Predictive Maintenance auf einem neuen Level

In Zusammenarbeit mit Firmen wie WinGD und Forschungspartnern wie der NASA entwickelt die Intelligent Maintenance Systems Group neue Methoden zur Vorhersage von Maschinenausfällen. Manuel Arias Chao gibt einen Einblick in sein Projekt, das er an der diesjährigen Smart Maintenance Conference an der ETH Zürich vorstellen wird.

predictive maintenance

Warum hat WinGD (Winterthur Gas & Diesel) das Projekt initiiert?

WinGD entwickelt Gasmotoren für grosse Frachtschiffe. Beim Betrieb solch komplexer Systeme entstehen viele Fragen: Wann müssen die Maschinen gewartet werden? Wird eine Komponente ausfallen? Ist die Lebensdauer einer Maschine kurz vor ihrem Ende? Sollte das Betriebsregime einer Maschine geändert werden, um die Zeit bis zum Ausfall zu verzögern?

Derzeit verwendet WinGD eine regelbasierte Diagnose- und Fehlerbehebungssoftware. Regelbasiert bedeutet, dass Ingenieure Regeln erstellt haben, die den Umgang mit diesen Problemen definieren. Jetzt plant WindGD, seine Anlagen zu digitalisieren und eine Fernüberwachung der Maschinen zu implementieren. In diesem Zusammenhang soll maschinelles Lernen zum Einsatz kommen, um Fehler zu erkennen und zu lokalisieren. Aus diesem Grund startete WinGD ein gemeinsames Projekt mit Prof. Olga Fink, die eine Pionierin auf dem Gebiet der Diagnose und Prognose für komplexe Systeme ist. Ich arbeite im Rahmen dieses Projekts als Doktorand an einem neuen hybriden Ansatz.

Was ist das Besondere an Ihrem Ansatz? Warum nennen Sie es hybrid?

Generell geht es darum, Anomalien in den Sensordaten zu erkennen. Maschinen sind in der Regel mit vielen Sensoren ausgestattet, insbesondere im aufkommenden Zeitalter des IoT (Internet of Things). Diese Sensoren liefern Daten über Prozessparameter (z.B. Temperatur, Vibration, Drehzahl). Ein Verschleiss von Komponenten beeinflusst das Maschinenverhalten. Algorithmen können diese Veränderungen erkennen und so Fehler diagnostizieren oder – in einem nächsten Schritt – auch zukünftige Fehler vorhersagen.

Es gibt zwei Ansätze zur Fehlererkennung: entweder durch die Verwendung von datengesteuerten Modellen oder physikalischen Modellen. Datengesteuerte Modelle basieren auf Überwachungsdaten oder empirischen Regeln:

  • Überwachungsdaten: Man erstellt ein numerisches Modell aus den rohen Sensordaten.
  • Empirische Regeln: Man führt Tests im Labor durch und erhält Zusammenhänge basierend auf physikalischen Parametern.

Die Verwendung physikalischer Modelle ist vor allem bei grossen Systemen sehr kompliziert und kann die Prozesskosten erheblich erhöhen. Daher werden sie in der Regel nur für teure oder empfindliche Geräte entwickelt. Die komplexen physikalischen Simulationen erfordern zeitaufwändige Berechnungen und sind daher nicht für alle Arten von Online-Überwachung geeignet.

Unser neuer Ansatz ist die Kombination von datengesteuerten Modellen mit physikalischen Modellen (siehe Bild). Wir nutzen die Physik, soweit sie für ein Online-Setting geeignet ist. So verwenden wir z.B. ein thermodynamisches Modell, bei dem die Berechnung nur Millisekunden dauert. Abgesehen von diesem hybriden Aspekt versuchen wir, den datengesteuerten Teil des Modells weiterzuentwickeln. Unsere neuen anspruchsvollen Modelle basieren auf Deep Learning und neuronalen Netzwerken.

deep learning diagnostic model
Bild 1: Grundlegende Architektur des hybriden Diagnosemodells. Das Deep Learning Diagnose-Modell erhält als Input Überwachungssignale und Abschätzungen des System-Modells.

Sie arbeiten auch mit der NASA an Ihren Forschungsprojekten zusammen. Weshalb ist die NASA an Ihrer Forschung interessiert?

Die NASA ist besonders an unserem Hybridansatz und seiner Anwendung bei Turbinenantrieben interessiert. Wir haben eine neunmonatige Zusammenarbeit mit dem Prognostics Center of Excellence (PCoE) der NASA Ames durchgeführt. Ich war in den ersten drei Monaten dieses Jahres in Mountain View. Während meines Aufenthaltes haben wir uns auf die Entwicklung eines neuen Datensatzes konzentriert, um die Methode zu testen und die Hybridstruktur weiterzuentwickeln.

Haben Sie Ihre Algorithmen mit Ihren Partnern getestet?

Wir haben unsere Algorithmen sowohl mit WinGD als auch mit den Datensätzen der NASA getestet. Diese Tests haben gezeigt, dass wir Fehler genauer erkennen als Standardverfahren. Darüber hinaus können wir zwischen verschiedenen Arten von Fehlern unterscheiden (siehe Bild). WinGD plant, unsere Lösung in der nächsten Version ihrer Diagnose- und Fehlerbehebungssoftware zu implementieren.

Zurzeit entwickeln wir unseren hybriden Ansatz von der Diagnose in Richtung Prognose weiter. Dies werde ich an der Smart Maintenance Conference an der ETH Zürich am 3. September vorstellen.

segmentation
Bild 2: 2-D Darstellung des 8-D latenten Raumes für 18 Betriebszustände mit der t-sne-Methode. Die Farbkodierung folgt der Cluster-Kennzeichnung, die der Cluster-Algorithmus zuweist. R=0 (blau) kennzeichnet den fehlerfreien Betrieb. Die fehlerhaften Betriebszustände werden in verschiedene Cluster segmentiert.

Erzählen Sie uns mehr über die Smart Maintenance Conference.

Prof. Olga Fink organisiert diese Konferenz bereits zum dritten Mal. Wir möchten den Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft fördern. Die Vorträge werden von Vertretern namhafter Unternehmen sowie Hochschulexperten gehalten. Wir freuen uns darauf, die Key Player aus Forschung und Wirtschaft zu treffen und mit ihnen die Herausforderungen und Entwicklungen im Bereich Predictive Maintenance zu diskutieren.

Kontakt / Links:

externe Seite Smart Maintenance Conference 2019

Prof. Olga Fink, ETH Intelligent Maintenance Systems Group

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