Das Ende des Herbstsemesters läutet für Studierende eine intensive Lernphase ein. Neue Unterrichtsformen wie der Flipped Classroom ermuntern die Studierenden bereits während des Semesters zu mehr eigenständigem Lernen. Am Department Biologie wird die Lehrmethode speziell gefördert.
«Versuchen Sie so viel wie möglich miteinander zu diskutieren», ermutigt Katja Köhler, Dozentin am Departement Biologie, die rund 500 Studierenden des ersten Semesters zu Beginn der Vorlesung. Normalerweise wird das Sprechen während dem Unterricht nicht gerne gesehen, im Flipped Classroom zum Thema «Genetische Variabilität» ist es jedoch ausdrücklich erwünscht.
Individuellere Unterrichtsgestaltung
Das Departement Biologie führt seit Herbst 2013 nebst dem traditionellen Unterricht ein bis zwei Vorlesungen pro Semester als Flipped Classroom durch. Bei dieser Lehrmethode eignen sich die Studierenden die theoretischen Inhalte im Selbststudium an. Dazu stehen ihnen interaktive Lernsequenzen mit Texten und Videos auf der Lernplattform «Moodle» zur Verfügung. Die Zeit im Präsenzunterricht können sie dann nutzen, um Problemstellungen in der Gruppe zu lösen. Im Hörsaal steht ein Team aus zwei Dozierenden und bis zu zehn Hilfsassistierenden bei Fragen unterstützend zur Seite. «Das Konzept gibt uns die Möglichkeit, während der Vorlesungszeit mit den Studierenden zu interagieren und zu diskutieren», erklärt Katja Köhler. So könne man individueller auf die Studierenden eingehen und ihre unterschiedlichen Wissensstände berücksichtigen.
Besseres konzeptionelles Verständnis
Nebst dem Wunsch, mehr Interaktion im Hörsaal entstehen zu lassen, steckt hinter der Einführung des Ansatzes eine weitere Motivation, wie Ernst Hafen, stellvertretender Leiter des Instituts für Molekulare Systembiologie und Studiendirektor des Departments Biologie, erklärt: «Die Studierenden sollen nicht nur das Bestehen der Basisprüfung im Blickfeld haben, sondern ein besseres konzeptionelles Verständnis für die Vorlesungsinhalte entwickeln». Damit reagiert man auf die Ergebnisse einer im Departement durchgeführten Doktorarbeit, die zu Tage förderte, dass die Studierenden den Stoff oft erst kurz vor der Prüfung lernen und dadurch die Inhalte gedanklich weniger gut miteinander verbinden können.
Grosse Beliebtheit bei den Studierenden
Auf grosse positive Resonanz stösst die Lehrmethode auch seitens der Studierenden. Seit der Einführung wurden jeweils zum Semesterende Studierendenumfragen durchgeführt, um das Konzept fortlaufend verbessern zu können. Bereits bei der dritten Durchführung der Umfrage wünschten sich 95 Prozent der Befragten künftig mehr Flipped-Classroom-Vorlesungen. Fragt man die Studierenden persönlich vor Ort nach ihrer Meinung, nennen sie viele Vorteile des Ansatzes:
«Die Gruppenarbeiten helfen mir, meine Schwächen zu erkennen und Wissenslücken zu füllen.» Leonie Seefeldt (1. Semester Bachelorstudium Biologie)
«Im Flipped Classroom werden Grundkonzepte bereits während des Semesters gefestigt und damit die Basis für selbstständiges Denken gelegt.»David Lauenstein (Hilfsassistent, 1. Semester Masterstudium Biologie)
Eigenes Zentrum für Lehre
Für die Organisation von Flipped-Classroom-Lehrveranstaltungen sowie die inhaltliche Aufbereitung der Vorlesungsmaterialien hat das Department Biologie das «Center for Active Learning» (CAL) gegründet, das allen Dozierenden des Departements zur Verfügung steht. Ein solches Lehrzentrum auf Departementsebene ist an der ETH Zürich bis anhin einzigartig, in den Augen von Ernst Hafen jedoch ein entscheidender Erfolgsfaktor: «Für die Vor- und Nachbearbeitung der Vorlesungen braucht es ein Team von Experten, die sich mit den Inhalten des Fachs gut auskennen». Was die technische Infrastruktur anbelangt, nutzt das «Center for Active Learning» die Lernplattformen, die an der Abteilung Lehrentwicklung und –technologie der ETH Zürich ausgearbeitet werden.