6,5 Millionen Euro für ETH-Nachwuchsforschende
Von Gravitationstheorien über molekulare Netzwerke bis hin zu Flüchtlingspolitik: In diesen Fachgebieten haben vier Forschende der ETH Zürich einen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats erhalten. Damit konnte sich die Hochschule einmal mehr wertvolle europäische Fördergelder sichern.
Auch bei der jüngsten Vergabe der prestigeträchtigen ERC Starting Grants waren Forschende der ETH Zürich erfolgreich: Eine Frau und drei Männer erhalten als Lohn für ihre Bewerbungsmühen einen Betrag von je 1,5 bis 2 Mio Euro, mit dem sie in den kommenden Jahren ihre Forschung vorantreiben können. Insgesamt fliessen so knapp 6,5 Millionen Euro in Forschungsprojekte an der ETH Zürich.
Detlef Günther, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich, ist erfreut, dass starke Nachwuchsforscherinnen und -Forscher dank ERC Grants ambitionierte Projekte an der ETH Zürich durchführen können. «Es zeigt sich einmal mehr, dass es sich lohnt, sich um diese grossen Grants zu bewerben. Sie ermöglichen Projekte, die die ETH alleine nicht finanzieren könnte.»
«Die Vergabe der ERC Grants ist auch eine gute Gelegenheit, sich mit den besten Nachwuchsforschenden Europas zu messen», sagt Günther weiter. Mit dieser grosszügigen finanziellen Ausstattung könnten Forschende zudem ihre Karriere positiv beeinflussen. «Die Grants bieten eine grosse Chance, auf internationaler Ebene sichtbar zu werden und wirklich Grosses zu erreichen.»
ETH-Forschende überdurchschnittlich erfolgreich
In der diesjährigen Ausschreibung haben 25 Forscherinnen und Forscher der ETH Zürich ihre Anträge eingereicht. 16 kamen eine Runde weiter, 15 davon wurden von der zuständigen EU-Kommission als A-klassig bewertet. Am Ende erhielten vier die Zusage. Ein weiterer Antrag ist derzeit auf der Reserveliste und hat gute Chancen, noch bewilligt zu werden.
Neben den ERC Starting Grants vergibt die EU-Forschungskommission jeweils auch Advanced Grants für arrivierte Forschende sowie Consolidator Grants für Forschende, die bereits erste Meilensteine ihrer Karriere erreicht haben und daran sind, eine eigene Forschungsgruppe aufzubauen. Die ETH Zürich war in den letzten Jahren bei der Vergabe all dieser Grants sehr erfolgreich. Im Rahmen des Programms «Horizon 2020» von 2014 bis heute haben ETH-Forscherinnen und -Forscher insgesamt 59 ERC Grants mit einer Gesamtsumme von rund 145 Millionen Schweizer Franken (127 Mio. Euro) eingeworben.
Die vier Projekte im Überblick:
In seinem ERC-Projekt evaluiert Dominik Hangartner Kernelemente des Asylprozesses anhand neuster statistischer Methoden und umfangreicher Registerdaten. Das Projekt wird Auswirkungen von Asylpolicies wie Wartefristen, Arbeitsmarktzugang, Sozialhilfe und Familienzusammenführung auf die wirtschaftliche und soziale Integration von Flüchtlingen, wie auch deren Konsequenzen auf die politische Polarisierung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt untersuchen. Ziel des Projektes ist eine umfassende Evidenzbasis zu schaffen, auf deren Grundlage ein Asylverfahren entwickelt werden kann, dass die Situation von Flüchtlingen und Aufnahmegesellschaften verbessert.
Lavinia Heisenberg erforscht in ihrem ERC-Projekt die grundlegenden Eigenschaften von Feldtheorien des Raum-Zeit-Kontinuums, deren kosmologischen Konsequenzen und anhand welcher Signaturen sich die Gültigkeit dieser Theorien erkennen lässt. Ihr Ansatz zielt darauf ab, anhand kosmologischer und astrophysikalischer Beobachtungen die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie auf Skalen zu testen, auf denen sie noch nicht vollständig überprüft wurde. So möchte die Forscherin etwa herausfinden, wie die Allgemeine Relativitätstheorie in solchen Bereichen im Vergleich zu alternativen Theorien abschneidet. Sie wird zudem untersuchen, welche physikalischen Folgen sich aus modifizierten Gravitationstheorien für kosmologische und astrophysikalische Fragen ergeben.
Berend Snijder untersucht, wie Zellen funktionieren, und konzentriert sich dabei auf die molekularen Netzwerke, die das Zellverhalten steuern. Er nutzt automatisierte Mikroskopie, Bilderkennung und maschinelles Lernen, um die Reaktionen von Zellen auf Medikamente im menschlichen Gewebe zu messen. Mit seinem Grant will Snijder erforschen, warum einzelne Krebspatienten so unterschiedlich auf Behandlungen reagieren – ein komplexes Phänomen namens «Krebsindividualität». Darüber hinaus will die Gruppe Methoden finden, um personalisierte Krebstherapien zu entwickeln.
Mauerwerke sind stark erdbebengefährdet. In seinem ERC-Projekt erforscht der Ingenieur Michalis Vassiliou, wie sich Mauerwerksbauten bei seismischen Schwingungen verhalten. Dazu druckt er kleine 3D-Modelle und testet sie auf einem Schütteltisch in einer geotechnischen Zentrifuge. Mit dieser Methode untersucht er unter anderem ein kostengünstiges seismisches Isolationssystem zum Schutz von Mauerwerken in armen Ländern. Ein besseres Verständnis des seismischen Verhaltens von Mauerwerken ist aber auch entscheidend, um das Erdbebenrisiko in reichen Ländern zu senken.
Messlatte für Spitzenforschende: ERC Grants
ETH-Forscherinnen und -Forscher bewerben sich seit 2007 erfolgreich um Fördermittel der Europäischen Union, die ERC Research Grants. Neben den Advanced Grants vergibt der Europäische Forschungsrat alljährlich auch Starting Grants für Nachwuchsforscher zu Beginn ihrer Karriere und Consolidator Grants für arriviertere Forscherinnen und Forscher zum weiteren Aufbau einer eigenen Gruppe. Ausserdem zeigt sich an den zahlreich bewilligten ERC Proof of Concepts der ETH Zürich (Mittel für die Erstellung von Machbarkeitsstudien und Businessplänen), dass Grundlagenforschung oft in Marktinnovationen mit entsprechendem volkswirtschaftlichem Nutzen ihre Anwendung findet. Der Europäische Forschungsrat ist Teil des europäischen Forschungs- und Innovationsprogramms Horion 2020 (2014-2020). Die Schweiz ist seit dem 1. Januar 2017 wieder vollständig an Horizon 2020 assoziiert.