KITE Award für E-Tutorials
Der KITE Award 2018 geht an Lukas Fässler, Markus Dahinden und David Sichau für ihre «E-Tutorials», mit denen Studierende aller Departemente Programmieren erlernen. Mit dem Award zeichnet die ETH Zürich wegweisende Lehrkonzepte aus.
Ehre für die Lehre: Zum zweiten Mal würdigte die Konferenz des Lehrkörpers der ETH Zürich (KdL) anlässlich der Verleihung des KITE Awards innovative Lehrformen und mithin den aussergewöhnlichen Einsatz der Lehrenden. «Mit dem Preis wollen wir fortschrittliche Lehrkonzepte auszeichnen und Impulse für weitere Ideen geben», sagte Edoardo Mazza, Professor für Mechanik und Präsident der KdL zum Auftakt der Veranstaltung vor rund 300 Gästen im Audimax. So steht «KITE» für «Key Innovation in Teaching at ETH». «Heutzutage reicht es nicht mehr aus, Wissen zu vermitteln», führte Mazza weiter aus. Vielmehr gehe es darum, die Studierenden zu lehren, selbständig und kritisch zu denken und effizient in interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten.
Insgesamt 27 Lehrkonzepte aus allen Departementen der Hochschule waren eingereicht worden; vier kamen in die Endauswahl. Nicolas Gruber, Professor für Umweltphysik, zeigte sich in seiner Rolle als Präsident der KITE-Award-Jury, beeindruckt – nicht nur von der Anzahl der eingereichten Projekte, sondern auch von deren Vielfalt. «Die verschiedenen Ideen decken alle Bereiche der Lehre ab, sie reichen von einzelnen Veranstaltungen bis hin zu ganzen Studiengängen und sind eine Inspiration für uns alle.» Gewinner des Abends war schliesslich ein Projekt, dessen Initiatoren am wenigsten damit gerechnet hatten. Lukas Fässler, Markus Dahinden und David Sichau wurden für ihre «E-Tutorials» mit dem KITE Award ausgezeichnet. «Es ist ein herausragendes Beispiel für eine studierendenzentrierte Lehre», sagte Jurymitglied Professor Heribert Nacken, Rektoratsbeauftragter für Blended Learning an der RWTH Aachen.
Die drei Dozierenden vom Departement Informatik (D-INFK) haben externe Seite Informatik-Tutorials entwickelt, bei denen Studierende den Detailierungsgrad nach ihren eigenen Bedürfnissen wählen und anhand von Beispielen das Programmieren üben können. «Wir dachten, wir hätten keine Chance, sind wir doch das einzige Team ohne Professoren», sagte Lukas Fässler ganz überwältigt vom Sieg, während er mit seinem Team den Award von ETH-Rektorin Sarah Springman entgegennahm. Die Grundidee für die Tutorials war bereits vor 18 Jahren entstanden und wurde seitdem kontinuierlich weiterentwickelt.
Lehrende können unser Leben prägen
Wie wichtig eine fortschrittliche Lehre und engagierte Lehrende sind, veranschaulichte Suzan LeVine in ihrer Keynote-Ansprache. Die ehemalige US-Botschafterin in der Schweiz erzählte von einer Lehrerin, die ihr Leben entscheidend prägte. Diese Lehrerin haben sie mit ihrem interaktiven Unterricht für die Naturwissenschaften begeistert, sodass sie später Maschinenbau studiert habe.
Suzan LeVine betonte, dass es heute darum gehen müsse, den Studierenden die richtigen Fähigkeiten für das 21. Jahrhundert mit auf den Weg zu geben. «In Zukunft werden wir mehr denken und weniger wissen müssen». Das Wissen sei im Internet verfügbar, doch müssten wir lernen, das Richtige herauszufiltern. Kernkompetenzen sind für LeVine, die zuvor auch bei Microsoft tätig war, Kommunikation, Zusammenarbeit, Kulturverständnis, kritisches Denken und digitales Know-how.
Auch Mirko Meboldt, ETH-Professor für Produktentwicklung und Konstruktion, der 2016 den ersten KITE Award gewonnen hatte, hob die Bedeutung der Lehre hervor. Auf Wunsch der KdL hat er für den Anlass ein Geschenk für alle vier Teams produziert, die es in die Endauswahl geschafft haben. Die Teammitglieder erhielten ein Möbius-Band. «Es symbolisiert für mich das humboldtsche Bildungsideal und zeigt, dass Forschung und Lehre unabdingbar zusammengehören», erklärte Meboldt.
Kite Award 2018
ETH-Professor Mirko Meboldt (rechts von der Gruppe) überreicht den Nominierten ein Möbius-Band.
Der grosse Moment der Preisverkündigung. Die Protagonisten und Protagonistinnen des KITE Award 2018.
Die nominierten Lehrkonzepte
Ein virtuelles Programmierlabor: Lukas Fässler, Markus Dahinden und David Sichau vermitteln über 800 Erstsemestrigen aus fünf Departementen die Grundlagen der Informatik mit ihrem Lehrprojekt «E-Tutorials». Dazu schicken die Dozierenden vom Departement Informatik (D-INFK) die Studierenden in ein virtuelles Programmierlabor. Dort lösen sie mit realen Daten aus ihren Fächern praxisnahe Probleme, wie etwa die Eindämmung einer sich ausbreitenden Krankheit, die Berechnung einer Meeresströmung oder die Kontrolle der Auswirkungen eines Medikaments im Blut eines Patienten. Angeleitet werden die Studierenden von einem auf ihre Kenntnisse abgestimmten E-Tutorial, das ihnen zudem erlaubt, ihr Wissen selbst zu überprüfen.
Mit Studierenden neue Lehrformen entwickeln: Katja Köhler und Ernst Hafen haben 2016 am Departement Biologie (D-BIOL) das «Center for Active Learning» gegründet, dem sich bisher 22 Dozierende angeschlossen haben. Studierende und Doktorierende unterstützen dort Dozierende dabei, neue Lehrmittel zu entwickeln und interaktive Lehrformen umzusetzen. So etwa den «Flipped Classroom», bei dem sich die Studierenden schon vor der Veranstaltung den Lehrstoff per Video und Unterlagen aneignen und den Präsenzunterricht zur Diskussion nutzen. Oder die Analyse von quantitative Daten zum Lernverhalten der Studierenden.
Nachhaltig lernen: Volker Hoffmann lehrt in seinem Kurs «Corporate Sustainability» nicht nur theoretische Konzepte zu Nachhaltigkeit, sondern hält die Studierenden zum kritischen Reflektieren an – und zum praxisnahen Anwenden des Gelernten. Dazu nutzt er interaktive Videos und E-Module und setzt die Methode des Sechs-Sätze-Arguments (6SA) ein. Im zweiten Teil des Semesters entwerfen die Studierenden anhand von Firmenbeispielen in gecoachten Kleingruppen Consulting-Strategien, bereiten Streitgespräche vor oder berechnen ökonomische Modelle.
Kreative Ideen durch «Design Thinking»: Bei der ETH-Woche kommen die Studierenden in Kontakt mit Expertinnen und Experten, um Probleme zu identifizieren und sie durch neue und kreative Ansätze zu lösen. Unterstützt werden die rund 180 Teilnehmenden dabei von Tutorinnen und Tutoren. Stefano Brusoni, Alan Cabello und Lindsa Armbruster haben das «Design Thinkings» 2017 fest in die ETH-Woche integriert. Mit der mehrstufigen, prozessorientierten Methode lernen Studierende, schnell Probleme zu lösen und neue Ideen zu entwickeln.