KITE Award 2020 geht an Kurs «Umweltproblemlösen»
Der KITE Award 2020 geht an das Team um Christian Pohl für den Kurs «Umweltproblemlösen». Bachelor-Studierende am Departement Umweltsystemwissenschaften erlernen damit schon im ersten Jahr den Umgang mit komplexen Nachhaltigkeitsproblemen.
Ist gute Lehre Spitzen- oder Breitensport? Dieser Frage ging ETH-Ratspräsident Michael Hengartner in seiner Keynote-Ansprache zur Verleihung des KITE Award 2020 am gestrigen Abend nach. «Als eine der führenden Hochschulen der Welt hat die ETH Zürich die Aufgabe, in allem exzellent zu sein – in Forschung, beim Wissenstransfer und in der Lehre», stellte er einleitend fest. Der KITE Award sei ein wichtiges Zeichen zur Würdigung der Lehre und mit einem Pokal im Spitzensport vergleichbar. So ein Preis sporne weitere Lehrende an, den Studierenden als Vorbild zu dienen und damit breites Interesse für ein Thema zu wecken, zu begeistern und mitzureissen. Sein Fazit: Gute Lehre sei also Spitzen- und Breitensport zugleich. Damit brachte er die Intention der Konferenz des Lehrkörpers (KdL) auf den Punkt, die den KITE Award zum dritten Mal verlieh.
Auch KdL-Präsidentin Ulrike Lohmann, die Gastgeberin des Anlasses, betonte in ihrer Begrüssungsrede die Bedeutung des Einsatzes aller Lehrkräfte. Und sprach ein dickes Lob aus: Das Engagement habe sich in diesem Jahr überdeutlich bei der Umstellung auf Online-Lehrformen im Zuge des Lockdowns gezeigt. Die Krise habe den aussergewöhnlichen Einsatz sichtbar gemacht. Coronabedingt fand auch die Preisverleihung diesmal unter besonderen Umständen statt. Die Veranstaltung, mit nur wenigen Gästen vor Ort, wurde erstmals live aus dem Audi Max übertragen.
«Das Team hat über Jahre eine spannende Veranstaltung entwickelt.»Nicolas Gruber, Präsident der KITE-Award-Jury über das Gewinner-Team
Insgesamt 34 Lehrkonzepte waren eingereicht worden; vier kamen in die Endauswahl. «Eine schwierige Aufgabe», wie Nicolas Gruber, Präsident der KITE-Award-Jury, betonte. Ihn beeindruckte vor allem die Vielfalt der Projekte, die sich an alle Lehrstufen vom Maturanden bis hin zu Doktoranden wenden würden, zum Teil ganz komplexe Technologien erforderten, während andere den Fokus auf organisatorische Fragen und Herangehensweisen richteten.
Der KITE Award 2020 ging an das Team um Christian Pohl, Dozent am Departement Umweltsystemwissenschaften (D-USYS) für die Lehrveranstaltung «Umweltproblemlösen». Die Jury überzeugte das ausgesprochen innovative Konzept, das zugleich in der Breite wirksam sei. «Das Team hat über Jahre eine spannende Veranstaltung entwickelt», sagte Gruber.
Der Kurs verbindet System- mit Designdenken, wodurch die Studierenden komplexe Umweltprobleme nicht nur verstehen, sondern auch im Team konkrete Massnahmen erarbeiten. Bachelor-Studierende in den Umweltnaturwissenschaften erlernten so schon im ersten Studienjahr Nachhaltigkeitsprobleme praxisnah zu lösen.
«Wir bieten den Studierenden eine sichere Lernumgebung, in der ihnen Raum und Zeit zum Austauschen von Ideen bleibt», erläuterte Pohls Teamkollegin Bin Bin Pearce die Herangehensweise. Neben dem Fachlichem würden sie den Studierenden vor allem zeigen, dass Scheitern zum Lernen und Forschen dazugehöre.
Überreicht wurde der KITE Award von ETH-Rektorin Sarah Springman. Sie betonte, dass sie die Qualität und Motivation aller vier Finalisten begeistert habe. So erhielten denn neben dem Gewinnerteam auch die anderen Finalisten einen exklusiven Bausatz des ETH-Hauptgebäudes. Überreicht wurden sie von Lukas Fässler, Dozent am Departement Informatik, einem der Gewinner des KITE Award 2018. Wie schon zuvor waren die letztmaligen Preisträger gebeten worden, eine Überraschung für die Award-Zeremonie zu entwickeln. «Wir hatten wir uns die Aufgabe gestellt, möglichst wenig Bausteine zu verwenden», erläuterte Fässler die Besonderheit der Kreation.
Gewinner
Komplexe Umweltsysteme verstehen
Christian Pohl, Dozent am Departement Umweltsystemwissenschaften, führt zusammen mit Bin Bin Pearce, Marlene Mader, Urs Brändle und Pius Krütli Studierende im Kurs «Umweltproblemlösen» schon im ersten Studienjahr an ein komplexes Nachhaltigkeitsproblem in der Schweiz heran. Während sie im ersten Semester die Herangehensweise erlernen, geht es im zweiten Semester darum, im Austausch mit Stakeholdern vor Ort konkrete Massnahmen zur Lösung zu entwickeln.
Finalisten
Grundlagen selbst entdecken
Juraj Hromkovič, Professor am Departement Informatik, hat gemeinsam mit Hans-Joachim Böckenhauer und Dennis Komm die Einführungsvorlesung «Grundlagen der theoretischen Informatik» neu konzipiert. Sie setzen dabei auf kritisches Denken, um die Studierenden an anspruchsvolle mathematische Konzepte heranzuführen. So können die Studierenden selbständig über eigene Ideen und anfängliche Fehlversuche die Prozesse verstehen und zur Lösung finden.
Biokompatible Materialien entwickeln
Im Kurs «Praktische Methoden der Biofabrikation» ist Eigeninitiative gefragt. Marcy Zenobi-Wong, Professorin für Gewebetechnologie und Biofabrikation und Leiterin des Instituts für Biomechanik, vermittelt gemeinsam mit Karin Würtz und Simone Schürle den Studierenden zunächst die Grundlagen für die Herstellung von Geweben und Transplanteten. Im zweiten Schritt entwickeln die Teilnehmenden selbständig ein biomedizintechnisches Produkt. Dabei ist der Weg das Ziel, der Umgang mit Scheitern ein wesentlicher Teil des Kurses. Neben fachlichem Know-how stehen Problemlösungsfähigkeiten im Mittelpunkt des Kurses.
Mathematische Kenntnisse verbessern
Mit dem Online-Brückenkurs Mathematik können Bachelorstudierende freiwillig ihr Vorwissen testen und Lücken füllen. Damit die Studierenden für die Basisprüfung am Ende des ersten Studienjahres gewappnet sind, hat Norbert Hungerbühler, Professor für Mathematik, mit Alexander Caspar, Meike Akveld und Heinz Rasched interaktive Aufgaben entwickelt, welche die Studierenden in ihrem Lerntempo orts- und zeitungebunden bearbeiten können.