Fünf ETH-Projekte gefördert
Gleich fünf Forschende der ETH Zürich erhalten einen der begehrten ERC Consolidator Grants vom Europäischen Forschungsrat (ERC). Ihre Projekte werden mit jeweils rund zwei Millionen Schweizer Franken gefördert.
Schweizer Hochschulen sind einmal mehr sehr erfolgreich im Wettbewerb um die prestigeträchtigen Fördermittel des Europäischen Forschungsrats. Bei der aktuellen Vergabe des Consolidator Grants landet die vergleichsweise kleine Schweiz mit 19 von insgesamt 329 ausgezeichneten Projekten europaweit auf dem 5. Platz. Von diesen Projekten stammen die meisten von Forschenden der ETH Zürich, nämlich fünf. Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen, freut sich über diesen Erfolg: «Wir ermutigen und unterstützen junge Forscherinnen und Forscher dabei, sich mit ihren Projekten zu bewerben und sich um die Auszeichnung zu bemühen. Dass wir bei dieser Vergabe so erfolgreich waren, bedeutet für mich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.»
Fast die Hälfte hat reüssiert
Dass diese Bemühungen gefruchtet haben, zeigt sich auch darin, dass ETH-Forschende in diesem Jahr gleich elf Projekte eingereicht haben. «Die Anforderungen beim Consolidator Grant sind sehr hoch. Die Forschenden müssen zwar schon einen beachtlichen Leistungsnachweis erbringen; gleichzeitig dürfen sie noch nicht zur seit Jahren etablierten Forschergemeinde gehören», erklärt Detlef Günther. Nur schon so viele mögliche Kandidatinnen und Kandidaten an der ETH Zürich zu haben, sei ein Gewinn. Dass davon fast die Hälfte reüssiert habe, sei schlicht grossartig, so der Vizepräsident. Der internationale Vergleich spricht eine deutliche Sprache: Die durchschnittliche Erfolgsrate im übrigen Europa liegt bei den Consolidator Grants nur bei rund dreizehn Prozent.
Hervorragende Investition
Mit diesem Erfolg gehen insgesamt über 12 Millionen Schweizer Franken an Forschende der ETH Zürich. Diese Drittmitteleinwerbung ist für die Hochschule wichtig, aber nicht das einzige Ziel: «Kreative Forschung braucht – ohne Zweifel – genügend Mittel, um sich richtig entfalten zu können. Für uns ist aber besonders wichtig zu sehen, dass sich unsere Forschenden im hochkompetitiven europäischen Forschungsumfeld erfolgreich durchsetzen können. Ich bin überzeugt, dass hier jeder Franken hervorragend investiert ist», so Detlef Günther.
Die fünf Projekte im Kurzüberblick:
Bei vielen Anwendungen geht es darum, die Wellenausbreitung in Materialien zu beeinflussen, etwa beim Schallschutz oder bei der Informationsverarbeitung in Quantencomputern. Sebastian Huber, Assistenzprofessor für theoretische Festkörperphysik, forscht an Designprinzipien für Materialien, deren Verhalten sich mit dem Quanten-Hall-Effekt erklären lässt. Alle bestehenden Arbeiten in diesem Gebiet beschränken sich auf zweidimensionale Strukturen. Im Rahmen seines ERC-Projektes will er diese Einschränkung nun überwinden. Dazu wird er neue dreidimensionale Materialien am Reissbrett entwerfen und diese experimentell untersuchen. Die Resultate sollen den Bau von neuen Wellenleitern ermöglichen, die sich unter extremen Bedingungen einsetzen lassen.
Dennis Kochmann ist Professor am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Er arbeitet an der Schnittstelle von Mechanik und Materialforschung und untersucht, inwieweit sich komplexes Materialverhalten vorhersagen und kontrollieren lässt. In seinem ERC-Projekt möchte er neue Computermethoden entwickeln, mit denen er das Verhalten von metallischen Materialien mit extremer Genauigkeit (bis auf die Ebene von Atomen) simulieren kann – und dies für viel grössere Materialproben und über eine viel längere Zeit als dies heute mit atomarer Genauigkeit möglich ist. Dank dieser Simulationen wird man künftig besser verstehen, was zum Beispiel mit Metallen geschieht, wenn sie umgeformt werden, oder wie es zu Materialversagen durch Korrosion kommt. Ausserdem können die neuen Methoden bei der Entwicklung neuartiger Materialien angewandt werden.
Siddhartha Mishra, ETH-Professor für Angewandte Mathematik, forscht in der Angewandten Mathematik, der Numerischen Analysis und der computergestützten Wissenschaft. In seinem zweiten ERC-Projekt nach dem ERC Starting Grant will er statistische Lösungen für nichtlineare partielle Differentialgleichungen entwickeln und berechnen. Dabei fokussiert er auf Gleichungen, mit denen sich Strömungen modellieren lassen, da statistische Lösungen einen erfolgversprechenden Weg bieten, um komplexe Phänomene wie instabile und turbulente Strömungen zu beschreiben. Mishra kombiniert nun mathematische Theorien und Methoden mit effizienten Algorithmen und Massiv-parallelen Computern. Anwendungen sind in der Klima-Modellierung möglich.
Salvador Pané i Vidal ist Wissenschaftler am Institut für Robotik und intelligente Systeme und ein Experte für Mikro- und Nanoroboter. Sein Ziel ist es, winzige Roboter dereinst im menschlichen Körper anzuwenden, wo sie sich – von aussen über Schallwellen oder magnetische Felder gesteuert – fortbewegen und zielgenau Medikamente abgeben können. In seinem ERC-Projekt möchte Pané i Vidal poröse Nanoroboter entwickeln, die von aussen dazu gebracht werden können, elektrische Felder zu erzeugen. Diese Felder könnten benutzt werden, um in den Poren der Roboter molekulare Nanoventile zu öffnen (zum Beispiel für die Freigabe von Medikamenten) oder um Nervenzellen oder andere Zellen elektrisch anzuregen. Eine zukünftige Anwendung dieser Mikroroboter könnte im Rückenmark oder im Sehnerv liegen. Pané i Vidal hat für die Entwicklung von Mikrorobotern vor vier Jahren bereits einen ERC Starting Grant erhalten.
Die Elementarprozesse aller chemischen Reaktionen und biologischen Umsetzungen laufen ultraschnell ab. Wenn chemische Bindungen brechen oder neue sich bilden, dauert das nur wenige Attosekunden (10−18 s). Auf dieser Zeitskala bewegen sich Elektronen in Atomen, Molekülen, Festkörpern und Flüssigkeiten. Ein Wegbereiter der Attosekunden-Spektroskopie ist Hans Jakob Wörner, ETH-Professor für Physikalische Chemie. So hält er den Weltrekord des kürzesten Laserpulses. In seinem neusten ERC-Projekt – Wörner ist bereits Träger eines ERC Starting Grants – will er nun die Methoden der Röntgenspektroskopie so weiterentwickeln, dass die Elektronenbewegungen auf der Attosekundenskala auch in komplexen Molekülen und in der flüssigen Phase direkt zugänglich werden. Solarzellen sind eine Anwendungsmöglichkeit.
ERC Consolidator Grant
Der Europäische Forschungsrat (externe Seite ERC) kennt verschiedene Förderprogramme. So existiert der ERC Starting Grant für talentierte Jungforschende und der ERC Advanced Grant für etablierte Spitzenforschende. Der Consolidator Grant soll Nachwuchsforschende unterstützen, die sieben bis zwölf Jahre Erfahrung nach Abschluss der Promotion mitbringen, eine vielversprechende Erfolgsbilanz vorweisen können und die Arbeit ihrer bereits erfolgreichen Forschergruppe konsolidieren wollen. Die Projekte werden aufgrund ihrer wissenschaftlichen Exzellenz ausgewählt und mit bis zu 2,35 Millionen Schweizer Franken über fünf Jahre hinweg gefördert.