Beatmungssysteme auf dem Prüfstand
ETH-Forschende haben einen Prüfstand aufgebaut, um damit neu entwickelte Beatmungssysteme auf Herz und Nieren zu testen.
Im Zuge der Coronakrise ist weltweit die Nachfrage nach Beatmungsgeräten gestiegen. Etliche Hersteller arbeiten deshalb fieberhaft an der Entwicklung neuer Beatmungssysteme, die in erster Linie den Ländern zugutekommen sollen, die sich teure Hightech-Geräte nicht leisten können.
Doch ganz so einfach ist das nicht. Ehe solche Systeme im industriellen Massstab produziert werden können, bedarf es standardisierter Tests. Und weil auch an der ETH Zürich zurzeit ein Beatmungsgerät in Entwicklung steht, haben Forschende der Professur für Produktentwicklung und Ingenieurdesign einen Prüfstand aufgebaut, mit dem sie verschiedenste Beatmungssysteme eingehend untersuchen können.
«Unsere Tests sind standardisiert, und wir testen die Beatmungsgeräte den Normen entsprechend», sagt Gruppenleiterin Marianne Schmid Daners. Die Hersteller von Beatmungsgeräten könnten damit also bereits während der Entwicklung ihre Systeme laufend testen.
Lungen von Erkrankten abbilden
In ihrem Prüfstand setzen Schmid Daners und ihr Team einen Dummy-Kopf und eine mechanische Lunge («Testchest») ein. Beides sind Leihgaben des Simulationszentrums des Universitätsspitals Zürich. Der «Testchest» dient normalerweise zur Schulung von Spitalpersonal. Die ETH-Forschenden nutzen ihn nun dafür, um die Verhältnisse der Lunge realistisch abzubilden und dabei die Drücke in der Lunge und im Beatmungsgerät als auch das Beatmungsvolumen zu messen.
Dem «Testchest» ist ein Computermodell hinterlegt, mit dem die Forschenden entsprechende Lungencharakteristiken und Atmungseigenschaften der Erkrankten abbilden können, wie zum Beispiel im Fall einer Covid-19 Erkrankung. Mit dem Dummy-Kopf können die ETH-Forschenden kontrollieren, ob die Atemmasken sitzen. Zusätzlich müssen bei der Prüfung das gesamte System, Beatmung und deren vorgesehene Verbindungen getestet werden.
Testen können die Forschenden alle möglichen Systeme, unabhängig davon, ob sie von kommerziellen Anbietern, aus Forschungslaboren oder von Privatpersonen stammen. Geprüft werden unter anderem der Druck, den ein Beatmungsgerät aufbauen kann, das Atemvolumen oder die Sauerstoffzufuhr in die Lunge.
Drei Systeme getestet
Auf ihrem Prüfstand haben die Ingenieurinnen und Ingenieure bisher drei verschiedene Beatmungssysteme getestet. Zwei stammen von externen Firmen und eines von einer Forschungsgruppe um ETH-Professorin Kristina Shea. Dieses Projekt war auch der Auslöser für das Bereitstellen eines Prüfstands. Marianne Schmid Daners ist in beide Projekte involviert. Das Team entwickelt zurzeit ein einfaches, kostengünstiges Beatmungsgerät, das in Notfallsituationen eingesetzt werden kann. (vgl. ETH-News vom 12.05.2020)
Entstanden ist das Prüfstand-Projekt im Rahmen der «helpfulETH»-Initiative des ETH-Rats. «Der Prüfstand steht bis auf Weiteres zum Testen von neuartigen Beatmungssystemen zur Verfügung», betont Schmid Daners.
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Um die Forschung zum neuen Coronavirus voranzutreiben, hat die ETH Zürich über 20 Projekte aus unterschiedlichen Fachbereichen gutgeheissen. Die Spezialbewilligungen erlaubt es Forschenden, ihre Arbeit im Labor wiederaufzunehmen respektive fortzuführen. Die Projekte lassen sich in vier Clustern bündeln: Diagnostik, Wirkstoff- und Impfstoffsuche, Epidemiologie, Schutzkleidung und Intensivbehandlung.