Zwei ETH-Forschende erhalten ERC Advanced Grants
Bei der jüngsten Vergabe der prestigeträchtigen ERC Advanced Grants ergatterte die ETH Zürich zwei davon, einen im Bereich Biologie und einen im Bereich Pharmazie. Damit fliessen 5,16 Millionen Schweizer Franken an die ETH.
Auch wenn in Europa zurzeit Vieles stillsteht, hat der Europäische Forschungsrat (ERC) bekannt gegeben, welche Forschenden dieses Jahr einen ERC Advanced Grant erhalten. Darunter auch zwei ETH-Forschende: Die Mikrobiologin Julia Vorholt und der Pharmakologe Jean-Christophe Leroux erhalten für ihre Projekte je rund 2,58 Millionen Schweizer Franken.
Europäische Forschung wichtiger denn je
Detlef Günther, ETH-Vizepräsident für Forschung betont die übergeordnete Bedeutung des ERC: «Mehr denn je wird uns allen bewusst, wie sehr wir Forschung über alle Landesgrenzen hinweg brauchen. Der Europäische Forschungsrat leistet hier seit Jahren eine hervorragende Arbeit, in dem er gezielt eruiert, wo in Europa wichtige Grundlagenforschung gemacht wird und diese dann besonders fördert.» Zudem freut sich Detlef Günther für die beiden ausgezeichneten ETH-Forschenden: «Auch wenn wir momentan die Forschung in gewissen Bereichen reduzieren müssen, wird eine Zeit kommen, in dem der ETH-Forschungsbetrieb wieder volle Fahrt aufnehmen kann. Dann kommen solche Projekte mit einem ERC Grant schneller voran.»
Weniger Geld in die Schweiz
16 Grants gehen bei dieser Vergaberunde an Forschende von Schweizer Forschungsinstitutionen. Im Vergleich dazu: 2019 wurden insgesamt 18 Schweizer Projekte ausgezeichnet. Der ERC hat bei dieser Runde insgesamt weniger Projekte ausgezeichnet: Waren es im Jahr zuvor noch 222, erhielten nur 185 Projekte einen ERC Advanced Grant.
Die Advanced Grants werden im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 vergeben. In welchem Umfang sich die Schweiz am Nachfolgeprogramm Horizon Europe ab 2021 beteiligen kann, ist noch nicht abschliessend geklärt.
Die Projekte im Überblick:
Jean-Christophe Leroux ist Professor für Arzneimittelverabreichung am Departement Chemie und angewandte Biowissenschaften. Seine Forschungsgruppe beschäftigt sich damit, Medikamente wirksamer zu machen und Nebenwirkungen zu reduzieren. Ein Schwerpunkt ist die Gentherapie, bei der genetisches Material in Zellen eingebracht wird, um fehlerhafte Gene zu kompensieren oder neue Funktionen einzuführen. Die Methode hat das Potenzial, Krankheiten wie Krebs und einige seltene Erbleiden zu behandeln oder sogar zu heilen. Noch ist sie aber ineffizient, und bislang sind nur wenige Gentherapie-Produkte zugelassen. Dies liegt zum Teil an verschiedenen Abwehrmechanismen, mit denen Zellen eindringendes genetisches Material absondern oder abbauen. In seinem ERC-Projekt will Leroux Ansätze finden, um diese zellulären Abwehrsysteme zu unterdrücken. Das könnte die moderne Gentherapie wirksamer und sicherer machen.
Julia Vorholt, Professorin für Mikrobiologie, erhält bereits zum zweiten Mal einen ERC Advanced Grant. In ihrem neuen Projekt sucht sie nach Wegen, um Zellen bestimmte Fähigkeiten zu verleihen. Dabei inspiriert sich Vorholt an einer Partnerschaft zwischen einzelligen Organismen, die in der Stammesgeschichte zwar sehr selten, aber überaus erfolgreich war: Zellen leben symbiotisch in Zellen. Aus solchen Endosymbiosen entstanden im Laufe der Evolution die Organellen – abgetrennte Kompartimente mit eigenen Stoffwechselfunktionen im Innern von höheren Zellen. Relikte dieses Zusammenlebens sind die Mitochondrien, die als Kraftwerke dienen, und die Photosynthese betreibenden Chloroplasten. Zusammen mit ihrer Gruppe will Vorholt nun künstliche Kompartimente entwickeln, um neue Stoffwechselmerkmale modulartig in Zellen einzuführen. Davon profitieren dürfte eine Vielzahl von biotechnologischen Anwendungen.
Messlatte für Spitzenforschende: ERC Grants
ETH-Forscherinnen und -Forscher bewerben sich seit 2007 erfolgreich um Fördermittel der Europäischen Union, die ERC Research Grants. An der ETH Zürich haben schon über 80 Forschende einen ERC Advanced Grant erhalten.
Neben den Advanced Grants vergibt der Europäische Forschungsrat alljährlich auch Starting Grants für Nachwuchsforschende zu Beginn ihrer Karriere und Consolidator Grants für arriviertere Forscherinnen und Forscher zum weiteren Aufbau einer eigenen Gruppe. Ausserdem zeigt sich an den zahlreich bewilligten ERC Proof of Concepts der ETH Zürich (Mittel für die Erstellung von Machbarkeitsstudien und Businessplänen), dass Grundlagenforschung oft in Marktinnovationen mit entsprechendem volkswirtschaftlichem Nutzen ihre Anwendung findet.