Winzige Defekte schnell erkannt

Kleinste Materialfehler zu finden, gehört in vielen Branchen zum Alltag. Allerdings sind die derzeitigen Prüfverfahren entweder zerstörend oder zeitaufwändig. Die Optical Nanomaterial Group von Professor Rachel Grange hat ein Mikroskop entwickelt, das eine schnelle Qualitätskontrolle ermöglicht.

Dr. Maria Timofeeva erklärt, welche Vorteile die neue Technologie namens PolarNon bietet und wie sie diese auf den Markt bringen möchte.

Wie kamen Sie auf die Idee für ein neues Mikroskop?
In unserem Labor untersuchen wir die Kristallstruktur von Werkstoffen. Dazu verwenden wir ein in der Wissenschaft etabliertes optisches Verfahren, die sogenannte Frequenzverdopplung oder Second Harmonic Generation (SHG). Dabei wird eine Materialprobe mit Laserlicht einer bestimmten Frequenz bestrahlt. Risse oder Veränderungen der Oberfläche streuen das Licht, und es entsteht Licht mit der doppelten Frequenz. Dieses Phänomen ist schon lange bekannt, wurde aber bisher hauptsächlich für biologische Proben genutzt. Für solche Bioanwendungen gibt es bereits SHG-Mikroskope auf dem Markt.

Grafik mit Infrarot Laser und SHG Signal dargestellt
Das neue Mikroskop basiert auf dem Phänomen der Frequenzverdopplung (Second Harmonic Generation, SHG): Laserlicht wird mit doppelter Frequenz gestreut, wenn es auf einen Oberflächendefekt trifft.

Welchen Nachteil haben diese vorhandenen Mikroskope?
Sie sind gross, teuer und nicht sehr flexibel. Unser Mikroskop kann in verschiedenen Modi (Reflexion oder Transmission) messen und den Effekt der Polarisation nutzen. Durch Veränderung der Polarisation können wir die spezifische Materialstruktur in hoher Auflösung untersuchen. Ausserdem erfolgt die Bilderfassung mit einer Kamera und nicht pixelweise. Wir müssen die Proben also nicht wie bei herkömmlichen Mikroskopen scannen, weshalb wir sehr schnell sind. Darum nennen wir unsere Technologie PolarNon – Polarization Non-scanning Microscope.

Wo sehen Sie potenzielle Anwendungen?
Wir können kleinste Anzeichen von Materialfehlern wie Risse, Ermüdung oder Korrosion erkennen, die für das Auge nicht sichtbar sind. Eine mögliche Anwendung ist die Qualitätskontrolle von elektronischen Chips und Bauelementen. Bislang werden in der Halbleiterindustrie dazu zerstörende Prüfungen an nur wenigen Mustern durchgeführt. Mit unserer Technologie könnte die Qualitätskontrolle in die Produktionslinie eingebunden und jedes Produkt binnen kurzer Zeit zerstörungsfrei geprüft werden.

Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Luft- und Raumfahrtindustrie. Wir können Ermüdung und Korrosion in Metallen an kleinen Proben untersuchen und auch dabei helfen, Materialeigenschaften im grossen Massstab zu modellieren.

Bauingenieure interessieren sich ebenfalls für unsere Technologie. Wir haben z. B. damit begonnen, einige Proben von Baumaterialien auf Korrosion hin zu untersuchen.

Auch die Uhrenindustrie könnte ein potenzieller Kunde sein, da unsere Technologie eine schnelle Qualitätskontrolle ermöglicht.

Wie wollen Sie die Technologie auf den Markt bringen?
Unser Prototyp ist fertig und funktioniert. Wir arbeiten zurzeit mit verschiedenen Unternehmen zusammen und führen Tests mit unterschiedlichen Materialien durch, um ein Portfolio von industriellen Anwendungen zu entwickeln. Wir sind daran interessiert, weitere Industriepartner zu gewinnen – z. B. Unternehmen, die Proben für unsere Tests zur Verfügung stellen, aber auch Laserhersteller, die an der gemeinsamen Entwicklung eines Mikroskop-Produkts interessiert sind.

Prototyp des Mikroskops
Der Prototyp ist voll funktionsfähig, und der nächste Schritt besteht darin, ihn kompakter zu gestalten.

Der nächste Schritt ist die Entwicklung einer industriellen Ausführung des Mikroskops. Der Prototyp gleicht zurzeit noch einem optischen Aufbau. Den werden wir kompakter gestalten und alle Teile entfernen, die wir zurzeit zu Forschungszwecken nutzen.

Wir können uns verschiedene Geschäftsmodelle vorstellen. Mit unserer Technologie könnte man Messungen als Dienstleistung anbieten, die Hardware oder auch nur die Software verkaufen. Das Besondere an der von uns entwickelten Software ist, dass sie einen automatisierten Prüfvorgang ermöglicht und auch für herkömmliche Mikroskope verwendet werden kann.

Wir sind offen für Ideen und Input seitens der Industrie und sprechen gerne mit interessierten Unternehmen.

Dr. Maria Timofeeva

Dr. Maria Timofeeva
ETH Optical Nanomaterial Group

Kontakt / Links:

Prof. Rachel Grange, Dr. Maria Timofeeva, ETH Optical Nanomaterial Group

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