Vieles ist möglich – aber ist es auch sinnvoll?
Die Kreativität der Forschenden und die Vielfalt der möglichen Messgeräte ist beeindruckend – sei es der Schnuller, der misst, ob Kleinkinder dehydriert sind, Tätowierungen, die den Zuckerspiegel anzeigen oder Kontaktlinsen, die Daten aus der Tränenflüssigkeit liefern. «Als wir vor einem Jahr mit Ingenieur:innen, Mediziner:innen und Kolleg:innen aus anderen Fachgebieten die Möglichkeiten besprachen, haben wir realisiert, dass wir darüber nachdenken müssen, was sinnvoll ist und welche Punkte es bei der Entwicklung solcher Geräte besonders zu berücksichtigen gilt», sagt Jörg Goldhahn, der Letztautor der Arbeit.
Der zentrale Punkt liegt auf der Hand: Patienten und Patientinnen müssen die sogenannten Wearables auch tragen wollen. «Wir empfehlen deshalb, die Sensoren immer zusammen mit den Menschen zu entwickeln, die sie später brauchen sollen», so Brasier. Aber auch den medizinischen Nutzen solcher Geräte gilt es zu hinterfragen. Nicht alles, was gemessen werden kann, hat einen klinischen Mehrwert. «Es geht ja nicht darum, irgendeinen Wert zu messen. Es geht um die Frage, was dieser im entsprechenden Kontext bedeutet und was die klinische Konsequenz ist», erklärt der Mediziner.
So ist CRP ein Marker für Entzündungen im Körper und wird in Milligramm pro Liter gemessen. Bei gesunden Erwachsenen liegt der CRP-Spiegel normalerweise physiologisch bei unter 5 mg/l. «Wenn ein Patient einen CRP-Spiegel von 150 mg/l im Blut hat, so sagt das nur bedingt viel aus. Entscheidend für die klinische Einschätzung ist, ob der Wert am Vortag normal war oder bei 300 mg/l lag. Je nachdem hat sich der Gesundheitszustand verschlechtert oder verbessert.»
Das Gemessene auch gut darstellen
Hinzukommen kommen die technischen Hürden: Wie lange kann ein Sensor messen? Wie kann er gelagert und gereinigt werden? Wie viel Strom aus welcher Quelle verbraucht er und vor allem: wie gut und zuverlässig sind die Daten, die er liefert? «Die sorgfältige Validierung der Messdaten wird entscheidend dafür sein, ob sich ein Gerät durchsetzt oder nicht», sagt Jörg Goldhahn «denn niemand verlässt sich auf unsichere Messwerte.»
In einem weiteren Schritt müssen die Signale der Wearables verarbeitet, interpretiert und für die Nutzer:innen – seien dies die Patient:innen selber oder medizinisches Fachpersonal – verständlich dargestellt werden. Dazu wird in Zukunft vermehrt künstliche Intelligenz eingesetzt werden, was die Entwicklung von Wearables weiter beschleunigen wird.