Heirat von Physik und Neurowissenschaft

Die diesjährige Richard R. Ernst Lecture bestreitet Kâmil Uğurbil, Professor in Radiologie, Neurowissenschaften und Medizin an der University of Minnesota. Der Physiker arbeitet mit ultrastarken Magneten, mit denen er sein grosses Ziel, eine Hirnkartierung analog zum Human Genome Project, erreichen will.

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Meistert den Umgang mit schweren Magneten: der diesjährige Gastredner der Richard R. Ernst-Vorlesung, Kamil Ugurbil. (Bild: University of Minnesota)

Kâmil Uğurbil arbeitet mit Magneten, und zwar richtig grossen. Mittlerweile verfügt sein Center for Magnetic Resonance Research über das weltweit grösste, das er erst im vergangenen Dezember aus England an die Universität Minnesota transportieren liess: ein 10,5-Tesla-Magnet, das er für Ganzkörper-Scans benutzen kann. Doch brauchen möchte er diesen 110-Tonnen-Giganten vor allem für Bilder des Gehirns. Denn Uğurbil ist einer von zwei Projektleitern des «externe Seite Human Connectome Project», einem Forschungsvorhaben, das Teil einer US-amerikanischen Initiative zur Erforschung des menschlichen Hirns ist. Mit der Initiative soll Hirnregionen, ihre Funktionen und Verknüpfungen vollständig kartiert werden.

Mithilfe der stärksten Magnete der Welt will Kâmil Uğurbil, der an der Schnittstelle zwischen Physik und Neurowissenschaft arbeitet, hochaufgelöste Hirnscans machen. Ist das 10,5-Tesla-Magnet erst einmal in Betrieb, wird es Bilder mit einer Auflösung von Bruchteilen eines Kubikmillimeters erzeugen. Mit dem bisher stärksten Magnetresonanztomographien von 7 Tesla war es nur möglich, eine Auflösung von einem Kubikmillimeter zu erhalten. In diesem Volumen haben über 80‘000 Neuronen Platz. Uğurbil will mit seiner Forschung nicht nur die Struktur und Funktionsweise des gesunden Hirns erforschen, sondern auch dazu beitragen, Hirnkrankheiten wie Demenz, Schizophrenie oder Parkinson besser zu verstehen.

Magnetresonanz-Hochburg Minnesota

Der 65-Jährige begann seine akademische Laufbahn am US-amerikanischen Robert College in Istanbul. Für sein Physikstudium zog er in die USA, wo er 1971 an der Columbia University den Bachelor, 1977 sein Doktorat in chemischer Physik erlangte. Seit 1982 lehrt und forscht der türkischstämmige Wissenschaftler an der University of Minnesota, unterbrochen durch eine Berufung zum Direktor des Max Planck Instituts für Biologische Kybernetik in Tübingen zwischen 2003 und 2008. Seit 1991 leitet er das Magnetresonanzzentrum der University of Minnesota.

Die Richard-R.-Ernst-Vorlesung wird seit 2009 jährlich zu Ehren des Chemie-Nobelpreisträgers von 1991 gehalten. Sie soll den Austausch zwischen Forschung und Öffentlichkeit fördern und das Bewusstsein für wesentliche Fragen der Zukunft schärfen. Im Rahmen der Veranstaltung wird Kâmil Uğurbil mit der Richard-R.-Ernst-Medaille für seine Verdienste um Gesellschaft und Wissenschaft geehrt.

Richard-R.-Ernst-Vorlesung 2014

Vortrag von Prof. Dr. Kamil Ugurbil «Towards understanding the Human Brain: A marriage between Physics and Neuroscience».

Dienstag, 20. Mai 2014, 16 Uhr, ETH Zürich, Hauptgebäude, Rämistr. 101, Auditorium Maximum. Türöffnung um 15.30 Uhr. Eintritt ist frei.

Anschliessend an den Vortrag findet ein Podium zum Thema «Physical measurements and their interpretation in terms of brain function» statt. An der Diskussion beteiligt sind neben dem Referenten auch Emeritus Richard R. Ernst, ETH Zürich, Professor Anton Valavanis, Universitätsspital Zürich und Professor Klaas Prüssmann, ETH Zürich.

Weitere Informationen: www.lpc.ethz.ch/richard-ernst-lecture/index

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