Bundespräsident Alain Berset hat soeben das Projekt DemoUpCARMA auf Island besucht. Was konnten Sie ihm zeigen?
Marco Mazzotti: Der Bundespräsident hat die Injektionsstelle besucht, wo wir spezielle Container, gefüllt mit Schweizer CO2, aufbewahren und über eine mobile Leitung mit einer Injektionsanlage verbunden haben. Während seines Besuchs wurde CO2 aus diesen Tanks kontinuierlich in das Basaltgestein gepresst, wo es in einigen Jahren mineralisieren und Kalkstein bilden soll.
Worum geht es bei DemoUpCARMA generell?
Im Rahmen des Projekts «DemoUpCARMA» zeigt ein 20-köpfiges Konsortium unter der Leitung der ETH Zürich zwei Wege auf für die Abscheidung, Nutzung und Lagerung von CO2, auf Englisch «Carbon Capture, Utilization, and Sequestration» (CCUS) genannt; einerseits in rezyklierten Betonzuschlagstoffen zur Herstellung eines neuen Baumaterials, andererseits für den Transport und die Lagerung des Klimagases in den Basaltformationen im Untergrund Islands, also «Carbon dioxide Capture, Transport and Storage» (CCTS). Bei diesem internationalen Vorhaben kommen unter anderem die Technologie und die Injektionsinfrastruktur des isländischen Unternehmens Carbfix zum Einsatz. Für die letztgenannte Demonstrationsanlage haben wir erstmals grenzüberschreitend CO2 transportiert, nämlich von der Schweiz nach Island. Dabei handelt es sich um biogenes CO2 , das heisst, es wurde durch die Vergärung von Biomasse erzeugt und in einer Biogas-Aufbereitungsanlage von Biomethan abgetrennt. Das CO2 wurde danach verflüssigt und in speziellen Containern, den sogenannten Isotainern, transportiert.
Wie muss man sich den Transport vorstellen?
Zuerst bringt ein Lastwagen die Isotainer von Bern nach Basel, dann gelangen sie per Eisenbahn nach Rotterdam, von dort mit einem Schiff nach Reykjavik und schliesslich per Lastwagen zur isländischen Lagerstätte. Ein Container fasst 20 Tonnen CO2.
Wie viele solche Isotainer wurden bisher nach Island transportiert?
Geplant ist, eine Gesamtmenge von 50 Isotainern nach Island zu transportieren, fünf sind bereits angekommen. Die Hälfte davon wurden mit Süsswasser in den Untergrund injiziert. Es ist jedoch geplant, das CO2 künftig in Meerwasser zu lösen und ins Gestein zu verpressen – eine technologische Neuheit und ein potenzieller Durchbruch für die grosstechnische Anwendung dieser Lösung.
Warum ist der Bundesrat an diesem Projekt interessiert?
Die Entwicklung von Lösungen für die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) und für die Erzeugung negativer Emissionen (NET) ist Bestandteil der Schweizer Klimastrategie. Wenn die Schweiz das Netto-Null-Ziel erreichen möchte, muss sie im Jahr 2050 etwa 12 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr auf diese Weise bewältigen. DemoUpCarma ist der erste Schritt in der Entwicklung dieser Lösungen. Es ist nötig, so schnell wie möglich damit zu beginnen, um alle damit verbundenen Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und anzugehen. Der Bundesrat ist am Projekt sehr interessiert, und fördert es auch finanziell via die Bundesämter für Energie und für Umwelt.
Was sind weitere Ziele von DemoUpCarma?
Neben den oben beschriebenen Aktivitäten zielt DemoUpCarma darauf ab, die Machbarkeit einer Hochskalierung der beiden Lösungswege zu untersuchen. Dies wird aus einer ganzheitlichen Perspektive angegangen, das heisst wir analysieren die technische, wirtschaftliche, ökologische und risikobezogene Leistung von CCTS- und CCUS-Lieferketten. Damit sollen 12 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr in der Schweiz im Jahr 2050 verwaltet werden. Wir bewerten zudem Aspekte im Zusammenhang mit Vorschriften, Zertifizierung, Finanzierung, Steuerung und der öffentlichen Wahrnehmung. Ausserdem untersuchen wir zusammen mit Industriepartnern die Integration der CO2-Abscheidung in zwei spezifischen Anlagen, der kommunalen Abfallbehandlungsanlage der Stadt Zürich und dem Zementwerk der Firma Jura in Wildegg.
Wie weit ist das Projekt gediehen?
Der Nachweis des CCUS-Weges in recyceltem Beton in der Schweiz ist fast abgeschlossen. Die Studien über die Hochskalierung werden in diesem Jahr fertig. Der CCTS-Weg mit Injektion in Island wird wegen Verzögerungen bei der Fertigstellung der neuen Injektionsbohrung mit Meerwasser sechs bis zehn Monate länger dauern.