Kakao optimal beschatten
Schokolade wird immer beliebter. Deshalb steigt auch die Nachfrage nach Kakao. Damit die Produktion Schritt halten kann, muss der Anbau nachhaltiger werden. ETH-Forschende haben nun untersucht, was Schattenbäume dazu beitragen können.
Weltweit wird immer mehr Schokolade gegessen. Doch Kakaobauern, meist Kleinbauern, haben Probleme mit alternden Pflanzungen, abnehmender Bodenfruchtbarkeit, zunehmendem Befall mit Pflanzenkrankheiten und Schädlingen sowie den Auswirkungen des Klimawandels. Kakao könnte daher in absehbarer Zeit knapp werden.
Stabile Erträge durch nachhaltige Anbausysteme
Dem möchten Forschende der Gruppe Nachhaltige Agrarökosysteme an der ETH Zürich entgegenwirken. «Unser Ziel ist, nachhaltige Anbausysteme zu entwickeln, die die landwirtschaftliche Produktion langfristig erhalten, im Idealfall sogar steigern und zudem möglichst hohe Ökosystemdienstleistungen erbringen», erklärt Johan Six, Professor für Agrarökologie und Leiter der Gruppe. Zu den Ökosystemdienstleistungen gehören unter anderem die Erhaltung der Artenvielfalt bei Tieren und Pflanzen und der Einbau von Kohlenstoff aus der Luft in Böden und Biomasse, was den Klimawandel mildern soll.
Im Kakaoanbau gelten Agrarforstsysteme als vielversprechend: Schon früher wurde Kakao unter Schattenbäumen kultiviert. In den letzten Jahrzehnten setzte allerdings ein Trend zu Monokulturen ein. Heute versucht man, Kakaobäume wieder unter einem Kronendach grösserer Bäume anzubauen, weil den Schattenbäumen nachgesagt wird, dass sie die Pflanzen vor zu viel Sonne schützen, die Temperatur und Feuchtigkeit regulieren, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen dienen und Schadorganismen in Schach halten. Sie erhalten zudem die Bodenfruchtbarkeit und binden Kohlenstoff aus der Atmosphäre.
Doch Schattenbäume können auch mit den Kakaopflanzen konkurrenzieren und dadurch den Ertrag beeinträchtigen. Ob die positiven oder negativen Effekte von Schattenbäumen überwiegen, untersuchte die Forschung für Kakao bisher nur punktuell. Es fehlen Studien, die alle Effekte gegeneinander abwägen, um konkrete Empfehlungen für den optimalen Beschattungsgrad zu entwickeln.
Halten Schattenbäume, was sie versprechen?
«Uns hat interessiert, ob die Schattenbäume tatsächlich bewirken, was man sich von ihnen verspricht und wie wir Kakao-Agrarforstsysteme optimieren können», erklärt Wilma Blaser, Postdoktorandin in Six’ Gruppe. In einer Feldstudie untersuchte sie deshalb beschattete und unbeschattete Kakao-Pflanzungen im westafrikanischen Ghana. Dieses Land ist der zweitgrösste Kakaoproduzent weltweit. Die Wissenschaftlerin erhob und mass mit Unterstützung einheimischer Forscher die Auswirkungen von Schattenbäumen in den Kakaopflanzungen auf Kleinbauernbetrieben.
Das Resultat: Bei einem Beschattungsgrad von rund 30 Prozent wirken sich die Schattenbäume in den Plantagen im Vergleich mit Flächen ohne Bäume überwiegend positiv aus: Schädlinge und Pflanzenkrankheiten werden optimal in Schach gehalten. Die Bodenfeuchtigkeit erreicht ihr Maximum. Der temperatursenkende Effekt, die Zahl der Tier- und Pflanzenarten in der Pflanzung sowie die Kohlenstoff-Fixierung steigen mit zunehmendem Schatten stetig an. Und der Kakao-Ertrag wird bis zu einem Beschattungsgrad von rund 30 Prozent nur wenig beeinträchtigt. Mehr Schatten schmälert jedoch den Ertrag, weil zusätzliche Bäume mit den Kakaobäumen stärker um Licht, Wasser oder Nährstoffe konkurrieren. «Wieviel Beschattung optimal ist, ist also eine Kosten-Nutzen-Abwägung», erklärt Blaser. Ein Versprechen können die Schattenbäume nicht halten: Der Nährstoffgehalt im Boden nimmt offenbar mit zunehmenden Baumbestand nicht automatisch zu.
Ökologischer heisst langfristig stabiler
Insgesamt wirken sich Schattenbäume im Kakao-Anbau mehrheitlich positiv auf die Ökosystemdienstleistungen aus. Die Forschenden betonen allerdings, dass auch das beste Agrarökosystem beispielsweise bezüglich Kohlenstoff-Fixierung oder Biodiversität nicht an ursprünglich gewachsene Ökosysteme herankomme. «Landwirtschaft ist nie natürlich», erklärt Six. Die Idee der Agrarökologie sei lediglich, mehr Ökologie in die Landwirtschaft hineinzubringen.
«Mehr Ökologie macht den Anbau aber nachhaltiger und stabiler.» Denn kommen in einem System beispielsweise mehr verschiedene Pflanzenarten vor, kann das dazu beitragen, dass sich Pflanzenkrankheiten weniger stark ausbreiten können. Ein System mit mehr Schattenbäumen hat einen temperatursenkenden Effekt und könnte damit zu grösserer Ertragsstabilität unter extremen Wetterbedingungen beitragen. «Beides kann indirekt zu besserem und vor allem langfristigerem Ertrag führen», ergänzt Blaser.
Weiteres Optimierungspotential
«Aufgrund unserer Forschung zu Schattenbäumen können wir konkrete Empfehlungen für den optimalen Beschattungsgrad für den Kakao-Anbau abgeben», freut sich Wilma Blaser. Es habe sich sogar gezeigt, dass mehr Schatten möglich ist, als bisher angenommen, ohne dass die Ernte wesentlich beeinträchtigt werde. Um allerdings die Kakao-Erträge in Agrarforstsystemen zu steigern, brauche es zusätzliche Massnahmen bei der Bewirtschaftung. Sie konkretisiert: «Möglicherweise lassen sich durch gezieltes Düngen, Schädlingsbekämpfung zum richtigen Zeitpunkt, regelmässiges Herausschneiden kranker Pflanzenteile oder Jäten die Kakao-Erträge auch unter den Baumkronen erhöhen.»
Auch bei den Schattenbäumen besteht noch Optimierungspotential. Die Wissenschaftlerin möchte sich als Nächstes auf die Eigenschaften der schattenwerfenden Bäume konzentrieren. In den Plantagen hat Blaser 38 Arten gefunden, darunter Orangen-, Mango- und Avocadobäume. Die verschiedenen Baumarten unterscheiden sich in der Form der Baumkronen und des Wurzelwerks. Einige von ihnen könnten beispielsweise besser Nährstoffe ins System einbringen als andere. Die Forscherin möchte daher der Frage nachgehen, welche Bäume sich in Kakao-Plantagen am besten als Schattenspender eignen.
Kakaoanbau in Ghana
Literaturhinweis
Blaser WJ, Oppong J, Hart SP, Landolt J, Yeboah E, Six J. Climate-smart sustainable agriculture in low-to-intermediate shade agroforests. Nature Sustainability, volume 1, pages 234–239 (2018). doi: externe Seite 10.1038/s41893-018-0062-8