Klimaszenarien CH2018: Die Schweiz erwärmt sich weiter

Die Schweiz wird trockener, heisser, schneeärmer und kämpft künftig mit heftigeren Niederschlägen – zu diesem Ergebnis kommen Klimaforschende von MeteoSchweiz und der ETH Zürich. Heute präsentierten sie die im Auftrag des Bundes erstellten Klimaszenarien CH2018. Sie bilden die Basis für die Anpassungsstrategie des Bundes an den Klimawandel.

Klimaszenarien Symbolbild

Gemüsebauern bewässern die trockenen Böden, Tropennächte rauben Menschen den Schlaf und Hausbesitzer kämpfen mit Überschwemmungen. Eine Zukunft, die gemäss den Resultaten der Klimaszenarien bei ungebremstem Klimawandel absehbar ist. Bereits heute ist es wärmer als früher in unserem Land. «Wir müssen uns auf die Klimaveränderungen einstellen und uns anpassen», weiss Andreas Fischer, Projektleiter der Klimaszenarien CH2018 bei MeteoSchweiz.

Künftig noch höhere Temperaturen

Die neuen Szenarien bestätigen und erweitern das bisher bekannte Bild des Klimawandels. Sie zeigen vier Hauptveränderungen, die das Klima ohne verstärkten weltweiten Klimaschutz in der Schweiz Mitte Jahrhundert prägen:

1. Trockene Sommer

Die mittlere Regenmenge nimmt im Sommer langfristig ab, während die Verdunstung mit steigender Temperatur zunimmt. Entsprechend werden die Böden trockener. Die bodennahe Lufttemperatur steigt im Durchschnitt der Sommermonate Juni bis August um 2,5 - 4,5°C im Vergleich zu heute. Gleichzeitig fällt bis zu einem Viertel weniger Regen. Die längste Trockenperiode ohne Niederschlag kann so im Sommer knapp drei Wochen dauern.

2. Mehr Hitzetage

Die Höchsttemperaturen steigen erheblich stärker als die Durchschnittstemperaturen. An den heissesten Tagen im Sommer wird es 2 - 5,5°C wärmer als heute. Hitzesommer wie in den Rekordjahren 2003 und 2018 können so zur Norm werden. Hitzewellen werden häufiger und extremer. Dabei ist die Hitzebelastung in tief gelegenen städtischen Gebieten am grössten.

3. Heftige Niederschläge

Einzelne Starkniederschläge werden in Zukunft häufiger und intensiver ausfallen als heute. Der stärkste Niederschlagstag des Jahres wird durchschnittlich etwa 10% mehr Regen bringen.

4. Schneearme Winter

Die Winter werden deutlich wärmer als heute, möglich ist ein Temperaturanstieg von 2 - 3,5°C. Es fällt mehr Niederschlag – nicht in Form von Schnee, sondern aufgrund der höheren Temperaturen eher in Form von Regen. Schnee wird seltener und weniger. Die erwartete Schneebedeckung in tiefen Lagen ist nur noch etwa halb so gross wie heute. Die winterliche Nullgradgrenze klettert von heute 850 auf bis 1500 m ü. M. Entsprechend stark schrumpfen die schneereichen Gebiete der Schweiz.

Klimazukunft verlangt nach Anpassung

Die Klimaszenarien CH2018 basieren auf den neusten Klimamodellen und erlauben den bisher genausten Blick in die Klimazukunft der Schweiz. Die Forschenden berechneten das Schweizer Klima für die nächsten hundert Jahre und betrachteten dabei neben möglichen Entwicklungen ohne zusätzlichen Klimaschutz auch ein IPCC-Szenario mit Schutzmassnahmen, welche den globalen Temperaturanstieg auf 2°C gegenüber dem vorindustriellen Zustand begrenzen.

Es zeigt sich, dass Klimaschutz durchaus wirkt: «Mit konsequentem Klimaschutz liessen sich bis Mitte des 21. Jahrhunderts etwa die Hälfte, bis Ende Jahrhundert zwei Drittel der möglichen Klimaveränderungen in der Schweiz vermeiden», sagt Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich.

Trotz aller Bemühungen lässt sich die globale Erderwärmung im besten Fall begrenzen. Die Schweiz setzt deshalb auch auf eine effiziente Politik der Anpassung. Die Klimaszenarien CH2018 sind eine zentrale Klimadienstleistung und bilden die Planungsgrundlage für die Bundesstrategie zur Anpassung an den Klimawandel.

Im Bundesauftrag erstellt

Das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz hat das Mandat des Bundesrates, regelmässig Klimaszenarien zu erstellen. In diesem Rahmen sind die Klimaszenarien CH2018 entstanden. Sie liefern Entscheidungsträgern Planungsgrundlagen für den Klimaschutz und Anpassungen an den Klimawandel. Die Szenarien richten sich an die Bedürfnisse von Nutzern und Nutzerinnen aus Verwaltung, Politik und Wirtschaft und sind für die Anwendung anschaulich aufbereitet.

Entwickelt wurden die Klimaszenarien CH2018 vom Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz, der ETH Zürich (Center for Climate Systems Modelling C2SM) und der Universität Bern (Oeschger-Zentrum für Klimaforschung OCCR) unter Mitwirkung von ProClim. Herausgeberin ist das National Centre for Climate Services NCCS. Auf der neuen Webplattform des NCCS sind die Klimaszenarien und viele weitere Klimadienstleistungen frei verfügbar.

Kommentare

Kommentar schreiben

Kommentar schreiben

Wir freuen uns, wenn Sie an dieser Stelle Artikel aus den ETH-Newskanälen kommentieren, Fragen stellen oder auch auf Kommentare anderer Leserinnen und Leser reagieren. Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarregeln.

11 Kommentare

  • Marc Ess22.07.2020 13:10

    Wenn CO2 die Infrarotstrahlen zurück zur Erde leitet, dann müssen die von der Sonne gesendeten Strahlen ebenfalls zurück in den Weltraum geleitet werden. Wurde das schon einmal untersucht und lautet das Resultat,

     
       
    • Marcus Dapp20.11.2018 15:35

      Das wichtigste hat die Redaktion vergessen, die Links: www.klimaszenarien.ch: Alle Informationen und Daten zu den neuen Klimaszenarien www.nccs.ch: Die neue Webplattform für alle Klimadienstleistungen in der Schweiz

       
      • ETH News Redaktion20.11.2018 15:58

        Danke für den Nachtrag, aber ganz haben wir die Links nicht vergessen, s. Randspalte rechts oben.

         
         
       
    • Daniel Alder15.11.2018 02:50

      «Mit konsequentem Klimaschutz liessen sich bis Mitte des 21. Jahrhunderts etwa die Hälfte, bis Ende Jahrhundert zwei Drittel der möglichen Klimaveränderungen in der Schweiz vermeiden» Wenn man HEUTE beginnen würde. Nicht mit diskutieren, sondern mit vermeiden. Leider ist die ach-so-innovative Schweiz schnell ziemlich kleinlaut, wenn es darum geht, das Erforschte dann auch umzusetzen. Die meist ökonomisch-politischen Gründe sind ja gemeinhin bekannt, aber bemerkenswert finde ich, dass ausgerechnet auch Grüne und Umweltverbände bremsen, weil damit halt auch die Landschaft verändert wird oder etwas radioaktiver Müll entsteht. Nun, ich bin jetzt seit 35 Jahren auf dieser Erde und sie hat sich seither trotz Kyoto-Protokoll stark erwärmt. Mitte des 21. Jahrhunderts bin ich doppelt so alt. und ich glaube, dass sich frühestens in 15 Jahren erste griffige Massnahmen zeigen. Und auch das nur, wenn zuvor etwas mit einer ähnlichen Wucht wie #MeToo die Welt aufrüttelt. Diese Massnahnen reichen dann aber nur noch, um etwas Schub von der Titanic zu nehmen. Der Eisberg-Kurs ist so aber kaum noch zu korrigieren. Gut, dass es bis dann keine Eisberge mehr gibt...

       
         
      • Rolf Linz14.11.2018 16:44

        Erstaunlich die genauen Angaben, wie die Beeinflussung der Klimaerwärmung durch die Reduktion unserer CO2-Emission möglich wäre ! Ob die alleinige Fokussierung auf die CO2-Emission wohl genügt ?

         
           
        • Leonardo Miotti13.11.2018 14:59

          Treibhausgas-Emmissionen stammen zu 28% von China und zu 16% von der USA. Weltweit sind angeblich über 1000 Kohlekraftwerke in Planung, vorab neu wieder in China. Deutschland hält die EU-Richtlinien für Kohlekraftwerke auch nicht ein und ich habe mich entschlossen, meine Bratwurst nicht mehr auf dem Kohlegrill zu grillieren.

           
          • Reto Knutti14.11.2018 10:18

            Jedes Land muss seinen Emissionen auf Null bringen um die Klimaziele von Paris zu erreichen. Auch wir.

             
             
          • Munas Derweil14.11.2018 07:13

            Was wollen Sie uns genau damit sagen? Dass wir in der Schweiz obgleich unserer pro Kopf jahrzehntelang vielfachen CO2-Emissionen verglichen mit China keinen Handlungsbedraf haben?

             
             
           
        • Peter Brunner13.11.2018 14:50

          Der "ökologische Fussabdruck" ist relevant: Europäer: 3,2; Afrikaner / Asiaten / Araber: 0,4. Aber: Geburten: Europäer: 0,8 / andere: 3,3 Der Fussabdruck / Energieverbrauch von täglich geborenen etwa 8 Afrikaner etc, ist grösser als von gleichzeitig geborenen etwa 1 Europäern. Die Entwicklungsländer tragen mehr zur Klimaerwärmung bei als die Europäer, den bedeutend kleineren Fussabdruck des Einzelnen machen diese mehr als wett, durch die gleichzeitig sich vermehrende Anzahl Einwohner. Europa kocht mit elektrisch, Afrika kocht mit Holz, Asien mit Gas, Arabien mit Petrol. Einfach zu erklären, was mehr CO2 erzeugt. Das Klima entsteht nicht isoliert in Europa, sondern es gibt einen Luft- und Abgas-Austausch zwischen den Kontinenten. Die Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungsländern ist der Hauptgrund für die vielen Abgase und deren stetige Zunahme.

           
          • Urs Ulrich19.10.2019 19:05

            Lieber Peter! Auf dem afrikanischen Kontinent finden, flächengleich, ganz Europa von Skandinavien bis Kreta, der indische Subkontinent, Japan, die USA und Madagaskar locker Platz! Und, ja wir sind zwischenzeitlich sehr viele geworden in den letzten 120 Jahren. Mein Grossvater ist anfangs zwanzigstes Jahrhundert bei Regen und Schnee eine Stunde zu Fuss zur Arbeit gegangen, und abends wieder zurück! Vermutlich hat er, als etwa fünfundsiebzig Kilo schwerer Mann etwa 3000 kCal pro Tag verbraucht. Heute benutzen wir für einen Arbeitsweg von diesem Ausmass meistens ein Auto. Ein durchschnittliches Auto wiegt wahrscheinlich etwa 800 Kilo. Bei 75 Kilo brauch Heute ein Arbeitnehmer bei einem 5 kilometrigen Arbeitsweg (10 Km hin und her) individuell 11,7 mal soviel Energi wie mein Grossvater und wenn ich's aufrechne von damals 1,3 Mio Abeitnehmende auf heute 3,4 Mio (40% der jeweiligen Bevölkerung), dann hat sich der energetische Arbeitsaufwand nur schon für den Arbeitsweg mehr als mindestens verdreissigfacht, zumal heute nicht mehr nur Männer einer Lohnarbeit nach gehen und die Wege auch länger geworden sind. Kurz, unsere Energieeffizienz ist nur schon durch die Bewältigung unserer Arbeitswege dramatisch reduziert worden! Weshalb wir dieses Jahr ja auch schon seit Juli auf Pump leben!

             
             
          • Reto Knutti14.11.2018 10:16

            Ohne Zweifel brauchen mehr Menschen mehr Ressourcen, daher muss insbesondere Bildung und Zugang zu Medizin/Verhütung in diesen Ländern verbessert werden. Aber die top 10% der Menschen (d.h. wir) verursachen rund die Hälfte aller CO2 Emissionen. Und am Schluss müssen alle Emissionen auf Null, es geht also nicht um "wir" gegen "die anderen". Hier eine differenzierte Betrachtung der Bevölkerungsfrage: https://www.higgs.ch/klimawandel-sind-weniger-geburten-die-loesung/14203/