Musikalische Höhenflüge

«Ein Musikinstrument zu spielen ist einfach: Man braucht nur die richtigen Tasten im richtigen Moment zu betätigen, und schon spielt das Instrument ganz von selbst», meinte Johann Sebastian Bach einmal. Er hatte gut reden: Er wurde in eine sehr talentierte Musikerfamilie hineingeboren, die die Musik lag ihm quasi schon im Blut. Wem musikalisches Gehör und das Talent fehlt, die richtigen Tasten zu berühren oder den Bogen im richtigen Winkel über die Saiten zu führen, für den ist es umso beeindruckender, musikalische Wunderkinder live auf der Bühne zu erleben.

Nina Orotchko hatte ein Gespür für diese Faszination, als sie externe Seite Musical Discovery und die Konzertreihe «Musik an der ETH» 1995 ins Leben rief. Musical Discovery möchte nicht nur talentierte Musikerinnen und Musiker in Zürich auf die Bühne bringen, sondern auch jungen Ausnahmetalenten ein Tor zur professionellen klassischen Musikszene öffnen. Als Berufsgeigerin sah Orotchko darin eine Chance, ihren Handlungsspielraum zu erweitern: «Nebst meiner eigenen Konzerttätigkeit war die Gründung von Musical Discovery etwas Neues für mich: Ich wollte ein eigenes Unternehmen gründen, in das ich all mein Fachwissen, mein Organisationstalent und meine musikalischen Vorlieben einbringen konnte. So konnte ich meine kühnsten Träume und Ideen verwirklichen.»

Musik in den Fingerspitzen

Sie hat sich den Traum erfüllt: Nina Orotchko ist sowohl eine erfolgreiche Künstlerin als auch eine gefragte Konzertveranstalterin. Während der vergangenen zwanzig Jahre hat sie junge Talente, aber auch berühmte Musiker aus aller Welt auf die ETH-Bühne nach Zürich geholt. Ihre Motivation war und ist ganz einfach: Sie möchte das Publikum mit ihren frischen Ideen und innovativen Konzertprogrammen ansprechen. Ihre Konzertreihen sind bekannt dafür, dass sie sämtliche musikalischen Stilrichtungen umfassen: von der Klassik bis hin zu unterhaltsamen Stilfusionen, die auch schon mal Volksmusik mit einschliessen.  Die Künstler reisen von allen Ecken und Enden der Welt an: Unvergesslich ist für Orotchko etwa, wie der bekannte russische Pianist Konstantin Scherbakov dem Zürcher Publikum die gesamten Klavierwerke von Sergei Rachmaninoff in vier Konzerten präsentierte. «Dank meiner eigenen musikalischen Tätigkeit und dank der langjährigen Konzertveranstaltungen habe ich das Privileg, mit vielversprechenden Musiktalenten der Welt in Kontakt zu treten und gleichzeitig auch die Musikliebhaber und Förderer dieser jungen Talente kennen zu lernen», erklärt Orotchko.

Inmitten ihres globalen Netzwerks hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, die besten jungen Musiktalente auszuwählen. Darunter viele, die erste Preise an den wichtigsten internationalen Musikwettbewerben gewonnen haben: beispielsweise am «Queen-Elisabeth» in Brüssel, dem «Chopin» in Warschau, dem ARD-Musikwettbewerb in München, dem «Busoni» in Bozen, dem «Tschaikovsky» in Moskau, dem «Géza Anda» in Zürich und dem «Paloma O'Shea» in Santander. Die geladenen Solistinnen und Solisten sind zwischen 20 und 22 Jahre jung, doch hat Orotchko auch schon zehnjährige Wunderkinder erlebt, insbesondere am Rimsky-Korsakov-Musiklyzeum in St. Petersburg.

Ein ETH-Bijou

Die Konzerte finden monatlich im architektonischen Juwel des ETH-Hauptgebäudes statt, in der Semperaula, die von Gottfried Semper (1803-1879) entworfen und vom Maler Jean Baptiste Philippe Bin (1825-1897) gestaltet wurde. Die Aula ist das ideale Szenario für die Musikreihe. «Dass die Konzerte von Anbeginn an hier stattgefunden haben, ist eher ein glücklicher Zufall», gesteht Orotchko. «Im Jahr 1994 wurde ich von einer der wichtigsten Agenturen in München damit beauftragt, einen Konzertsaal in Zürich für eine Europa-Tournee junger Nachwuchstalente zu finden, die diese Agentur damals förderte. Auf Empfehlung lud man mich an die ETH ein und zeigte mir diesen historischen Saal – ein wahrer Schatz, der bis dahin noch nie für eine Konzertveranstaltung genutzt worden war.»

«Musik an der ETH» findet unter dem Patronat des ETH-Rektors Lino Guzzella statt und wird von verschiedenen ETH-Fördermitgliedern unterstützt, darunter auch vom ehemaligen Rektor Konrad Osterwalder. «Die Vernetzung der ETH Zürich mit der Welt der Musik ist für mich mehr als logisch: Talentierte Musikerinnen und Musiker spielen hier vor einem jungen Publikum – bestehend aus Forschenden, Ingenieuren und Menschen aus technischen Berufs- und Studienrichtungen. Musik ist eine Universalsprache, die alle verstehen und die alle vereint und inspiriert», betonnt Nina Orotchko.