Bis die Lippen bluten
Vor 25 Jahren als kleine ad-hoc-Jazzgruppe gegründet, ist die ETH Big Band heute zu einem erfolgreichen Orchester geworden, das internationales Publikum von Rio bis Shanghai begeistert. Ein Rückblick mit dem Gründer Christoph Eck.
Es gibt diese magischen Momente, in denen sich eine Band in eine Art Rausch spielt. Meist überträgt sich dieser auch aufs Publikum: «Es ist schon vorgekommen, dass wir bis zu einer halben Stunde Zugaben spielten, weil der Saal begonnen hatte zu tanzen. Erst als wir schliesslich die Bühne verliessen, spürten wir, dass unsere Lippen beinahe bluteten und die Hemden klatschnass waren», erinnert sich Christoph Eck.
Als Eck vor 25 Jahren als Nachdiplomstudent an die ETH Zürich kam, war er rundum begeistert vom neuen Ort und den wissenschaftlichen Möglichkeiten. Nur etwas fehlte dem jungen deutschen Elektroingenieur zu seinem Glück: eine Jazz-Band. Musik hatte ihn seit Kindsbeinen begleitet und seine Trompete war zu seinem treusten Begleiter geworden. Was tat er also? Er entschloss sich kurzerhand, selbst eine Band zu gründen.
Von Tuten und Blasen viel Ahnung
Schnell fand er eine Handvoll Gleichgesinnter: Studierende und Mitarbeitende, die leidenschaftlich und mit Talent musizieren. Sie liessen sich von Eck’s Enthusiasmus für das Bandprojekt anstecken und legten los. Eck selber wechselte die Seite: Sass er früher in Deutschland jeweils noch mitten im Orchester, stand er fortan am Dirigentenpult. Schon bald spielte die Band an Master- und Promotionsfeiern sowie am jährlichen Polyball.
Heute, 25 Jahre später, ist Eck Professor für Regelungstechnik an der Hochschule Luzern und CEO des ETH-Spin-offs Aeroscout. Und noch immer Leiter der ETH Big Band. Auch vier andere Bandmitglieder sind seit der Anfangszeit dabei. Doch sonst hat sich die Band stark gewandelt in diesem Vierteljahrhundert. Sie wuchs, und das gleich auf mehreren Ebenen: Zu einen wurde sie konstant grösser und zählt heute rund 20 Köpfe. Sie stammen mehrheitlich aus der ETH, vereinzelte aus der Universität Zürich aus den Jazzschulen Zürich und Luzern. Die Band wuchs über die Jahre auch in musikalischer Hinsicht: Das Niveau stieg und das Repertoire erweiterte sich, nicht zuletzt durch Eigenkompositionen einzelner Mitglieder.
Von Montreux bis zum Zuckerhut
Schliesslich wuchs auch der Auftrittsradius – und damit die Fan-Gemeinde. Trat die Big Band anfangs vor allem an der Hochschule selber auf, erhielt sie zunehmend Engagements ausserhalb. Sie spielte am Zürifäscht, am Sechseläuten und am Montreux Jazz Festival Off. Die Gagen wurden in der Regel nicht ausbezahlt, sondern für aussergewöhnliche Projekte wie Reisen und Workshops verwendet, oder um hochkarätige Gastsolisten einzuladen.
«Absolute Höhepunkte waren natürlich unsere Auslandtourneen, etwa anlässlich des Erstflugs der Swiss nach Shanghai mit Bundesrätin Doris Leuthard, oder als Begleitung von offiziellen ETH-Delegationen nach Indien und Brasilien», sagt Eck stolz. Nebst stark verbindenden Erinnerungen brachten die Bandmitglieder immer auch neue musikalische Impulse mit nach Hause. Samba und Bossa Nova-Rhythmen durchziehen etwa die CD «Brasil», die kurz nach der Brasilien-Tour aufgenommen wurde.
Präzision und Magie
Eck ist überzeugt, dass diese gemeinsamen Erlebnisse den «Band spirit» entscheidend prägten – menschlich und musikalisch. Besonders wichtig ist ihm als Leiter, dass sich die Bandmitglieder aktiv einbringen und ihre Talente kreativ entfalten können, etwa mit improvisierten Soli oder indem sie Stücke selber komponieren oder neu arrangieren. «Die Band lebt von den Mitgliedern, die Dynamik jedes Einzelnen kommt im Ganzen zu tragen», so Eck.
Die Big Band ist für Eck auch nach 25 Jahren noch das ideale Kontrastprogramm zu seinem Leben als Ingenieur. Gleichzeitig sieht er aber auch Parallelen zwischen den beiden Welten Musik und Wissenschaft: «Als Grundlage braucht es Präzision. Erfolg erreicht man meist im Team. Und: Ohne Kreativität geht gar nichts».
Wenn die Musikerinnen und Musiker weiterhin mit so viel Herzblut und Spielfreude dabei sind, dann dürfte die Big Band noch einige weitere Jubiläen feiern. Und ihren vielen treuen und neuen Fans noch manchen magischen Moment schenken.
Jubiläums-Highlights der Big Band
Am Samstag, 24. März 2018, gibt die ETH Big Band im Musikclub Mehrspur auf dem Zürcher Toni-Areal ihr Jubiläumskonzert. Das Programm beinhaltet eine Vielfalt an Stücken, die das Vierteljahrhundert Bandgeschichte geprägt haben.
Vom 7. bis 9. Juni 2018 organisiert die ETH Big Band das Festival «Jazz im Park» und tritt mit ausgewählten Big Bands aus dem In- und Ausland im Irchelpark auf. Der Eintritt ist frei.