Wie Bakterien zusammenspielen

Ohne Mikrobengemeinschaften geht es auf der Welt nicht. Um zu erforschen, wie solche Gemeinschaften funktionieren, haben Forschende der Eawag und der ETH Zürich eine neue Methode entwickelt, mit der sie Wechselwirkungen zwischen Bakterien beobachten können.

Mithilfe von Mikroskopiebildern können Forschende untersuchen, wie Bakterienstämme (gelb, blau) miteinander interagieren. Hell eingefärbte Bakterien wachsen schneller, da sie vom anderen Stamm wachstumsfördernde Aminosäuren erhalten.
Mithilfe von Mikroskopiebildern können Forschende untersuchen, wie Bakterienstämme (gelb, blau) miteinander interagieren. Hell eingefärbte Bakterien wachsen schneller, da sie vom anderen Stamm wachstumsfördernde Aminosäuren erhalten.

Mikroorganismen sind wichtiger, als uns manchmal lieb ist: Ohne sie gäbe es keinen Sauerstoff, Menschen und Tiere könnten nicht verdauen und die Stoffkreisläufe auf der Erde gerieten ins Stocken. Auch in aquatischen Systemen haben Mikrobengemeinschaften wichtige Funktionen, die durch Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Organismen zustande kommen.

Bekannt etwa ist, dass Mikroorganismen untereinander Stoffwechselprodukte oder Signalmoleküle austauschen. Einige Bakterien produzieren bestimmte Aminosäuren, die andere nicht herstellen können und die für das Wachstum wichtig sind. Ausgetauscht werden sie über die Diffusion. Das gelingt aber nur bis zu einer gewissen Entfernung.

Wie weit dieser Interaktionsbereich reicht, war bisher unbekannt. Forschende der Eawag und der ETH Zürich konnten nun diesen Interaktionsradius messen, wie sie im Fachmagazin «externe SeiteNature Ecology & Evolution» berichten.

Interaktion nur über Tausendstel Millimeter

Die Forschenden entwickelten ein Gerät, in dem sie Zellen von zwei Bakterienstämmen kontrolliert wachsen lassen und das Wachstum unter dem Mikroskop beobachten können. Messungen zeigen, dass diejenigen Zellen schneller wachsen, die direkt neben Zellen des anderen Bakterienstamms liegen. Denn nur der eine Bakterienstamm produziert gewisse wachstumsfördernde Aminosäuren, welche zu den benachbarten Zellen diffundieren.

Diese Interaktion funktioniert nur über Distanzen von wenigen Tausendstel Millimetern, wie die Forschenden aufzeigen. Bereits ab einem Abstand von zwei Zelllängen bricht dieser Austausch fast vollständig zusammen. «Eine Mikrobengemeinschaft ist somit nur unter gewissen Voraussetzungen in der Lage, Stoffwechselprozesse kollektiv durchzuführen, da ihre Aktivitäten fast ausschliesslich auf Wechselwirkungen zwischen einzelnen benachbarten Bakterienzellen beruhen», sagt Martin Ackermann, Professor für Ökologie mikrobieller Systeme an der ETH Zürich und Leiter der Abteilung Umweltmikrobiologie der Eawag.

Um diese Wechselwirkungen und ihren Einfluss auf die Eigenschaften der mikrobiellen Gemeinschaften besser zu verstehen, entwickelten die Forschenden ein mathematisches Modell. Dieses sagt die Wachstumsraten anhand der vorhandenen Aminosäuren vorher. Auf diese Weise lassen sich fast alle Mikrobengemeinschaften untersuchen. So wenden die Forschenden die Methode unter anderem nun bei Mikroorganismen an, die in aquatischen Lebensräumen am Kohlenstoffzyklus beteiligt sind.

Literaturhinweis

Dal Co A., et al. Short-range interactions govern the dynamics and functions of microbial communities, Nature Ecology & Evolution, published online Feb 10th 2020, externe Seitewww.nature.com/articles/s41559-019-1080-2

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