Bambusvelo für den Alltag
Drei Informatikstudenten der ETH Zürich wollen ein Fahrrad aus Bambus auf den Markt bringen, das nicht mehr als 500 Franken kosten soll. Die ersten Bikes sind nun in Produktion.
Stabiler, leichter, nachhaltiger und schöner: So preist Kevin Klein, Informatikstudent der ETH Zürich, Fahrräder an, die einen Rahmen aus Bambus haben. Stahl oder Aluminium, aus welchem normale Alltagsräder gemacht seien, seien mit viel grauer Energie belastet. «Bambus aber wächst drei Zentimeter pro Stunde, einfach so, ohne dass man einen Finger rühren muss», sagt Klein.
Der 21-jährige ETH-Student ist Geschäftsführer der jungen GmbH «Koala Bicycles», die er zusammen mit Tim Taubner und Philip Junker im Frühling gegründet hat. Ihr Ziel: Ein alltagstaugliches Bambus-Fahrrad, das günstiger ist als heutige Bambus-Velos und besser als die üblichen Strassenmodelle aus Stahl oder Aluminium in dieser Preisklasse. Ein solches Bambus-Gefährt soll nicht mehr als 500 Franken kosten. «Der Preis hebt uns von anderen Produzenten von Bambus-Fahrrädern ab. Bisher musste man mindestens 1200 Franken für ein solches Modell ausgeben, einige kosten sogar über 3000 Franken und sind Liebhaberobjekte», so Kevin Klein.
Erster Preis für Prototyp
Die Idee, Velos aus Bambus anzufertigen, hatte Tim Taubner, dessen familiäre Wurzeln in China liegen. Dort ist er auch auf dieses Material gestossen, wo es für verschiedenste Zwecke verwendet wird. In Europa hingegen traut man Bambus nicht recht und benutzt es kaum. Für Taubner war dies unverständlich und er suchte nach einem Verwendungszweck.
Im Rahmen eines Wettbewerbs des ETH Entrepreneur Clubs lancierte er, der Maschinenbau und Informatik studiert, schliesslich seine Idee eines Bambusvelos – und gewann mit seinem Prototyp den ersten Preis. Auch die Sonderpreise «best added value» und «best innovation» heimste er ein. Dank seiner Wettbewerbsteilnahme zog Taubner die Aufmerksamkeit von Philip Junker auf sich, der sich als Mitbegründer einer Bambusvelo-Firma anerbot. Daraufhin bekundeten die beiden gegenüber Klein ihr Interesse, ihn als ihr Geschäftsleiter einzusetzen. So fanden die Kommilitonen, die sich von ihrem Studium her schon länger kannten, zusammen und gründeten «Koala Bicycles».
Erste Velos in Handarbeit
Um ihr Produkt zu lancieren, hat das Trio eine Vorverkaufsaktion gestartet: Bis zum 10. August konnten sich Kundinnen und Kunden ein für sie massgeschneidertes Bambus-Fahrrad mit selbst zusammengestellten Komponenten bestellen. Kostenpunkt: ab 700 Franken. Seit dem 18. August setzen die drei Studenten die bestellten Fahrräder in einer Werkstatt in Zürich-Oerlikon zusammen. Pro Fahrrad rechnen sie mit bis zu 15 Arbeitsstunden. Am 23. August wollen sie die Produktion dieser Kleinstserie abschliessen und die Fahrräder ausliefern.
Den Bambus für den Rahmen beziehen die Jungunternehmer aus China. Taubners Mutter ist gebürtige Chinesin. Sie nutzte ihre Beziehungen in ihr Heimatland und verhalf ihnen zu einem geeigneten Lieferanten. Die Komponenten wie Tretlager, Gangschaltung oder Bremsen sind jedoch konventionell. Da sich die ersten Kunden ihr Rad selbst zusammenstellen, können die Jungunternehmer auch keine sinnvolle Ökobilanz für ersten Bambus-Fahrräder erstellen. «Bambus ist aber auf jeden Fall viel umweltfreundlicher als Stahl- oder Aluminiumrohr», betont Klein.
Werbetour durch europäische Städte
Von der Vorverkaufsaktion erhoffen sich die Studenten Rückmeldungen von ihren ersten Kunden. Die Rückmeldungen sollen in die weitere Produktion einfliessen. Darauf aufbauend möchten sie ab Mitte September ein «Kickstarter»-Modell für 500 Franken anbieten. Diese Fahrräder sollen nur mehr Standardgrössen und einheitliche Komponenten haben. Von diesen Rädern wollen sie europaweit 300 Stück verkaufen.
Um die Kickstarter-Modelle zu bewerben, planen die Drei ab Mitte September eine Präsentationstour, die sie in mehrere europäische Städte führen soll, unter anderem in die Velostädte Amsterdam und Kopenhagen. Von Mitte bis Ende November soll dann die Montage und Auslieferung der bestellten Fahrräder erfolgen, allerdings werden dann die angehenden Informatiker nicht selbst Hand anlegen. «Die Fahrräder werden für uns in spezialisierten Werkstätten gebaut.» Am besten in einer, die direkt an einem der grossen Häfen Rotterdam oder Hamburg liegt. Das wäre vom ökologischen Aspekt her sinnvoller, da nur ein statt zwei Transporte nötig wäre, und die Kosten für die Auslieferung lägen tiefer.
Erst das Studium, dann das Geschäft
Von ihrem neuen Geschäft können die Studenten (noch) nicht leben. «Wir möchten nicht unser Hobby zum Beruf machen, sondern wir versuchen, das Velobusiness parallel zu unserem Studium aufzuziehen», erklärt Klein. Aber: «Wir wollen mit Bambusvelos nicht einfach eine Nische bedienen, sondern massentauglich sein.»
Noch ist «Koala Bicycles» kein offizieller ETH Spin-off, weil «unsere Geschäftsidee nichts mit Ausbildung oder Forschung der ETH zu tun hat», so Klein. Die drei Firmengründer haben jedoch das Future Cities Laboratory der ETH Zürich in Singapur kontaktiert. Dort beschäftigt sich Dirk Hebel, Professor für Architektur und Konstruktion, mit Bambus als Baumaterial. Klein möchte mit den Fachleuten Knowhow austauschen und dieses für die Fahrradproduktion nutzen. Und dann einen Plan entwickeln, wie «Koala Bicycles» nach der Auslieferung der Kickstarter-Modelle in die Zukunft rollt.