Weit mehr als nur recyceln
Die Materialwissenschaftlerin Athina Anastasaki forscht an der nächsten Generation von Polymeren und deren Recycling. Sie möchte sämtliche Ausgangsstoffe zurückgewinnen und daraus neue Materialien für andere Anwendungsbereiche herstellen.
Sie haben kretische Wurzeln. Was verbindet Sie mit der Insel?
Jeder Mensch hat eine Verbindung zu einem bestimmten Ort. Meine Verbindung zu Kreta sind meine Grosseltern und meine Familie. Deshalb ist diese Insel so besonders für mich. Das Licht, das Land, das Wasser sind einzigartig. Ich fühle mich noch immer als Teil der Insel, obwohl ich nicht dort lebe.
Sie forschen an Polymeren, den Hauptkomponenten von Kunststoffen. Welches Ziel verfolgen Sie damit?
In unserem Labor synthetisieren wir Polymere mit verbesserten Eigenschaften und Funktionen. Wir interessieren uns jedoch auch für die Zerlegung, die sogenannte Depolymerisation. Nachdem ein Polymer seine Aufgabe erfüllt hat, möchten wir es in seine Ausgangsstoffe zerlegen und so wieder der Kreislaufwirtschaft zuführen.
Geht es dabei um Recycling?
Mit Depolymerisation lässt sich weit mehr erreichen als mit Recycling. Beim herkömmlichen Recycling wird das Polymer geschmolzen und zu einem neuen Material verarbeitet. Dieses hat meist eine niedrigere Qualität als das Ausgangsmaterial. Bei der idealen Depolymerisation werden jedoch sämtliche Ausgangsstoffe wie Monomere oder Katalysatoren zurückgewonnen. Daraus lassen sich dann entweder wieder die ursprünglichen Polymere oder ein völlig neues Material für einen anderen Anwendungsbereich herstellen.
Was macht Polymere so faszinierend?
Das Wort «Polymer» kommt aus dem Griechischen. «Poly» bedeutet «viele» und «mer» bedeutet «Teil». Viele Teile bilden also zusammen lange Moleküle. Vor 100 Jahren glaubte die Wissenschaft noch nicht einmal an die Existenz von Polymeren, während heute fast alles um uns herum aus ihnen besteht: Kleidung, Farben, Computerkomponenten etc. Sie sind aus unserem Leben einfach nicht mehr wegzudenken.
Sie sind auf Twitter aktiv. Welche Bedeutung haben soziale Medien für Ihren akademischen Werdegang?
Über soziale Medien kann man mit seiner Wissenschaftsgemeinde in Verbindung bleiben, gerade in diesen schwierigen Zeiten. Professorinnen und Professoren können aber auch ihre menschliche Seite zeigen. Wenn die Studierenden sehen, dass ihr Professor auch einmal den Kochlöffel schwingt, bringt uns das alle etwas näher zusammen.
Dieser Text ist in der Ausgabe 21/02 des ETH-Magazins Globe erschienen.
Zur Person
Athina Anastasaki ist Assistenzprofessorin für Polymere am Departement für Materialwissenschaft.