Medizin aus Daten und Technik
Wie wird die Digitalisierung die Medizin und das Gesundheitswesen verändern? Beim Digital Health Event der ETH Zürich am Wochenende erlebten über 150 Gäste hautnah neue Technologien und diskutierten mit Expertinnen und Experten über die Chancen und Risiken.
Die Digitalisierung hat längst in der Medizin Einzug gehalten. Was das für Diagnose und Therapie sowie die Gesundheitsvorsorge bedeutet, erfuhren mehrere hundert Gäste beim Digital Health Event der ETH Zürich am vergangenen Freitag und Samstag. Eingeladen waren neben der Öffentlichkeit vor allem auch Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, Gesundheitswesen und Industrie, um sich untereinander auszutauschen und mit Expertinnen und Experten und Medizinstudierenden in Debattierrunden zu diskutieren.
Medizin der Zukunft erleben
Eine Erlebniswelt im Dozentenfoyer zeigte anschaulich, wie vielfältig Daten und Technik zum Nutzen unserer Gesundheit eingesetzt werden. Forschende der ETH Zürich, Spin-offs der Hochschule sowie Partner aus der Industrie gaben Einblick darin, was der wissenschaftliche Fortschritt in der Medizin möglich macht. So gab es Sensoren zu bestaunen, die direkt auf die Haut aufgebracht werden, und biomedizinische Daten in Echtzeit liefern.
Die Besucherinnen und Besucher konnten ausserdem speziell konzipierte Computerspiele zur Bewegungstherapie ausprobieren und erfuhren mehr über den unterstützenden Einsatz von Exoskeletten bei eingeschränkter Mobilität. Zu sehen gab es zudem Technologien, die zur Ausbildung von Ärzten und im Medizinstudium dienen; darunter eine Simulation für Herz-OPs oder eine virtuelle Autopsie. Drohnen für den Medikamententransport und winzige Computer für Eingriffe im Auge zeigten die Chancen der Robotik für die Medizin.
Schon auf dem Weg zur Erlebniswelt empfing die Besucher in der Haupthalle im Erdgeschoss eine interaktive, digitale Plattform. Wer die grosse transparente Fläche betrat, konnte die komplexen Zusammenhänge der modernen Medizin spielerisch erforschen.
Naturwissenschaften für Ärzte
«Rund ein Drittel aller ETH-Forschenden beschäftigt sich heute direkt oder indirekt mit medizinischen Fragen», sagte Lino Guzzella, Präsident der ETH Zürich, bei der Eröffnung am Freitag und unterstrich die enge Verbindung zwischen Naturwissenschaften und Informatik mit Medizin und Gesundheit. Seit vergangenen Herbst bietet die Hochschule erstmals in ihrer Geschichte auch einen Bachelor in Humanmedizin an. Dieser Studiengang sei eine folgerichtige Fortentwicklung bestehender Aktivitäten. «Wenn wir den Blick über die Ausbildung und die Ausübung des Ärzteberufs ausweiten, dann ist die ETH seit mehr als 160 Jahren in Medizin-relevanten Gebieten wie der Pharmazie aktiv», so der Präsident. Die Lebens- und Ingenieurwissenschaften hätten viele Durchbrüche in der Medizin erst möglich gemacht.
Impressionen von der Veranstaltung
Die Expertendebatten fanden an beiden Tagen unter der Kuppel der ETH Zürich statt. In den Diskussionen ging es um Themen wie den Arzt der Zukunft, den Einsatz von künstlicher Intelligenz und Biosensoren oder den verantwortungsvollen Umgang mit Technik und Daten. Deutlich wurde unter anderem, dass Patienten und gesunde Menschen den technischen Fortschritt unterschiedlich wahrnehmen. Fürchten Gesunde vor allem Risiken wie den Missbrauch von Daten, sehen Patienten in erster Linie die Chancen. «Wir müssen die Vorteile besser aufzeigen», wünschte sich daher Gregor Zünd, Vorsitzender der Spitaldirektion des Universitätsspitals Zürich. Wie viele andere Experten sieht auch er in der Digitalisierung Möglichkeiten für eine individuellere und bessere medizinische Versorgung.
Daten für individuellere Therapien
Nur wenn zum Beispiel umfassende Daten dazu vorliegen, wie sich der Herzschlag beim Gehen, Liegen oder Laufen verändert, könne die Forschung künstliche Herzen entwickeln, die sich allen Lebenslagen anpassen. Auch könnten Daten aufzeigen, wie viele Allergiker auf eine bestimmte Konstellation von Temperatur und Pollen reagieren, um die Behandlung zu optimieren.
Zeitgleich zum Event im Hauptgebäude setzten sich auch ETH-Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen mit der Thematik auseinander. Im InCube auf der Polyterrasse diskutierten sie mit Expertinnen und Experten. «Wir wollen die Studierendensicht einbringen», erklärte Moritz Mussgnug vom Student Project House, das zusammen mit dem ETH Entrepreneur Club zu den Initiatoren der «Student Edition» gehörte. In der Erlebniswelt hatten die Studierenden daher auch einen eigenen Stand, an dem sie sich mit den Besucherinnen und Besuchern über ihre Sichtweise austauschten.
InCube 2018
Der Digital Health Event war für den gläsernen Würfel des ETH Entrepreneur Clubs erst der Auftakt. So richtig los geht es am 21. September 2018. Dann ziehen je fünf Studierende für vier Tage in fünf Glaswürfeln an fünf Standorten. Die Teams erhalten je eine Aufgabe, die sie zusammen mit Experten in diesen vier Tagen bearbeiten müssen. Eine Fachjury kürt am Ende das Sieger-Team.