«Piz Daint» rechnet mit Grafikprozessoren
Das CSCS verfügt mit «Piz Daint» über einen neuen Supercomputer, der mehr Rechenleistung bei geringerem Stromverbrauch erbringen soll. Dabei macht man sich die Vorteile von Grafikprozessoren der Spielindustrie zunutze.
Der im April am nationalen Hochleistungsrechenzentrum der Schweiz (CSCS) installierte Supercomputer externe Seite «Piz Daint» wird derzeit mit Grafikprozessoren aufgerüstet. Bei dieser Erweiterung werden auf den Rechenknoten jeweils einer der zwei herkömmlichen Prozessoren (CPU) durch einen Grafikprozessor (GPU) der Firma NVIDIA ersetzt. Im Vergleich zum CPU-Prozessor hat der Grafikprozessor reduzierte, jedoch für numerische Berechnungen optimierte Funktionalitäten. Vereinfacht ausgedrückt, kann der Grafikprozessor dadurch viel schneller und energieeffizienter rechnen. Effizient und leistungsstark macht den neuen Supercomputer zudem ein neuartiges Kommunikationsnetzwerk des Computerherstellers Cray, das die Rechenknoten miteinander verbindet. Das neue hybride System ist das erste dieses Typs und soll Forscher dabei unterstützen, detailreichere und höher auflösende Modelle zu rechnen – und dies gleichzeitig bei geringerem Energieverbrauch.
«Angesichts der steigenden Anforderungen an die Modelle können wir nur mit einem radikalen Wechsel in der Computerarchitektur den Energieverbrauch im Hochleistungsrechnen im Zaum halten», ist Thomas Schulthess, Direktor des CSCS, überzeugt. Profitieren von dem neuen System sollen in erster Linie die Klima- und Erdwissenschaftler, Forschende aus Chemie, Material-und Nanowissenschaften mit ihren komplexen Berechnungen, aber auch Physiker und Biologen, die immer rechenintensivere Anwendungen am CSCS laufen lassen.
Bis zu sieben Mal weniger Energie
Erste Tests zeigen laut Schulthess, dass eine Klimasimulation auf «Piz Daint» mehr als dreimal schneller läuft. Dabei sei der Energieverbrauch dieser Simulation um den Faktor sieben niedriger als beim CSCS-Rechner «Monte Rosa». «Monte Rosa» arbeitet mit herkömmlichen CPUs, die vor knapp zwei Jahren erneuert wurden. Aber selbst im Vergleich zu den zuvor ausschliesslich vorhandenen CPU-Prozessoren in «Piz Daint» rechne das hybrid ausgebaute System mit den GPU-Prozessoren fast dreimal energieeffizienter als ohne GPUs.
Insgesamt verglichen die Forscher am CSCS vier Supercomputer-Systeme miteinander, auf denen Berechnungen mit spezifischen Computercodes aus Chemie, den Material-und Nanowissenschaften sowie regionale Klimasimulationen über dem Alpenraum gemacht wurden. Die Tests wurden auf allen vier Maschinen erst mit den ursprünglichen Codes durchgeführt und im Anschluss daran mit neuen Codes, die speziell auf Effizienz zugeschnitten wurden und sowohl auf CPUs wie auch auf Grafikprozessoren laufen. Die Auswertungen zeigen, dass nicht nur GPU-Prozessoren, sondern auch verbesserte Algorithmen Energieeffizienz und Leistung positiv beeinflussen.
Aus der Game-Industrie entliehen
Thomas Schulthess sieht in den aus der Spiel- und Grafikindustrie stammenden GPU-Prozessoren eine Chance, energieeffiziente und leistungsstarke Supercomputer zu bauen. Da sie als eine Art Beschleuniger bei den Berechnungen dienen, seien sie in der Vergangenheit meist dazu verwendet worden, um Supercomputer im weltweiten Wettlauf um die schnellsten Rechner noch schneller zu machen. Die Beschleunigerprozessoren seien jedoch in wirklichen Simulationen nur selten zum Einsatz gekommen. Dies deshalb, weil die Grafikprozessoren mit älteren Codes und Algorithmen nicht effizient genutzt werden konnten.
Das habe sich geändert, denn verschiedene Rechenzentren setzten diese Art von Prozessoren inzwischen produktiv in ihren Supercomputern ein. In der im Rahmen der nationalen Hochleistungsrechnen- und Vernetzungsstrategie (externe Seite HPCN-Strategie) lancierten externe Seite HP2C-Initiative entwickelten auch Schweizer Forscher in den vergangenen drei Jahren spezielle Algorithmen. Thomas Schulthess gab bei Cray mit den Anstoss, Grafikkarten auch in ihre neuste Rechnergeneration einzusetzen. «Piz Daint» ist das Ergebnis dieser Zusammenarbeit.
Hochauflösende Wettermodelle
Oliver Fuhrer, Senior Scientist bei MeteoSchweiz, der die neuen Klima- und Wettercodes mitentwickelt hat, setzt grosse Hoffnungen in die neue hybride Architektur. Während MeteoSchweiz am CSCS aktuell ihren eigenen auf CPUs basierenden Rechner hat, werden seit dem Frühjahr parallel dazu auf einem auf GPUs basierenden Prototypen die gleichen Wetterprognosen gerechnet. Obwohl dieser viel kleiner ist, braucht er dafür nur 50 Prozent länger als der offizielle MeteoSchweiz-Rechner. Gleichzeitig wurde der Energieverbrauch um einen Faktor 8 reduziert. «Unser Ziel ist einerseits die Auflösung für unsere Wetterprognosen zu erhöhen und andererseits unsere Modelle mehrfach zu rechnen, damit wir die Unsicherheit unserer Wetterprognosen besser quantifizieren können», sagt Fuhrer.
Mit einer Auswahl an Simulationen, bei denen die Anfangs- und Randbedingungen jeweils leicht verändert werden, könnte man laut dem Wissenschaftler die Gefahr bei starken Gewittern noch früher erkennen und entsprechend warnen. Solche sogenannten Ensemble Wetterprognosen mit hoher räumlicher Auflösung zu rechnen, sei auf CPUs zu teuer. Mit einem GPU-Rechner hingegen würden sich die Kosten dafür im Rahmen halten, ist der Wissenschaftler von MeteoSchweiz überzeugt.