So stellen sich Studierende den Campus Zürich vor

Das Hochschulgebiet soll sich zu einem Wissens- und Gesundheitscluster entwickeln. In Masterarbeiten des Departements Architektur haben Studierende der ETH Zürich Szenarien skizziert, wie man sich einen städtischen Campus im Herzen der Stadt Zürich vorstellen könnte.

Vergrösserte Ansicht: Architekturstudent Andreas Meier erläutert, wie in seinem Entwurf gemeinsam nutzbare Räume dafür sorgen, dass sich Menschen begegnen und austauschen können. (Bild: ETH Zürich / Florian Meyer)
Architekturstudent Andreas Meier erläutert, wie sich Menschen in gemeinsam nutzbaren Räume begegnen und austauschen können. (Bild: ETH Zürich / Florian Meyer)

Wie kann sich das Hochschulgebiet im Zentrum von Zürich zu einem lebendigen Stadtteil und städtischen Campus entwickeln? Mit dieser Frage haben sich 17 Architekturstudierende der ETH Zürich zehn Wochen lang auseinandergesetzt. Der «Campus Zürich» ist eines von drei Themen, in denen sie in diesem Herbst ihr Masterstudium im Departement Architektur abschliessen konnten.

«Wir wollten den Studierenden die Möglichkeit bieten, mit ihren Campus-Szenarien innerhalb einer aktuellen, städtebaulichen Debatte einen Beitrag zu formulieren», sagt Hubert Klumpner, zusammen mit Alfredo Brillembourg einer der Professoren des «Urban Think Tank» an der Professur für Architektur und Städtebau der ETH Zürich, von denen die Aufgabenstellung formuliert wurde. Diese Aufgabenstellung wurde mit ihrem wissenschaftlichen Assistenten Hannes Gutberlet vorbereitet, wobei weitere sechs ETH-Professoren für Architektur individuelle Masterarbeiten betreuten. Zudem unterstützten zusätzliche Professuren die Arbeiten im Bezug auf Landschaftsarchitektur, Verkehr und Mobilität, Energie und Nachhaltigkeit sowie Soziologie und künstlerische Darstellung.

Gemeinsame Räume mitten in der Stadt

In ihrem «Urban Think Tank» untersuchen Brillembourg und Klumpner, wie Menschen in verschiedenen sozialen und kulturellen Umgebungen öffentliche Plätze und Quartiere nutzen und wie sich diese Erkenntnisse auf andere Stadtteile übertragen lassen. Dieser Gedanke spiegelt sich besonders in der konkreten Aufgabe und im Titel des Masterthemas: «Der Begriff des ‹Campus Zürich› bezieht sich darauf, dass sich rund um das Universitätsspital, die Universität und die ETH Zürich ein intensiv und gemeinsam nutzbarer Stadtraum entwickeln kann», erklärt Klumpner.

Seiner Konzeption nach ist ein städtischer Campus durchlässig und mit der umliegenden Stadt ineinandergreifend verbunden. In gemeinsam nutzbaren oder öffentlichen Räumen könnten sich die Menschen begegnen – ähnlich wie das heute auf der Polyterrasse, in der Säulenhalle des ETH-Hauptgebäudes oder im Lichthof der Universität passiert, wo sich Hochschulangehörige mit Gästen und Besuchern durchmischen. Ein Beispiel für offene, ins Stadtleben eingebettete Top-Hochschulen geben die Campuskonzepte der Columbia University in New York oder die Oxford University in England.

Ausser an Referenzbeispielen und Fachliteratur orientiert sich die Aufgabenstellung des Masterthemas auch an den Planungsgrundlagen der laufenden Gebietsentwicklung des Hochschulgebiets Zürich Zentrum, wobei sie sich teilweise von den tatsächlichen Planungsvorgaben unterscheidet, wie etwa in dem Aspekt eines grossen Anteils von gemeinsam genutzten Räumen und Programmen oder der Überlagerung von verschiedenen Nutzungen.

Individuelle Visionen

«Uns liegt es am Herzen, dass die Studierenden eine individuelle städtebauliche Vision entwerfen konnten. Diese sollte zwar auf konkrete, quantitative Ansprüche und Interessen ausgerichtet sein, gleichzeitig aber den Planungsfreiraum haben, qualitative Aspekte wie etwa die Zwischen- und Aussenräume, die stadträumlichen Qualitäten oder Prozesse des Städtebaus eigenständig einzuordnen. Davon erhoffen wir uns ‹frische› Diskussionsbeiträge, wie sich im Hochschulgebiet eine identitätsstiftende, räumliche Gesamtqualität erreichen lässt», sagt Hannes Gutberlet.

Vergrösserte Ansicht: Florian Baumgartner, Cyrill Dettling und Paolo Giannachi (im Bild) verbinden in ihrem städtebaulichen Entwurf das Hochschulquartier und die Bahnhofsstrasse mit einer Ringstrasse. (Bild: ETH Zürich / Florian Meyer)
Florian Baumgartner, Cyrill Dettling und Paolo Giannachi (im Bild) verbinden das Hochschulquartier und die Bahnhofsstrasse mit einer Ringstrasse. (Bild: ETH Zürich / Florian Meyer)

Einige Studierende thematisieren in ihren Visionen denn auch, wie sich der Campus mit Repräsentativbauten an der Rämistrasse verdichten und durch grosszügige Parks oder direkte Verbindungen mit dem Quartier oder der Altstadt aufwerten liesse – die Vorschläge beinhalten zum Beispiel eine S-Bahnstation (Yifei Wang, Andreas Meier), einen Werkhof zwischen ETH Zürich und Universitätsspital (Lex Schaul) oder einen Steig, der sich zwischen Universität und ETH Zürich zum Niederdorf hinzöge (Manuel Lergier).

Andere Studierende skizzieren, wie man die Strassen sowie Frei- und Zwischenräume zwischen den Gebäuden und Strassen nutzbringend und identitätsstiftend erschliessen könnte (Nadine Cenoz, Lex Schaul, Basil Witt, Andrea Kunz, Isabelle Fischer) oder sie berücksichtigen die Etappierung und soziologische Aspekte wie Motivation und Bedürfnisse von Interessengruppen (Joel Baur, Leon Faust, Sara Nigg).

Oder sie machen Vorschläge für gemeinsame Räume und Verbindungen, die stark auf den bestehenden Gebäuden aufbauen: Das können Verbindungsbrücken zwischen den Gebäuden sein (Andreas Meier) oder ein wurzelartiges, unterirdisches Geflecht von Räumen für Mensen, Bibliotheken und Hörsälen (Alexander Müller, Nina Cattaneo).

Eine umfassende städtebauliche Vision haben Florian Baumgartner, Cyrill Dettling und Paolo Giannachi entworfen: Sie würden Bahnhofstrasse und Rämistrasse zu einem metropolitanen Ring zusammenschliessen und so die Repräsentativbauten wichtiger Institutionen miteinander verbinden. Ein Netzwerk von bestehenden Gärten verbinden sie mit einem neuen Park, der den Übergang zum Wohnquartier bildete. «Eine fassbare städtebauliche Vision könnte dazu beitragen, dass die Menschen besser verstehen, welche qualitative Entwicklung sie im Hochschulgebiet erwartet», sagt Paolo Giannachi.

Die Arbeiten wurden Vertreterinnen und Vertretern des Kantons und der drei Institutionen, die an der Planung des Hochschulgebiets beteiligt sind, vorgestellt und positiv aufgenommen. «Ich bin offen für eine Diskussion, wie wir die Ideen der Studierenden in die gegebenen Rahmenbedingungen und in die weitere Gebietsentwicklung einbringen können», sagt Peter Bodmer, Delegierter des Regierungsrates für das Projekt Berthold und die Gesamtkoordination im Hochschulgebiet.

Ausstellung der Architektur-Masterarbeiten

Die Masterarbeiten zum Campus Zürich sind bis zum 12. Januar 2016 im ETH-Hauptgebäude ausgestellt - mit 113 anderen Masterarbeiten aus dem Departement Architektur zu architektonischen oder konstruktiven Themen.

ETH-Hauptgebäude
Rämistrasse 101
Foyers D, E und EO Nord und Süd

Montag - Freitag: 06.00 - 22.00 Uhr
Samstag, Sonntag: 08.00 - 17.00 Uhr

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