Mit mehr Schub aus der Corona-Pause
Das Studierendenteam von Swissloop nutzte die Corona-Pause, um ihre Technologien im Kern zu verbessern. Gestern hat es seinen «Forschungs-Pod» vorgestellt. Sein Herzstück, ein technologisch verfeinerter Linearmotor, soll künftige Prototypen noch schneller machen.
Nicht mit dem Flugzeug, Zug oder Auto, sondern in superschnellen Kapseln in Vakuumröhren sollen wir künftig reisen. Diese Vision steht hinter dem Namen Hyperloop. 2017 hat der SpaceX-Gründer Elon Musk einen Geschwindigkeitswettbewerb ins Leben gerufen, bei dem Studierendenteams aus der ganzen Welt mit Kapsel-Prototypen, sogenannten Pods, auf einer Teststrecke in Los Angeles gegeneinander antreten.
Seit Beginn nimmt Swissloop – das Team von Studierenden der ETH Zürich und weiterer Schweizer Hochschulen – daran Teil und baut dafür jedes Jahr einen Pod. Zweimal schaffte es das Team dabei unter die besten drei.
Aussen klein…
Gestern hat Swissloop seinen neusten Pod vorgestellt: Er trägt den Namen «Simona de Silvestro», wie die erfolgreiche Schweizer Automobilrennfahrerin. Mit 2.05 Metern ist der neue Pod deutlich kürzer als seine Vorgänger, hat ein Alu- statt ein Carbonchassis und auch eine deutlich kleinere Batterie sowie einen kleineren Motor als seine Vorgänger.
«Baby-Pod» nennt ihn der Masterstudent Michael Rogenmoser wegen seiner Dimensionen liebevoll. Rogenmoser ist bei Swissloop Leiter des Elektronik-Teams. Das «Baby» war ursprünglich so nicht geplant, wurde aber aus einer speziellen Situation geboren: Zuerst zeichnete sich Ende 2019 bereits ab, dass die Firma SpaceX den Wettbewerb 2020 ausfallen lassen dürfte, dann kam die Pandemie.
Plötzlich änderten sich die Prioritäten: Ohne Wettbewerb galt nicht mehr «Geschwindigkeit um jeden Preis». Stattdessen nahm sich Swissloop vor, den Schwachstellen aus dem vergangenen Jahr auf den Grund zu gehen und die Komponenten im Kern zu verbessern.
Das technische Design des nächsten Pods stand im Frühling bereits. Jetzt hatte das Swissloop-Team aber plötzlich viel mehr Zeit für Simulationen und Tests. Rogenmoser sagt: «Wir wollten die Komponenten, die wir entwickeln, viel genauer verstehen.» Dafür reichte auch ein kleinerer, günstigerer Prototyp.
…aber innen fein
Im neuen Pod hat Swissloop alles besser aufeinander abgestimmt, hier ein wenig Gewicht und dort etwas Platz eingespart. Viel Energie floss aber in die Arbeit am Linearmotor. Dieses eigens entwickelte Herzstück kam beim letztjährigen Pod mit dem Namen «Claude Nicollier» erstmals zum Einsatz und brachte dem Team den zweiten Platz ein.
Es gebe aber noch viel Luft nach oben, erklärt der Elektronik-Chef Rogenmoser. Zum Beispiel bei der Beschleunigung: «Je schneller sich der Linearmotor bewegt, desto schwieriger wird es, zusätzlich zu beschleunigen. Im letzten Jahr stiess der Pod hier an seine Grenze».
Um die Kräfte im Linearmotor besser zu verstehen und zu kontrollieren, mussten die Studierenden die Motorsteuerung, den sogenannten Inverter, von Grund auf neu planen und entwickeln. Jetzt können Sie den Motor viel differenzierter ansteuern, und auch genauer messen, wie sich veränderte Einstellungen auswirken. Rogenmoser sagt: «In diesem Jahr haben wir die Basis geschaffen, dass wir wirklich an jedem Schräubchen einzeln drehen können».
Beitrag zur Forschung
Das Team schielt damit nicht nur auf einen Sieg an künftigen Wettbewerben, sondern will auch in der Forschung vorne mit dabei sein. Mit ihrem Linearmotor seien sie in einer Pionierrolle, sagt Rogenmoser: «Wir sind eine der wenigen Gruppen auf der Welt, die mit einem so grossen Linearmotor so schnell fahren können».
Erkenntnisse aus der Entwicklung des Swissloop-Motors sind also potenziell auch wissenschaftlich relevant. Swissloop hat deshalb als Verein auch damit begonnen, (virtuelle) Seminare zur veranstalten. Forschende, die an Hyperloop-Technologien forschen, teilen dort ihre Erkenntnisse mit interessierten Studierenden aus aller Welt.
Auch wenn keine Studierenden-Wettbewerbe in Kalifornien stattfinden, wollen die ETH-Studierenden von Swissloop einen Beitrag zur Hyperloop-Vision leisten. In diesem Jahr konnten sie ihren Pod im Rahmen der Fokusprojekte am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik entwickeln. Irgendwann muss dann aber wieder ein Wettkampf her. Und aus dem «Baby-Pod» soll dann ein noch besserer, schnellerer und soliderer Pod werden.