Pflanzliche Steaks aus Erbsenprotein
ETH Pioneer Fellow Martin Hofmann hat ein Verfahren entwickelt, um pflanzliche Alternativen für hochwertiges Fleisch zu produzieren. Seine Forschung zu den Fliesseigenschaften von weichen Materialien ermöglicht ihm, die Marmorierung echter Steaks zu imitieren.
Ob Würstchen aus Tofu, Burger aus fermentierten Pilzen oder Poulet aus Erbsenprotein: Fleischersatzprodukte erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit und sind aus den hiesigen Supermärkten nicht mehr wegzudenken. Doch was bisher noch im Sortiment fehlte, sind pflanzliche Alternativen für hochwertige Fleischprodukte wie Steaks.
Geht es nach Martin Hofmann wird sich dies bald ändern. Der Materialwissenschaftler hat ein Verfahren entwickelt, mit dem pflanzliche Steaks aus Erbsenprotein und Fett produziert werden können. Er richtet sich damit vor allem an Menschen, die wie er selbst zwar keine Vegetarier sind, aber ihren Fleischkonsum reduzieren und sich öfter pflanzlich ernähren wollen.
«Ich möchte dabei helfen, ein gesundes, umweltfreundliches und tiergerechtes Ersatzprodukt für hochwertiges Fleisch auf den Markt zu bringen, das geschmacklich dem tierischen Original möglichst nahekommt», so der ETH-Forscher.
Die Küche als erstes Labor
Martin Hofmann wird die Naturwissenschaft fast schon in die Wiege gelegt. Seine Mutter ist Biochemikerin, der Vater Botaniker und die Schwester arbeitet als Geologin. Wissenschaftliche Experimente waren im Hause Hofmann so alltäglich, wie bei anderen Familien Brettspiele oder Fussball. «Schliesslich ist ja jede Küche nichts anderes als ein kleines Labor», sagt der ETH-Forscher.
Hofmann studiert Chemie und Materialwissenschaft an der EPFL und kommt für sein Doktorat an den Lehrstuhl für weiche Materialien von ETH-Professor Jan Vermant. Dort untersucht er die Fliesseigenschaften und das Mischverhalten von Emulsionen. Hofmann zeigt, dass man sehr dünne Schichten von Öl und Wasser, die aneinander vorbeifliessen, so gut kontrollieren kann, dass sich daraus eine Emulsion mit regelmässiger Struktur ergibt. Schnell wird ihm klar, dass man diese Methode auch dazu verwenden kann, um die Textur von Fleisch künstlich nachzuahmen.
Vom Rinder- zum Erbsenprotein
Das zarte Gefühl im Mund, der saftige Geschmack und der rosa Farbton: Zwei Dinge machen den Biss in ein Steak so einzigartig: Die fasrige Struktur des Fleisches und die Verteilung des Fettgewebes, auch Marmorierung genannt. «Die Natur hat sich bei der Entwicklung eines Rindermuskels sehr viel Zeit gelassen. Das nachzubauen erfordert eine ganze Menge Forschung», sagt Hofmann.
Nur wenn man es schafft, die Proteinstruktur von Fleisch biochemisch nachzubilden, wird sich auch die pflanzliche Alternative wie Fleisch anfühlen. Für seine pflanzlichen Steaks verwendet Hofmann neben einer Reihe an Aromen und Gewürzen daher ein Erbsenprotein, dessen Struktur er im Labor dem tierischen Pendant annähert. Um die fasrige Struktur von Fleisch zu imitieren, wird die Proteinmasse unter Druck in einen speziell entwickelten Aufsatz gepresst und mit gehäckselten Karotten-, Erbsen- und Weizenfasern sowie etwas Wasser und Öl angereichert.
Das für Steaks charakteristische Fettgewebe besteht bei Hofmanns pflanzlicher Alternative aus einer einfachen Emulsion aus Wasser und Öl, in die man Zusatzstoffe wie Vitamine und Spurenelemente integrieren kann. Da sich auch der Fettgehalt der Emulsion stark reduzieren lässt, ist das pflanzliche Steak nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch gesünder als das tierische Original.
Chaotische Fettfasern
Die Marmorierung ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Steaks. Ist sie sehr ausgeprägt – wie zum Beispiel beim japanischen Kobe-Rind – gilt das Fleisch als besonders hochwertig. Die künstliche Herstellung der Marmorierung ist aber alles andere als einfach.
«Man muss etwas nachbilden, dass keinerlei Regelmässigkeit aufweist. Denn wenn wir uns eine Hälfte eines Steaks ansehen, können wir schlicht nicht ableiten, wie die zweite Hälfte aussieht», erklärt Hofmann. Nur Produkte, die dieser Zufälligkeit der Natur Rechnung tragen, können den einzigartigen Geschmack und das Mundgefühl eines Steaks nachahmen.
«Ich möchte es Menschen ein klein wenig einfacher machen, auf billiges Fleisch aus Massentierhaltung zu verzichten.»Martin Hofmann
Gestützt auf seine Forschung zum Mischverhalten weicher Materialien, entwickelt Hofmann ein Verfahren, bei dem das Erbsenprotein und das Fett so ineinanderfliessen, dass daraus die für hochwertiges Fleisch typische Marmorierung entsteht. «Advective Processing» nennt er diese Methode, die im Unterschied zu gängigen 3D-Druckverfahren die Proteinmasse und das Fett kontinuierlich in einen Aufsatz pressen und dabei vermischen.
Er kombiniert dafür zwei Komponenten: Die Hardware, bestehend aus zwei Extrusionsdüsen für das Erbsenprotein sowie einer Düse für das Fett. Und eine von Hofmann selbst programmierte Software, die steuert, wie die beiden Stoffe vermischt werden.
Pflanzliches Steak aus Erbsenprotein und Fett. (Bild: Martin Hofmann / ETH Zürich) Das Erbsenprotein und das Fett fliessen so ineinander, dass daraus die für hochwertiges Fleisch typische Marmorierung entsteht. (Bild: Daniel Winkler / ETH Zürich) Eine von Hofmann programmierte Software steuert die Extrusionsdüsen für das Erbsenprotein und das Fett. (Bild: Daniel Winkler / ETH Zürich)
In einem Jahr zur Marktreife
Im Rahmen eines Pioneer-Fellowships, das von der Fondation Alcea unterstützt wird, möchte Hofmann sein Verfahren nun auf den Markt bringen und ein Spin-off gründen. Es wäre bereits sein zweites Start-up, denn 2014 gründet er gemeinsam mit einem Kommilitonen die Firma Technis. Diese spezialisiert sich auf die Entwicklung von Bodensensoren und umfasst mittlerweile 51 Personen.
Doch nun sieht sich Hofmann eher in der Rolle des Zulieferers. Anstatt selbst pflanzliche Steaks zu produzieren und zu verkaufen, möchte er mit seiner Produktionstechnologie andere Firmen unterstützen, authentische pflanzliche Alternativen für hochwertiges Fleisch zu produzieren. Sein Ziel: «Ich möchte es Menschen ein klein wenig einfacher machen, auf billiges Fleisch aus Massentierhaltung zu verzichten.»