Herrmann setzte schliesslich Anthis darauf an, in seiner Doktorarbeit eine Lösung für dieses Problem zu entwickeln – was er bravourös schaffte. Dank seiner Leistung wurde Anthis 2022 in die Forbes-Liste «30under30» aufgenommen. Seit er vor einem Jahr seine Doktorarbeit abgeschlossen hat, arbeitet er nun daraufhin, das Produkt weiterzuentwickeln und zur Marktreife zu führen. Das Startkapital des Pioneer Fellowships in der Höhe von 150'000 Franken deckt für eineinhalb Jahre seinen Lohn. Labor, Materialien und Infrastruktur stellt ihm die Professur Herrmann zur Verfügung.
Grosses Marktpotenzial
Einen Namen für seine zukünftige Firma hat er sich auch ausgedacht: Veltist, eine Ableitung des griechischen Worts «veltistos», was einfache, aber robuste Lösung bedeutet. Geplant ist, das Unternehmen Ende 2022 zu gründen, eventuell auch ein Jahr später, je nachdem wie die geplanten Versuche an Schweinen laufen. Der Magendarmtrakt dieser Tiere ähnle dem des Menschen sehr und sei deshalb ein gutes Modell. Auf diese Tests soll dann die erste klinische Phase mit ersten Tests an Menschen folgen.
Auf Anthis wartet also noch viel Arbeit. Auch die Weiterentwicklung des Pflasters ist anspruchsvoll. «Unser Ziel ist, dass es sich im Körper abbaut und trotzdem möglichst lange widrigster Bedingungen im Bauchraum standhält. Auch darf es das Immunsystem nicht aktivieren», sagt Anthis. Doch es wird nicht einfach, all diese Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Dennoch ist er zuversichtlich. «Ich spiele und kreiere gerne mit verschiedenen Materialien, das kommt mir jetzt sehr entgegen.».
Er steht auch in Kontakt mit einem grossen Medizinaltechnikunternehmen. Das Problem von Darmlecks nach OPs ist bedeutend, das Marktvolumen dementsprechend gross. Allein in der Schweiz werden pro Jahr 120'000 Personen am Magendarmtrakt operiert, weltweit 14 Millionen. «Das ist ein grosses Marktvolumen mit entsprechendem Potenzial», meint Anthis – und er ist zuversichtlich, dass er den Durchbruch schaffen kann.
Sinnvolle, aber harte Arbeit
«Ich finde es sehr befriedigend, etwas zu entwickeln, was wirklich gebraucht wird», sagt er, um gleich ernst hinzufügen: «Ein Projekt wie dieses erfordert Koordination und harte Arbeit an verschiedenen Fronten, damit es überhaupt eine Chance hat, vom Labor in die Klinik zu gelangen.» Die Realität sei, dass die harte Arbeit eines Einzelnen möglicherweise nicht ausreiche, um zum Ziel zu gelangen. Deshalb sei es das wichtigste, für ein solches Vorhaben ein grossartiges Team und gute Mitarbeitende zu finden.
Dass das Projekt eine Herzensangelegenheit ist, merkt man ihm an. Zurzeit arbeite er hart und sehr viel. «Manchmal ist es total verrückt», sagt er, und lacht: «aber wir Jungunternehmer leben für diesen Schmerz.»