Vom Underdog zum Top-Therapeutikum
Peptide finden trotz ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit und Selektivität kaum Anwendung als Therapeutika. Grund dafür ist unter anderem ihr rascher Abbau im Körper. Prof. Markus Künzler stellt ein Enzym vor, mit dem er den Aussenseitern unter den Therapeutika auf die Sprünge helfen will.
Warum setzen Sie bei der Suche nach neuen Wirkstoffen auf den Aussenseiter «Peptid»?
Die meisten, wenn nicht alle Abläufe in Zellen werden von Protein-Protein Interaktionen gesteuert. Peptide sind kürzere oder längere Sequenzen bestimmter Aminosäuren, die proteinartig miteinander verknüpft sind. Dank ihrer Grösse und ihrer Struktur sind sie ideal geeignet, zelluläre Abläufe durch Bindung an die entsprechenden Proteine negativ oder positiv zu beeinflussen. So können Peptide beispielsweise die Immunantwort unterdrücken oder Bakterien abtöten.
Was ist das Problem mit Peptid-Therapeutika?
Peptide haben zwei entscheidende Nachteile: Sie besitzen den gleichen Aufbau wie körpereigene Proteine und Peptide und werden deshalb im Körper rasch abgebaut. Ausserdem sind Peptide nur beschränkt in der Lage, die Zellmembran zu passieren und zu Zielproteinen im Zellinneren vorzudringen. Das heisst, die Peptide erreichen erst gar nicht ihren optimalen Wirkungsort.
Wie helfen Sie den Peptid-Therapeutika auf die Sprünge?
Wir führen zusätzliche Bausteine in das Peptid ein, um es vor dem vorzeitigen Abbau im Körper zu schützen und ihm gleichzeitig das Eindringen ins Zellinnere zu erleichtern. Im konkreten Fall fügen wir Methylgruppen ein. Cyclosporin A, eines der wenigen oral verfügbaren Peptidtherapeutika, ist so modifiziert. Dieses Peptid wird seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgreich als Immunsuppressivum bei der Organtransplantation eingesetzt.
Wie werden die zusätzlichen Bausteine in das Peptid eingefügt?
Das Enzym eines Pilzes übernimmt für uns das Einfügen der zusätzlichen Bausteine. Die Peptidkette schiebt sich durch eine tunnelartige Öffnung des Enzyms hindurch und erhält beim Austritt zusätzliche Methylgruppen. Das Besondere an dem Enzym ist, dass es Peptide mit ganz unterschiedlichen Sequenzen akzeptiert und modifiziert. Das heisst, neben dem ursprünglichen Naturprodukt können wir laboreigene Peptide erzeugen und mit zusätzlichen Methylgruppen versehen. Es ist unser Ziel, mit Hilfe des Enzyms grosse Bibliotheken neuartiger, nicht in der Natur vorkommender Peptide herzustellen, und diese nach neuen Wirkstoffen zu screenen. Das Enzym hilft uns so bei einem Prozess, der chemisch sehr kompliziert und aufwändig wäre.
Wie kann sich die Industrie einbringen?
Aktuell testen wir unser Enzym auf seine Promiskuität, das heisst auf die Vielfalt der Peptide, die mit ihm modifiziert werden können. Zusammen mit einem Industriepartner könnten wir diese Testphase beschleunigen und schon in naher Zukunft mit dem Screening nach Wirkstoffen beginnen. Interessierte Industriepartner können sich gern an uns wenden.
Kontakt / Links:
Prof. Markus Künzler, Institute of Microbiology
Publikationen über dieses Projekt: externe Seite Nat. Chem. Biol. 2017, 13, 833-835, externe Seite Sci Adv 2018, 4, eaat2720
News über dieses Projekt: Werkzeugkiste für den Wirkstoffbau
Patentanmeldung: US2019112583 (A1), NOVEL MULTIPLY BACKBONE N-METHYL TRANSFERASES AND USES THEREOF
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