Subventionen für fossile Brennstoffe: Wie werden wir sie los?
Fördergelder für fossile Energieträger zu senken ist wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll – politisch jedoch unpopulär. Bisherige Reformen zielen meist darauf ab, fossile Brennstoffe zu verteuern – verkennen aber die Möglichkeit, sie schlicht bedeutungsärmer zu machen.
Anfang 2012 kürzte die nigerianische Regierung die Diesel- und Erdölsubventionen drastisch, woraufhin sich die lokalen Kraftstoffpreise über Nacht mehr als verdoppelten. In der Folge kam es zu heftigen öffentlichen Protesten, was die Regierung dazu bewog, die Subventionen rasch wiedereinzuführen.
Dieser Fall ist zwar extrem, aber er veranschaulicht eine Herausforderung vieler Länder: Trotz der anerkannten Vorteile von Subventionsreformen fossiler Brennstoffe kann die Realität solcher Vorhaben ein politischer Albtraum sein.
Die versteckten Kosten «billiger» Energie
Gemäss Schätzungen belaufen sich die Subventionen für fossile Brennstoffe auf weltweit 300-500 Milliarden [1] bis zu 5,3 Billionen [2] USD pro Jahr. Solche Zahlen lassen aufhorchen, vor allem, wenn man ihnen die geschätzte Unterstützung für kohlenstoffarme Technologien (etwa 120 Milliarden USD) oder die Mittel des Green Climate Fund (bis zu 100 Mrd. USD) gegenüberstellt. Sie zeigen aber nicht, wie komplex Reformen dieser Subventionen sind.
So beinhalten diese Zahlen z.B. nicht, dass diese Subventionen Investitionen verzerren und politische und soziale Verwundbarkeiten schaffen, wenn die Staatshaushalte an ihre Grenzen stossen. Subventionsreformen erfolgen tatsächlich auch oft in Zeiten von Haushaltskrisen, wenn internationale Organisationen wie der IWF mit Krediten einspringen und im Gegenzug fordern, dass das Empfängerland Subventionsgelder für fossile Brennstoffe streicht. In Krisenzeiten haben Regierungen aber nur begrenzte Mittel, um die negativen Folgen erhöhter Energiepreise abzumildern – vor allem für arme Bevölkerungsgruppen. Dies schürt häufig Widerstand.
Wenig nachhaltige «Beschwichtigungspraxis»
Subventionen reformieren ist bislang meist gleichbedeutend mit Subventionen reduzieren oder streichen. Häufig wird empfohlen, den Subventionsabbau mit einer «Beschwichtigungsstrategie» zu koppeln, um die Gunst der betroffenen Akteure zu gewinnen. Eine gängige Praxis ist etwa, mit den eingesparten Geldern jene Interessensgruppen zu entschädigen, welche das Reformvorhaben besonders stark bekämpfen. Solche Ansätze bieten aber lediglich eine oberflächliche Lösung für ein viel tiefergehendes sozio-technisches Problem und sind kaum nachhaltig.
Auf die Technik fokussieren
Wir meinen: Wer Subventionen kürzen will, sollte auch das zugrundeliegende Energiesystem berücksichtigen. Letztlich ist es dieses System, das die Nachfrage nach billigen Brennstoffen treibt, und dabei auch die wirtschaftlichen und politischen Renten generiert, die Subventionsreformen erschweren. Kombiniert man die Reform aber mit einer Politik, die Anreize für den technologischen Wandel des Energiesystems schafft, lassen sich solche Vorhaben erfolgreicher gestalten.
Ein Beispiel: In Teilen Indonesiens ist es gelungen, Petroleum-Subventionen zum Kochen abzuschaffen. Die Regierung senkte die Petroleumbeihilfen, sorgte aber gleichzeitig auch dafür, dass ein Grossteil der Verbraucher auf alternative Kocher mit saubererem Flüssiggas umsteigen konnte. Diese technologieorientierte Massnahme bot den Nutzern eine kostengünstige Alternative und machte sie weniger abhängig von vergünstigtem Petroleum – das brach den Widerstand gegen die Kürzungen. Ein solcher Ansatz könnte auch für andere Sektoren wie Verkehr, Industrie und Stromerzeugung funktionieren.
Subventionsreformen neu denken
Der technologieorientierte Ansatz verändert die Art, wie wir Reformen angehen: Anstatt sich einseitig darauf zu konzentrieren, in einer ohnehin ausgehungerten Wirtschaft einen Finanzstrom zu kappen, erzeugt er neue Wirtschaftsaktivität, was wiederum die Erfolgschancen der Subventionsreform erhöht.
Nehmen wir den Elektrizitätssektor: Fördermassnahmen für erneuerbare Energien können helfen, die oft monopolistischen Energiesektoren für unabhängige Stromproduzenten zu öffnen. So entstehen lokale Arbeitsplätze in Bau, Instandhaltung und Produktion. Das wiederum verschiebt das politische Machtgefüge in den Subventionsdebatten.
Zusätzliche Vorteile der Technologiestrategie
In vielen Fällen sind CO2-arme Technologien bereits heute wettbewerbsfähig. Ein Land, das seinen Technologiemix anreichert, macht sich und seine Verbraucher schliesslich unabhängiger von fossilen Brennstoffen und damit auch robuster gegen künftige Energiepreisschocks. Es sollte auch im Interesse internationaler Organisationen wie etwa dem IWF liegen, diesen technologieorientierten Ansatz zu unterstützen und finanziell zu fördern. Denn damit gelänge auch ein Imagewandel vom Verursacher für steigende Energiepreise zum Unterstützer neuer Arbeitsplätze.
Dieser Beitrag basiert auf einem früheren externe Seite Artikel von Tobias Schmidt und Tyeler Matsuo im Diplomatic Courier.
Weiterführende Informationen
[1] Schätzung der Verbrauchssubventionen durch die Internationale Energieagentur (IEA): externe Seite hier.
[2] Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), die sowohl Produktions- und Verbrauchszuschüsse als auch externe Effekte umfassen: externe Seite hier.
externe Seite Matsuo, T. and Schmidt, T.S., 2017. Environmental Research Letters, 12(1);
externe Seite Schmidt, T.S., Matsuo, T. and Michaelowa, A. 2017. Global Environmental Change;
externe Seite Schmidt, T.S., Born, R. and Schneider, M. (2012). Nature Climate Change, 2(7)