Ein völlig neuer Chip für superschnelle Datenübertragung mit Licht
ETH-Forschende haben einen superschnellen Chip gebaut, der die Datenübertragung in optischen Glasfasernetzen beschleunigen kann. Bedeutsam ist das mit Blick auf die steigende Nachfrage nach Streaming- und Online-Diensten. Der Plasmonik-Chip verbindet gleich mehrere Neuerungen miteinander.
Forschende der ETH Zürich haben geschafft, woran seit rund 20 Jahren geforscht wird: im Rahmen europäischer Horizon 2020-Forschungsprojekte haben sie im Labor einen Chip hergestellt, auf dem sich schnelle elektronische Signale direkt in superschnelle Lichtsignale umwandeln lassen, und zwar so, dass dabei praktisch keine Signalqualität verloren geht. Bedeutsam ist dieser Durchbruch für die Leistungsfähigkeit optischer Kommunikationsinfrastrukturen, die Daten mit Licht übertragen. Dazu gehören zum Beispiel Glasfasernetze.
Schon heute ermöglichen solche Glasfasernetze in Städten wie Zürich schnelles Internet, digitales Telefonieren, Fernsehen und netzbasierte Film- oder Audiodienste (sogenanntes Streaming). Bis zum Ende dieses Jahrzehnts könnten jedoch auch diese optischen Kommunikationsnetze bei der schnellen Datenübertragung an Grenzen stossen.
Die Gründe dafür sind die steigende Nachfrage nach Online-Diensten für Streaming, Speicherung und Rechenleistungen sowie das Aufkommen von künstlicher Intelligenz und 5G-Netzwerken. Heute erzielen optische Netze Datenübertragungsraten im Bereich von Gigabits (109) pro Sekunde. Die Grenze liegt bei 100 Gigabits pro Leitung und Wellenlänge. In Zukunft werden hingegen Übertragungsraten im Bereich von Terabits (1012) benötigt.
Neu: Elektronik und Licht auf demselben Chip
«Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, brauchen wir neue Lösungsansätze», sagt Jürg Leuthold, ETH-Professor für Photonik und Kommunikation. «Der Schlüssel zu diesem Paradigmenwechsel liegt in der Zusammenführung von elektronischen und photonischen Bauelementen auf einem einzigen Chip.» Die Photonik («Lehre von den Lichtteilchen») untersucht optische Technologien zur Übertragung, Speicherung und Verarbeitung von Information.
Genau diese Zusammenführung haben die ETH-Forschenden nun geschafft: Zusammen mit Partnern in Deutschland, den USA, Israel und Griechenland konnten sie im Experiment die elektronischen und lichtbasierten Bauelemente zum ersten Mal auf ein und demselben Chip zusammenfügen. Technisch ist dieser Schritt gross, denn bis heute muss man diese Bauelemente getrennt voneinander auf je eigenen Chips herstellen und anschliessend über Drähte miteinander verbinden.
Das hat Folgen: Die Elektronik- und Photonik-Chips getrennt herzustellen, ist zum einen kostspielig. Zum andern mindert es die Leistung bei der Umwandlung der elektronischen Signale in Lichtsignale und begrenzt somit die Übertragungsgeschwindigkeit in lichtleitenden Kommunikationsnetzen, erklärt Ueli Koch, Postdoktorand in Leutholds Gruppe und Hauptautor der Studie, die in der Zeitschrift Nature Electronics erschienen ist.
Kompaktheit für Höchstgeschwindigkeit
«Wenn man die elektronischen Signale über getrennte Chips in Lichtsignale umwandelt, verliert man deutlich an Signalqualität. Dadurch wird auch die Geschwindigkeit der Datenübertragung mit Licht begrenzt.», sagt Koch. Sein Lösungsansatz setzt deshalb beim Modulator an. Dieser befindet sich auf dem Chip und erzeugt Licht in einer bestimmten Intensität, indem er die elektrischen Signale in Lichtwellen umwandelt. Um dabei die Qualitäts- und Intensitätsverluste zu vermeiden, und das Licht, beziehungsweise die Daten, schneller als heute zu übertragen, muss der Modulator möglichst kompakt gebaut sein (vgl. ETH-News, 01.02.2016).
Diese Kompaktheit wird erreicht, indem man die elektronischen und die photonischen Komponenten wie zwei Schichten dicht übereinanderlegt und direkt auf dem Chip verbindet (engl. «On-Chip Vias»). Die Schichtung von Elektronik und Photonik reduziert die Übertragungswege und die Verluste der Signalqualität. Da Elektronik und Photonik auf einem einzigen Substrat realisiert sind, sprechen die Forscher von einer «monolithischen Ko-Integration».
Gescheitert ist der monolithische Ansatz in den vergangenen 20 Jahren daran, dass die Photonik-Chips viel grösser sind als die elektronischen. Das habe die Zusammenführung auf einem einzigen Chip verhindert, sagt Jürg Leuthold. Die Grösse der photonischen Bauelemente verunmöglicht es, dass man sie mit der heute in der Elektronik vorherrschenden Metall-Oxid-Halbleiter-Technologie (CMOS) zusammenschliessen kann.
Plasmonik als Zaubermittel für Halbleiterchips
«Den Grössenunterschied zwischen Photonik und Elektronik haben wir nun überwunden, indem wir die Photonik durch Plasmonik ersetzten», sagt Leuthold. Plasmonik ist ein Teilgebiet der Photonik. Dieser Technologie wird seit zehn Jahren voraussagt, dass sie die Basis für superschnelle Chips werden könnte. Mit der Plasmonik lassen sich Lichtwellen in Strukturen zwängen, die viel kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts (vgl. ETH-News, 18.11.2019).
Da die Plasmonik-Chips kleiner sind als elektronische, lassen sich nun tatsächlich viel kompaktere, monolithische Chips herstellen, die sowohl eine Photonik- als auch eine Elektronikschicht umfassen. Um die elektrischen Signale nun in noch schnellere optische umzuwandeln, enthält die photonische Schicht (rot in der Grafik) einen plasmonischen Intensitätsmodulator. Dieser beruht auf Metallstrukturen, die das Licht so kanalisieren, dass man höhere Geschwindigkeiten erzielen kann.
Kombination ermöglicht Rekordgeschwindigkeit
In der elektronischen Schicht (blau in der Grafik) wird die Geschwindigkeit zusätzlich erhöht. Mit einem «4:1-Multiplexverfahren» werden vier Eingangssignale mit niedrigerer Geschwindigkeit so gebündelt und verstärkt, dass sie zusammen ein elektrisches Hochgeschwindigkeitssignal bilden. «Dieses wird dann in ein optisches Hochgeschwindigkeitssignal umgewandelt», legt Koch dar, «auf diese Weise konnten wir zum ersten Mal Daten mit mehr als 100 Gigabits pro Sekunde auf einem monolithischen Chip übertragen.»
Um diese Rekordgeschwindigkeit zu erreichen, kombinierten die Forschenden die Plasmonik nicht nur mit klassischer CMOS-Elektronik, sondern auch mit der noch schnelleren BiCMOS-Technologie. Ausserdem verwendeten sie ein neues temperaturstabiles, elektrooptisches Material der University of Washington sowie Erkenntnisse aus den Horizon 2020-Projekten PLASMOfab und PlaCMOS.
Im Experiment liess sich zeigen, sagt Leuthold, dass man diese Technologien zu einem der schnellsten kompakten Chips zusammenbauen könne: «Wir sind überzeugt, dass diese Lösung in Zukunft eine schnellere Datenübertragung in optischen Kommunikationsnetzen ermöglichen kann.»
Literaturnachweis
Koch, U., Uhl, C., Hettrich, H. et al. A monolithic bipolar CMOS electronic–plasmonic high-speed transmitter. Nature Electronics 3, 338–345 (2020). DOI: externe Seite 10.1038/s41928-020-0417-9
Koch, U. A monolithic bipolar CMOS electronic plasmonic high-speed transmitter. Nature Research Device & Materials Engineering, Behind the Paper. externe Seite devicematerialscommunity.nature.com/users/407225-ueli-koch/posts/a-monolithic-bipolar-cmos-electronic-plasmonic-high-speed-transmitter
Moazeni, S. CMOS and plasmonics get close. Nature Electronics 3, 302–303 (2020). DOI: externe Seite 10.1038/s41928-020-0426-8
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