Dürre erhöht die CO₂-Konzentration in der Luft

In trockenen Jahren steigt die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre schneller an, dies zeigt eine aktuelle Studie von ETH-Forschenden. Grund dafür ist, dass gestresste Ökosysteme weniger Kohlenstoff aufnehmen. Der globale Effekt ist stärker als bisher angenommen und muss in die nächste Generation von Klimamodellen integriert werden.

Trockenheit stresst Ökosysteme
Trockenheit stresst Ökosysteme so, dass sie weniger Kohlendioxid aufnehmen. Weltweit ist dieser Effekt ausgeprägter als bisher angenommen (Bild: Colourbox).

Ökosysteme auf dem Land absorbieren durchschnittlich 30% der menschengemachten CO2-Emissionen und mildern so den Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Aber Pflanzen brauchen Wasser um zu wachsen. Wenn eine Dürre auftritt und die Böden austrocknen, reduzieren Pflanzen ihre Photosynthese. Sie reduzieren ihre Aktivität, um Wasser zu sparen und ihr Gewebe zu erhalten. Dadurch können sie kein Kohlendioxid mehr aus der Umgebungsluft abscheiden und es verbleibt mehr in der Luft. Dieser Effekt ist im Labor leicht zu beobachten, seinen Einfluss auf den gesamten Planeten zu messen hat sich allerdings als schwierig erwiesen. Eine der grössten Herausforderungen: herauszufinden, wo und wie oft Dürren weltweit auftreten. Vincent Humphrey, Klimaforscher in der Gruppe von Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima-Dynamik an der ETH Zürich, hat in einer neuen Studie mit innovativer Satellitentechnologie die globale Empfindlichkeit von Ökosystemen gegenüber Wasserstress berechnet. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Laboratoire des Sciences du Climat et de l'Environnement (Frankreich) und der Universität Exeter (Grossbritannien) durchgeführt.

Vergrösserte Ansicht: Infografik Duerre CO2
Ökosysteme auf dem Land sind wichtig für die Absorption von menschengemachten CO2-Emissionen.

Mit Satelliten Dürren messen

Pflanzen können dank ihrer Wurzeln auch Wasser aus tiefen Bodenregionen erreichen. Herkömmliche Satelliten sehen aber nur, was an der Oberfläche passiert und können nicht messen, wie viel Wasser tief unter der Erde verfügbar ist. Seit einigen Jahren wird eine neuartige Satellitenmission verwendet, um extrem kleine Veränderungen im Schwerefeld der Erde zu messen. Veränderungen in der Wasserspeicherung verursachen genau solche kleinen Störungen des Gravitationsfeldes. Wenn es in einer bestimmten Region eine grosse Dürre gibt, ist die Wassermasse dort geringer und die Schwerkraft in dieser Region etwas schwächer. Solche Schwankungen sind so klein, dass sie für den Menschen nicht wahrnehmbar sind. Aber mit Satellitenmessungen sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Lage, grössere Veränderungen in der Wassermasse mit einer Genauigkeit von etwa vier Zentimetern überall auf dem Planeten abzuschätzen.

Diese Karte zeigt Anomalien in der Wasserspeicherung
Diese Karte zeigt Anomalien in der Wasserspeicherung, die aus Störungen des Gravitationsfeldes der Erde geschätzt werden. Das Jahr 2015 war im Durchschnitt besonders trocken, mit intensiven Dürren in Südamerika, Südafrika und Osteuropa. (Daten: NASA-GSFC; Bild: ETH Zürich/Vincent Humphrey).

Schnellerer Anstieg in trockenen Jahren

Dank dieser neuen Satellitenbeobachtungen konnten Humphrey und seine Kolleginnen und Kollegen den globalen Einfluss von Dürren auf die Nettokohlenstoffaufnahme der Ökosysteme messen. Sie verglichen die jährlichen Veränderungen der Gesamtwassermasse über alle Kontinente mit den globalen Messungen des CO2-Anstiegs in der Atmosphäre. In den trockensten Jahren, wie z.B. im Jahr 2015, haben Ökosysteme etwa 30% weniger Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernt als in einem normalen Jahr. Dadurch stieg 2015 die CO2-Konzentration in der Atmosphäre, im Vergleich zu normalen Jahren, schneller an. Im feuchtesten Jahr 2011 war das Gegenteil der Fall. Dank einer gesunden Vegetation verlief der Anstieg der CO2-Konzentration deutlich langsamer. Diese Ergebnisse helfen zu verstehen, warum das atmosphärische CO2-Wachstum von Jahr zu Jahr stark schwankt, obwohl die CO2-Emissionen durch menschliche Aktivitäten im Vergleich dazu recht beständig sind.

Entscheidend bei der Überwachung von Emissionen

Im letzten Jahrhundert ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre aufgrund menschlicher Aktivitäten stetig gestiegen. «Jetzt, da sich die meisten Länder der Welt darauf geeinigt haben, die CO2-Emissionen zu begrenzen, stehen wir vor der Herausforderung, die menschlichen CO2-Emissionen mit einer höheren Genauigkeit als je zuvor zu überwachen», sagt Vincent Humphrey. Um die Auswirkungen der Klimapolitik genau beurteilen zu können, müssen die Forscher zunächst Vegetationsmodelle entwickeln, die die jährlichen Störungen durch natürliche Ökosysteme quantifizieren und vorhersagen können. «Unsere neuen Ergebnisse beweisen, dass die Auswirkungen von Dürren stärker sind als bisher von Vegetationsmodellen geschätzt», betont Sonia Seneviratne. Die Beobachtungen müssen deshalb in die nächste Modellgeneration integriert werden. Diese angepassten Modelle könnten helfen, CO2-Emissionen genauer zu bestimmen und dadurch auch besser zu überprüfen, ob die in internationalen Klimaabkommen festgelegten Emissionsziele erreicht werden.

Literaturhinweis

Humphrey V, Zscheischler J, Ciais P, Gudmundsson L, Sitch S, Seneviratne SI: Sensitivity of atmospheric CO2 growth rate to observed changes in terrestrial water storage. Nature, 30. August 2018. doi: externe Seite 10.1038/s41586-018-0424-4  

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