Pallon – Künstliche Intelligenz für urbane Abwassersysteme
Weltweit altert die öffentliche Kanalisation und ist daher anfälliger für Defekte wie Risse oder Korrosion. ETH-Spin-off Pallon (früher Hades) nutzt künstliche Intelligenz, um diese Mängel in Kanalinspektions-Videos automatisch zu erkennen.
Das Team von Pallon hat die Vision, das Management von Kanalsystemen zu verbessern und damit die Städte nachhaltiger und widerstandsfähiger zu machen. Wir haben mit Christian Koch, Mitbegründer von Pallon, gesprochen.
Christian, warum interessieren euch die eher unangenehmen städtischen Abwassersysteme?
Dominik, einer der Mitbegründer von Pallon, und ich sind beide Umweltingenieure und deshalb mit städtischen Abwassersystemen bestens vertraut. Als wir über unsere Zukunftspläne sprachen, erinnerten wir uns an einen Mitstudenten, der sich beklagte, dass er während seines Praktikums in einem Ingenieurbüro stundenlang Videos von Kanalinspektionen sichten musste. Er empfand es als äusserst mühsam und war sich sicher, dass er diese Arbeit nie mehr machen wollte. So wurde unsere Idee geboren.
In der Folge haben wir uns dem Thema intensiver gewidmet, indem wir Artikel gelesen und Experteninterviews durchgeführt haben. Laut unseren Recherchen werden derzeit etwa 25% der Defekte übersehen oder falsch klassifiziert. Darüber hinaus sind auch die Mängelberichte und die daraus resultierende Kanalzustandsbewertung sehr uneinheitlich, da jeder Mitarbeiter unterschiedliche Mängel erfasst, was zu einer hohen Unsicherheit führt. Daher werden 15-20% der Kanalisationsrohre entweder zu früh oder zu spät ersetzt, was einerseits Geld verschwendet oder andererseits die Umwelt belastet. Zudem werden die Daten oft lokal, unstrukturiert und nicht leicht zugänglich gespeichert. Dies schränkt die Zusammenarbeit zwischen Interessegruppen ein und behindert den Einsatz fortschrittlicher Datenanalysen zur Entscheidungsfindung.
Was sind die Vorteile der Pallon-Technologie?
Anstatt Videos anzusehen und Fehler manuell zu melden, müssen unsere Kunden ihr Video nur noch in unsere Cloud hochladen. Dort werden Fehler automatisch erkannt und mit Hilfe von Computer Vision und Deep Learning klassifiziert. Die Auslagerung der Video-Inspektion an eine Maschine erledigt sie nicht nur viel schneller, sondern liefert auch objektive, reproduzierbare und vergleichbare Daten. Die Daten werden automatisch in einer sicheren Cloud-Umgebung gespeichert, aus der Berichte erstellt oder Daten in das geografische Informationssystem integriert werden können. Insgesamt wird damit die Grundlage für ein datengesteuertes Infrastrukturmanagement der Kanalisation geschaffen.
Wer sind eure Kunden und welche Bedürfnisse haben sie?
Unsere Hauptkunden sind öffentliche Kanalanlagenbetreiber wie Stadtverwaltungen und Kanaldienstleister (z.B. Inspektions- und Ingenieurbüros). Wir testen unsere Technologie derzeit mit einigen ausgewählten Stadtverwaltungen und Dienstleistern in der DACH1 Region und verbessern unsere Dienstleistungen aufgrund ihrer Rückmeldungen kontinuierlich. Die frühzeitige Zusammenarbeit mit Kanalanlagenbetreibern und Dienstleistern half uns, die Anforderungen unserer Kunden besser zu verstehen. Während die Kanalbetreiber eher an einer höheren Datenqualität interessiert sind, nutzen Dienstleister unsere Technologie, um ihre Effizienz zu steigern und somit mehr Kanäle mit der gleichen Anzahl von Mitarbeitern analysieren zu können. Beide erklärten, dass sie Schwierigkeiten haben, qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen. Dank unserer Dienstleistung hat sich dieses Problem entschärft.
Welche Herausforderungen stellten sich für euch?
Zunächst war es schwierig, talentierte Informatiker mit Erfahrung im Bereich Deep Learning zu gewinnen, da diese derzeit sehr gefragt sind. Als ETH-Angehörige hatten wir gewisse Vorteile, qualifizierte Informatiker zu finden und konnten mit Forschungslabors zusammenarbeiten. Dann war es natürlich wichtig, die notwendigen Mittel für die Entwicklung unserer Technologie zu beschaffen. Wir hatten das grosse Glück, von mehreren Institutionen wie BRIDGE proof-of-concept, EXIST Gründerstipendium, Climate-KIC oder Swiss Climate Foundation unterstützt zu werden, wodurch wir unsere anfängliche Finanzierungslücke schliessen konnten.
Was sind eure Ziele für 2020?
Im Jahr 2020 planen wir, unseren Kundenstamm zu erweitern und suchen interessierte Anwender und strategische Partner. Darüber hinaus wollen wir unser Team weiter ausbauen und nach neuen Talenten suchen. Schliesslich wollen wir im nächsten Sommer unsere erste Investitionsrunde starten. Wir würden uns freuen, mit Investoren in Kontakt zu treten, die unsere Vision teilen, Städte nachhaltiger und widerstandsfähiger zu machen.
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