
Nach über 1000 Projekten: ETH Zürich gibt den Lead für Asien weiter
Die ETH Zürich hat dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) ihren letzten Bericht zum Mandat «Leading House Asia» zugestellt. Nach über 20 Jahren und rund 1000 unterstützten Projekten verzichtet die Hochschule auf eine Bewerbung für eine neue Mandatsperiode. Künftig übernimmt die Universität Zürich die Rolle als Leading House für die Forschungszusammenarbeit mit Asien.
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ETH-Präsident Joël Mesot begrüsst den Wechsel: «Nach über zwei Jahrzehnten bringt nun eine andere Institution frische Ideen, Netzwerke und Expertise ein – ein Gewinn für die Forschungsgemeinschaft.» Rückblickend habe die ETH mit dem Mandat einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer starken, vielfältigen und nachhaltigen schweizerisch-asiatische Forschungszusammenarbeit geleistet. Mesot dankt allen Partner:innen und Stipendiat:innen, die das Programm geprägt haben: «Ihre Beiträge haben nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Gesellschaft bereichert.»
Leading House
Im «Leading House»-Modell beauftragt das SBFI ausgewählte Schweizer Hochschulen damit, im Rahmen der bilateralen Programme Kooperationsformate für Anschubfinanzierungen und innovative Pilotprojekte zu entwickeln. Das Modell hat sich als wirkungsvolles Instrument für den Aufbau neuer Kontakte und das Erproben neuer Ansätze in der Forschungs- und Innovationszusammenarbeit bewährt.
Quelle und weitere Informationen: externe Seite Website des SBFI
Pionierarbeit für die internationale Forschungszusammenarbeit der Schweiz
Als der Bund 2003 eine Hochschule für ein Pilotprojekt suchte, das Forschungskooperationen mit China fördert, übernahm die ETH das Mandat als «Leading House». Zu Beginn lag der Fokus auf Workshops und Symposien sowie auf kleinen sogenannten «Stepping stone»-Projekten. So entstanden erste Forschungskooperationen mit China, die auch Kurzzeitstipendien für chinesische Doktorierende umfassten.
2008 startete der Bund offiziell die bilateralen Programme zur Stärkung der Forschungs- und Innovationszusammenarbeit mit Ländern mit hohem wissenschaftlich-technischen Entwicklungspotenzial. Damit erweiterte sich das Mandat auf Japan und Südkorea. Institutionelle Verträge mit Forschungsfinanzierungsagenturen beiden Ländern ermöglichten den Austausch von Doktorierenden sowie gemeinsame Workshops mit Forschenden aus den beteiligten Ländern. Zahlreiche Wissenschaftler:innen profitierten zudem von Forschungsaufenthalten, dank denen sie beispielsweise auch Zugang zu spezifischer Infrastruktur und Knowhow erhielten.
Ergänzend zum «Leading House»-Mandat führte das SBFI das Instrument der «Joint Research Projects» für umfangreichere Kollaborationsprojekte von Forschenden ein. An einem der ersten Calls beteiligte sich 2012 Roger Gassert, ETH-Professor für Rehabilitationstechnik. Gemeinsam mit dem Team von Prof. Jumpei Arata von der Kyushu University in Japan entwickelte seine Gruppe eine robotergesteuerte Handorthese, die über Hirnsignale aktiviert wird und Patient:innen im Alltag sowie bei der Therapie unterstützt.
Der Wert solcher Kooperationen reiche weit über das Einzelprojekt hinaus, betont Gassert: «Von der Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus Japan haben über die Jahre verschiedene weitere Studierende und junge Forschende auf beiden Seiten profitiert.» In einem anderen Land forschen zu können, präge nicht nur die wissenschaftliche Karriere. «Erfahrungen, die wir in einer anderen Kultur machen, erweitern ganz allgemein unseren Horizont», ist Gassert überzeugt.
Ausbau der Partnerschaften
Nach einer Reihe von Pilotprojekten, die von 2013 bis 2016 liefen, wurde das Portfolio des Leading House Asia um Kooperationen zwischen weiteren südostasiatischen Staaten und Schweizer Hochschulen erweitert. «In dieser Zeit haben wir uns intensiv mit den Bedürfnissen aller Stakeholder auseinandergesetzt», erinnert sich Anders Hagström, der das Mandat im Bereich Internationale Beziehungen der ETH über die ganze Laufzeit begleitete. Daraufhin wurden gezielte Anschubhilfen für Projekte mit Forschungspartnern in der ASEAN-Region eingeführt.
Dies führte zu einer stärkeren Diversifizierung der Art von Institutionen, die sich um eine Förderung durch das Leading House Asia bewarben. Auch kantonale Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen reichten zunehmend Projektanträge ein. Als Folge weitete sich das thematische Spektrum aus – von Biochemie über Physik bis zu Interaktionsdesign, Literatur, Geschichte und Architektur.
Innovative Förderinstrumente
In der Förderphase 2017–2020 baute das Leading House Asia die Zusammenarbeit mit Partnern ausserhalb der akademischen Welt mithilfe von innovativen Instrumenten aus. Inspiriert waren diese von Formaten aus der Schweiz wie etwa den Innosuisse-Projekten, in denen Forschende mit Akteuren aus der Praxis kooperieren.
Die Pandemie prägte diese Periode stark. «Als uns die Auswirkungen von COVID-19 auf die internationale Forschungszusammenarbeit bewusst wurden, wollten wir rasch reagieren», erzählt Elise Nardin, seit 2018 Programmleiterin des Leading House. Die ETH schlug dem SBFI vor, mit dem vorhandenen Budget einen speziellen Aufruf für COVID-19-Projekte zu machen, um auf die gesellschaftlichen, ökologischen und psychologischen Folgen der Pandemie zu reagieren.
Innerhalb weniger Wochen wurden 36 Anträge eingereicht und 15 davon bewilligt. Unterstützt wurden unter anderem Vorhaben zur Gesundheitsförderung an Schulen, die Erkennung von Fake News oder zur Dynamik der Gemeinschaftsbildung während des Lockdowns – eingereicht von Institutionen wie der Universität Genf, der Pädagogischen Hochschule Schwyz, der Fachhochschule Wallis HES-SO und jener der italienischen Schweiz SUPSI.
In den letzten vier Jahren lag der Fokus des Leading House Asia weiterhin auf der Diversifizierung der Projektpartner in der Schweiz und den ASEAN-Ländern. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, der stark unter den Pandemieeinschränkungen gelitten hatte.
Mit dem Abschlussbericht für die Mandatsperiode 2021–2024 endet das Engagement der ETH als Leading House Asia. Die laufenden Projekte werden von der ETH noch bis zu ihrem Abschluss betreut; für die kommende Periode hat nun die Universität Zürich das Mandat übernommen.
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