«Öl für den Innovationsmotor Schweiz»
Mit der Ablösung der KTI und dem Start der Förderagentur Innosuisse am 1. Januar 2018 will der Bund der Innovation in der Schweiz zusätzlich Schub verschaffen. Der ETH-Chemieprofessor Christophe Copéret steuert die neue Förderagentur als Mitglied des 21-köpfigen Innovationsrats mit.
ETH-News: Herr Copéret, 2017 bis 2020 stehen Innosuisse rund 950 Millionen Franken zur Verfügung. Wie können ETH-Forschende davon profitieren?
Christophe Copéret: Innosuisse bietet ausgezeichnete Chancen, Wissen und Ideen in marktfähige Produkte umzusetzen. Angesprochen sind Forschende - auch fortgeschrittene Doktorierende und Postdocs - sowie Forschungsgruppen. Projekte können zusammen mit der Schweizer Industrie entwickelt werden oder auch mit einem Start-up. Inhaltlich fokussiert Innosuisse ja auf die Bereiche Informations- und Kommunikationstechnologie, Life Sciences, Energie und Umwelt sowie Management und Sozialwissenschaften. Mit anderen Worten: Der ETH steht die Tür weit offen, um für die Wirtschaft in diesen Feldern wichtige Impulse zu setzen.
Wenn es um Fördermittel geht, denkt man aus ETH-Sicht jeweils eher an den Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Was unterscheidet die beiden Instrumente?
Innosuisse konzentriert sich darauf, den Technologietransfer zu stärken und damit die Innovation zu beschleunigen, die für die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft so entscheidend ist. Der SNF zielt hingegen mehr auf langfristig angelegte Forschung, die die Grenzen des bisherigen Wissens auslotet. Ausserdem auch auf internationale und Disziplinen-übergreifende Projekte. Das zeigt: Die beiden Fördermöglichkeiten ergänzen sich in sinnvoller Weise. Übrigens: Die Schnittstelle zwischen den beiden Förderinstitutionen wird seit 2016 durch das Programm "Bridge" abgedeckt, das Innosuisse und NF gemeinsam anbieten.
Will eine Forscherin, ein Forscher ein Start-up gründen, braucht es Wirtschafts- und Managementkompetenz. Lässt sich über die Innosuisse-Förderung auch daran feilen?
Ja, absolut. Innosuisse hilft unter anderem Forschenden, die sich zu CEOs von Start-ups entwickeln wollen, mit Coachings und Trainings und unterstützt die Konkretisierung von Geschäftsideen bereits vom frühesten Stadium an, etwa mit der Entwicklung einer Strategie. Und ganz wichtig: Sie klärt mit den Forschenden auch, wie das junge Unternehmen wachsen und sich damit auf eine solide Basis stellen kann. Zusammen mit ETH-eigenen Angeboten, namentlich jenen von ETH Transfer, besteht nun ein engmaschiges und effektives Förderungs- und Unterstützungsnetzwerk. Das massgeschneiderte Betreuungsangebot ist wohl auch die interessanteste Neuerung beim Wechsel von der KTI zur Innosuisse.
Wo positioniert sich die ETH Zürich im Wettbewerb um Fördermittel und generell in der Schweizer Innovationslandschaft? ETH-Forschung wird ja oft reflexartig mit Grundlagenforschung assoziiert.
Das stimmt so nicht ganz. Die Aufteilung in Grundlagen- und angewandte Wissenschaft ist künstlich. Grundlagenforschung auf höchstem Level hat immer zu Entdeckungen geführt – oft auch zu völlig überraschenden – die in wichtige Technologie umgesetzt werden konnten. Denken Sie nur an Pasteur, der die Chiralität entdeckt hat, einen fundamentalen Aspekt in der Chemie, und gleichzeitig an Fermentierungsprozessen und Impfstoffen arbeitete. Oder, auf uns bezogen, an den Beitrag der ETH zur Sicherheit der neuen Schweizer Banknoten. Wir Forschenden sollten daher bei allem, was wir in den Laboren tun, die Möglichkeit des Wissenstransfers in Betracht ziehen.
Und vielleicht noch dies: Ich kann mir gut Kollaborationen vorstellen, in denen die ETH und die Fachhochschulen je ihre eigenen Stärken einbringen und so in der zunehmend wissensbasierten Schweizer Wirtschaft des 21. Jahrhunderts einen prägenden Einfluss haben.
Und welche Rolle hat bei alledem die Lehre?
Man kann sie gar nicht überschätzen. Eine der zentralen Aufgabe der ETH ist es ja, die nächste Generation von Führungskräften auszubilden. Der erfolgversprechendste Weg, das zu tun ist, neben der Vermittlung von fundiertem Wissen und kritischem Denken die enge Zusammenarbeit mit der globalen und der lokalen Wirtschaft.
Sie sprechen die lokalen Unternehmen an: Könnte sich die ETH noch stärker auf kleinere Firmen zugehen, um Innovationen voranzubringen?
Ich denke, darin liegt noch grosses Potenzial. Die Schweiz hat unzählige kleine und mittlere Unternehmen, die sich im harten globalen Wettbewerb behaupten. Der Blick ins Ausland zeigt: Alle führenden Hochschulen sind sowohl Teil der lokalen als auch der globalen Wirtschaft. So kann die ETH nebst Aus- und Weiterbildung kleineren und mittleren Unternehmen den Zugang zu neusten Forschungsergebnissen bieten. Wenn es Hemmnisse gibt, dann liegen diese oft in den Kosten für die Forschung und ihren Transfer in Produkte. Innosuisse ist das ideale Instrument, um diese Hürden zu senken und zu beseitigen, - und damit das Öl, das der Schweizer Innovationsmotor ab und zu braucht, um auf hohen Touren weiter zu laufen.
Innosuisse-Roadshow an der ETH
Welche strukturellen Veränderungen bringt Innosuisse? Werden die laufenden Förderinstrumente weitergeführt? Wird die Innosuisse neue Förderinstrumente anbieten? Die Innosuisse stellt sich am 6. Dezember, 14 Uhr bis 17.15, an der ETH im HG E 3 vor. Expertinnen und Verantwortliche wie die Innosuisse-Direktorin Annalise Eggimann beantworten Fragen der Interessierten zum Wechsel von der KTI zur Innosuisse.