Gezielte Berufung von Professorinnen zeigt Wirkung
Seit 2014 dokumentiert «Equal! Stelle für Chancengleichheit und Vielfalt» die Situation der Gleichstellung von Frauen und Männern an der ETH Zürich in einem alljährlich erscheinenden Gender Monitoring Report. Der aktuelle Report wurde umbenannt in «Equality Monitoring», da neben der Gleichstellungsthematik neu auch der Aspekt «Vielfalt» beleuchtet wird.
Einen erfreulichen Höchststand der Anzahl von Professorinnen an der ETH Zürich: das dokumentiert der soeben erschienene Download Bericht Equality Monitoring 2019/2020. Die Bemühungen des Präsidenten und der Departemente, gezielt mehr Frauen zu berufen, haben zu einem deutlichen Sprung vorwärts geführt. So ging 2019 bei den Assistenzprofessuren die Hälfte aller Neuberufungen an Frauen, bei den festangestellten Professuren waren es 21 Prozent. ETH-Präsident Joël Mesot sagt: «Es freut mich zu sehen, dass der Strauss an Massnahmen, die wir getroffen haben, bei den Berufungen nun erste Wirkung zeigt. Aber es sind lediglich erste Schritte.»
In der Tat bleibt noch einiges zu tun, denn Frauen sind weiterhin auf allen akademischen Karrierestufen der ETH Zürich unterrepräsentiert. So sind über alle Studiengänge hinweg ein knappes Drittel der Studierenden Frauen, wobei in einzelnen Studiengängen nur ein Zehntel, in anderen dafür weit über die Hälfte Frauen sind. Nur jede siebte Professur mit Festanstellung ist mit einer Frau besetzt.
Wenig Veränderung bei der «Leaky Pipeline»
Auch bezüglich der «Leaky Pipeline» hat sich nicht viel verändert. «Der Rückgang der Frauenanteile nach der Master- oder Doktoratsstufe bis hin zur Stufe der Professuren ist weiterhin vorhanden, in manchen Departementen ausgeprägter als in anderen», sagt Renate Schubert, Delegierte des ETH-Präsidenten für Chancengleichheit und verantwortlich für das Equality Monitoring.
Mit Hilfe des «Gender Parity Index» (GPI) lassen sich die Departemente der ETH Zürich in drei Gruppen unterteilen: solche mit gesamthaft hohem Frauenanteil bei den Studierenden, Doktorierenden, wissenschaftlichen Mitarbeitenden, Professuren und beim technisch-administrativen Personal, solche mit einem mittleren und solche mit einem gesamthaft sehr tiefen Frauenanteil. Gerade die Departemente mit einem tiefen Frauenanteil haben inzwischen viele verschiedene Aktivitäten lanciert, um für eine Erhöhung des Frauenanteils zu sorgen. «Wir beobachten, dass sich die Departemente im Mittelfeld nicht besonders anstrengen, um mehr Frauen zu gewinnen», stellt Schubert fest.
Aber auch bei den Departementen mit einem hohen Anteil an Bachelor- und Masterstudentinnen sinken ab Stufe Doktorat die Frauenanteile ab. Renate Schubert ist aber zuversichtlich. Die steigende Zahl von Professorinnen, die zeigen, dass sie exzellent sind und dass ihr Engagement für Forschung, Lehre, Innovation und Familie miteinander vereinbar ist, dürfte den jungen Frauen Mut machen, die nächste akademische Stufe in Angriff zu nehmen.
Vielfalt schafft Exzellenz
Für die Autorinnen und Autoren des Equality Monitoring ist eine Strategie der Vielfalt für Universitäten essentiell und fördert deren Exzellenz. Menschen in einem vielfältigen Forschungsumfeld sind kreativer und stellen unübliche Forschungsfragen, die zu innovativen Forschungsideen und deren Transfer in die Praxis führen. Auch für Studierende sind vielfältige Lernumgebungen anregender und «lehrreicher» und deswegen produktiver als homogene.
Dafür müssen aber die Prozesse der Rekrutierung sowie der Forschungs- und Lehrevaluationen so ausgestaltet werden, dass der Talentpool sehr vieler, sehr unterschiedlicher Menschen genutzt und entwickelt werden kann. Die Pflege und Förderung von Vielfalt ist aufwändig und erfordert viel Einsatz von allen Beteiligten. Die ETH Zürich ist hier sehr engagiert. So gibt es verschiedene Aktivitäten zur Förderung von Vielfalt, angefangen etwa beim «Gender Action Plan», über den Verhaltenskodex «Respekt», das «Fix-the-Leaky-Pipeline Programm», die Schaffung von «Gender and Diversity Advocates» in Berufungskommissionen bis hin zur Umsetzung von Anliegen der LGBTIQIA+- und anderer Gruppen. Ein weiterer Ausbau der entsprechenden Aktivitäten zeichnet sich ab.
Mehr Daten für ein klares Bild
Das aktuelle Equality Monitoring macht Aussagen zum Internationalisierungsgrad und zur Geschlechter- und Altersstruktur der ETH-Angehörigen. Weitere Merkmale der Vielfalt wie Religion, sexuelle Identität, oder auch Behinderungen physischer oder psychischer Art sind sensitive Daten, die zur Zeit an der ETH Zürich nicht erhoben werden. «Es wäre schön, wenn solche Aspekte in Zukunft in die Personal- und Studierendenbefragungen aufgenommen werden könnten», meint Renate Schubert. Die Angaben würden hier auf freiwilliger Basis erfolgen und schliesslich könnten «gewisse Brennpunkte der Vielfaltsthematik erst mit Hilfe der entsprechenden Daten entdeckt werden.»
Vielfalt ist eine grosse Chance und die ETH Zürich ist auf einem guten Weg. Zweifellos gibt es aber noch Potential, die Diversität in allen Bereichen der Hochschule weiter zu unterstützen. Der Stelle für Chancengleichheit und Vielfalt geht also wohl nicht so schnell die Arbeit aus.