ETH-Professor ist nicht Urheber von Manipulationen
Eine Untersuchungskommission des Centre national de la recherche scientifique (CNRS) mit Beteiligung der ETH Zürich hat Publikationen aus der ehemaligen Gruppe von ETH-Professor Olivier Voinnet am CNRS untersucht. Dabei wurden Manipulationen an Bilddaten festgestellt. Der Untersuchungsbericht bestätigt, dass Voinnet selber keine dieser Manipulationen vorgenommen hat. Weil er als Gruppenleiter verantwortlich war, wird seine Verwarnung wiederholt und für weitere fünf Jahre aufrechterhalten.
Die Untersuchung hat in den fünf geprüften Publikationen nicht nur Nachlässigkeiten und Fehler im Umgang mit Bilddaten festgestellt, sondern auch bewusste Manipulationen. Dies ist gegenüber dem ETH-Untersuchungsbericht von 2015 ein zusätzlicher Befund, den die Schulleitung der ETH als schwerwiegend einstuft. Die Untersuchungskommission des CNRS arbeitete unter der Leitung eines unabhängigen Vertreters des Institut Pasteur und umfasste auch zwei ETH-Vertreter. Auf der Grundlage des Untersuchungsberichtes zieht die ETH Zürich unabhängig vom CNRS nun ihre Schlussfolgerungen.
Nicht Urheber, aber als Gruppenleiter verantwortlich
Bei vier der fünf untersuchten Publikationen war Olivier Voinnet als Co-Autor beteiligt. Drei davon fallen in die Zeit, als er Leiter einer Forschungsgruppe am CNRS in Strassburg war. Der neue Bericht bestätigt, dass weder Voinnet persönlich noch andere Angehörige der ETH Zürich an den Manipulationen der Bilddaten beteiligt waren. Voinnet hat diese Manipulationen weder selbst vorgenommen, noch angeordnet oder wissentlich toleriert. «Dieser Befund ist für die Beurteilung des Falls entscheidend. Die Bilddaten wurden zwar manipuliert, aber nicht von Olivier Voinnet selbst. Als Gruppenleiter trägt er trotzdem eine organisatorisch-führungsmässige Verantwortung», unterstreicht Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich.
Auf der Basis ihrer Erkenntnisse aus dem Untersuchungsbericht hat die Schulleitung folgende Entscheide gefällt: Olivier Voinnet bleibt Professor an der ETH. Die Schulleitung verlängert jedoch die Sanktionen, die sie 2015 erlassen hat. Konkret bedeutet dies: Die Verwarnung von Olivier Voinnet wird wiederholt und für weitere fünf Jahre bis 2023 aufrechterhalten. Ausserdem muss er seine Forschung weiterhin auf die eigene Gruppe in Zürich beschränken und seine Publikationstätigkeit wird bis Ende 2020 mittels Monitoring überwacht. Zudem wird die seit 2015 laufende Supervision von Olivier Voinnet durch eine erfahrene Mentorin bis mindestens Ende 2020 weitergeführt.
Untersuchung durch Olivier Voinnet angestossen
Vizepräsident Detlef Günther betont, dass es in der Gruppe von Voinnet an der ETH Zürich seit der Untersuchung 2015 zu keinen weiteren Verstössen gegen die ETH-Richtlinien für Integrität in der Forschung gekommen ist (vgl. Infobox zur guten wissenschaftlichen Praxis). Die Frage des Motivs für die Manipulationen bleibt, wie nach dem ETH-Verfahren 2015, auch nach der CNRS-Untersuchung unbeantwortet, da kein eindeutiger Vorteil durch die Manipulationen ersichtlich ist.
Die Schulleitung anerkennt, dass Olivier Voinnet seit den ersten Vorwürfen kooperativ war und aktiv zur Klärung beigetragen hat. So hat sich der ETH-Professor in den letzten Jahren nicht nur engagiert und nach bestem Wissen und Gewissen der Korrektur bzw. den notwendig gewordenen Rückzügen seiner Forschungsarbeiten gewidmet. Voinnet selbst war es auch, der die neuerliche Untersuchung der Vorfälle am CNRS in Strassburg mit eigenen vertieften Recherchen ins Rollen gebracht und auf einer lückenlosen Aufklärung des Falls bestanden hat. Die Untersuchung hat ein weiteres Problem offengelegt: Da Olivier Voinnet seinen ehemaligen Mitarbeitern am IBMP vertraute und bis zum Sommer 2016 keinen Grund sah, Verdacht zu schöpfen, sind manipulierte Daten teilweise auch noch in die von ihm vorgenommenen Korrekturen von Forschungsartikeln eingeflossen. Oliver Voinnet wird diese nun umgehend korrigieren.
Förderung der guten wissenschaftlichen Praxis
Die ETH Zürich verfügt über ein Regelwerk sowie über eine Verfahrensordnung, welche den Prozess bei einem Verdacht auf Fehlverhalten in der Forschung klar regelt. Damit diese Richtlinien noch besser umgesetzt und Verdachtsfälle schneller untersucht werden können, wird die Schulleitung neu von zwei anstatt wie bisher nur von einer Vertrauensperson unterstützt.
In den letzten Jahren wurden weitere Massnahmen zur Verbesserung der guten wissenschaftlichen Praxis eingeleitet: So hat die Schulleitung 2018 die Kommission für gute wissenschaftliche Praxis ins Leben gerufen. Sie besteht aus 16 Mitgliedern, je eine Person pro Departement, und hat unter anderem die Aufgabe, die Arbeit am Thema hochschulweit zu koordinieren, das Bewusstsein für korrektes wissenschaftliches Arbeiten zu fördern, entsprechende Lehrinhalte und Lehrveranstaltungen zu empfehlen. Ausserdem hat die ETH Zürich im Jahr 2016 die San Francisco Declaration on Research Assessment (DORA) unterzeichnet. Diese Erklärung empfiehlt im Wesentlichen, Forschende und ihre Arbeit auf der Basis ihrer Qualität zu beurteilen und in der Bewertung auf Zitationsindikatoren möglichst zu verzichten.
Zur Person
Olivier Voinnet war bis 2010 Directeur de recherche am Centre national de la recherche scientifique (CNRS) in Strassburg. Er wurde 2010 als ordentlicher Professor für RNA-Biologie an die ETH Zürich berufen. Sein Forschungsfeld ist die sogenannte RNA-Interferenz, ein natürlicher Mechanismus, mit dem Pflanzen und Tiere auf Ebene der Zellen einerseits ihren Stoffwechsel steuern und andererseits bestimmte Viren bekämpfen können.