Hohe Auszeichnung für Proteomikpionier
Ruedi Aebersold, Professor für molekulare Systembiologie der ETH Zürich und der Universität Zürich, erhält den Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist. Geehrt wird Aebersold für die Mitbegründung und Weiterentwicklung der Proteomik. Diese Fachrichtung der Biologie gilt als Grundstein für die personalisierte Medizin der Zukunft.
Im Körper, in einem Organ oder auch nur in einer einzelnen Zelle laufen jederzeit unzählige biochemische Reaktionen ab, die Grundlagen der Lebensprozesse. Dabei spielen Proteine eine zentrale Rolle. Ruedi Aebersold, emeritierter Professor für molekulare Systembiologie der ETH und der Universität Zürich, hat es sich in seiner Forschungslaufbahn zur Aufgabe gemacht, sämtliche Proteine eines lebenden Organismus’ oder einer Zelle zu einem gegebenen Zeitpunkt – das Proteom - quantitativ und qualitativ erfassen zu können, also nicht nur die verschiedenen Proteinspezies zu finden, sondern auch deren Mengen zu bestimmen. Dafür nutzte er analytische Methoden der Massenspektrometrie und entwickelte diese Methodik laufend weiter.
Mit seiner Herangehensweise läutete Aebersold einen Paradigmenwechsel zur quantitativen Messung und systemischen Betrachtung von Proteinen ein und veränderte dadurch das Verständnis von Organismen und der Biologie im Allgemeinen. Durch sein Schaffen hat der Forscher auch die translationale Medizin beeinflusst und legte einen Grundstein für die personalisierte Medizin von morgen.
«Die Auszeichnung mit dem Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist ist eine grosse Ehre für mich und mein tolles Team. Er honoriert gleichzeitig die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit von Forschenden und den offenen Austausch von Messdaten - beides Grundlagen für den Erfolg der Proteomik und den wissenschaftlichen Fortschritt im Allgemeinen», freut sich Aebersold.
«Herausragende Leistungen»
Aebersold ist seit Anfang des Jahres emeritiert und hat seine Forschungsgruppe mittlerweile aufgelöst. Dennoch bleibt er in der Forschung tätig, wenn auch nicht mehr im Labor. Er leitet derzeit und bis Ende 2023 ein ETH-Projekt zum Tumor-Profiling. Ziel davon ist, die Resultate von verschiedenen molekularen Messungen an Tumorzellen zusammenzuführen und so die optimale Therapie für den betreffenden Patienten zu berechnen (personalisierte Medizin).
Für Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung der ETH Zürich, ist Ruedi Aebersold eine ausgezeichnete Wahl: «Kaum ein anderer Forscher hat so viele Grundlagen entwickelt und somit ein neues Fachgebiet derart geprägt, wie Ruedi Aebersold das in seiner Karriere getan hat. Seine herausragenden Leistungen sind schon heute eine nicht mehr wegzudenkende Voraussetzung für erfolgreiche Anwendungen der personalisierten Medizin. Als analytischer Chemiker freue ich mich natürlich besonders, dass Ruedi Aebersold für seine wissenschaftlichen Arbeiten und sein gesellschaftliches Engagement mit dem Benoist Preis ausgezeichnet wird.»
Die 100. Auszeichnung
Die Marcel Benoist Stiftung zeichnet seit 1920 herausragende Forschung aus, die für das menschliche Leben von Bedeutung ist. Ruedi Aebersold ist der 100. Preisträger. Der Benoist-Preis ist mit 250’000 Franken dotiert. In diesem Jahr küren die Stiftungen Marcel Benoist und Latsis erstmals gemeinsam. Die Zeremonie und die Preisübergaben werden am 4. November 2020 in Bern stattfinden.
Der Präsident der Marcel Benoist Stiftung, Bundesrat Guy Parmelin, betont: «Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit mit der Fondation Latsis und die erstmalige gemeinsame Verleihung der beiden Preise. Damit geben wir dem Wissenschaftsstandort Schweiz eine wichtige Plattform.» Die wissenschaftliche Selektion der beiden Preisträger wurde vom Schweizerischen Nationalfonds zuhanden der beiden Stiftungen vorgenommen.
Zum Preisträger
Rudolf Aebersold ist 1954 in der Schweiz geboren und hat 1983 in Basel die Doktorwürde in Zellbiologie erlangt. Seine Forschungs- und Lehrtätigkeit führte ihn in die USA und nach Kanada. Ab 1989 hielt er mehrere Jahre eine Assistenzprofessur in Biochemie an der University of British Columbia in Vancouver und nachfolgend eine Professur für molekulare Biotechnologie an der University of Washington in Seattle. Er ist Mitgründer des 2000 in Seattle als Weltpremiere eröffneten Instituts für Systembiologie. 2003 wurde Aebersold als Doppelprofessor an die ETH Zürich und die Universität Zürich berufen. Ab 2005 forscht er am Institut für molekulare Systembiologie (IMSB) der ETH Zürich auf dem Hönggerberg. Aebersold wurde in seiner Karriere mit zahlreichen namhaften Preisen ausgezeichnet. Seit Anfang 2020 ist er emeritiert.
Die Marcel Benoist Stiftung
Seit 1920 zeichnet die Marcel Benoist Stiftung unabhängig und hochschulübergreifend alljährlich herausragende Forschung aus, die für das menschliche Leben von Bedeutung ist. Sie ehrt damit Forschende, die für die Exzellenz des Forschungsplatzes Schweiz stehen. Bisher haben elf Preisträger später den Nobelpreis erhalten. Das Nominations- und Evaluationsverfahren wird vom Schweizerischen Nationalfonds zuhanden der Marcel Benoist Stiftung durchgeführt.
Informationen zum Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist und zum Auswahlverfahren finden Sie unter: externe Seite www.marcel-benoist.ch.