Deutschschweiz sieht weniger Nachteile beim 5G-Ausbau
Der Mobilfunkstandard 5G polarisiert die Schweizer Bevölkerung weniger als angenommen. Laut einer Befragung von ETH-Forschenden befürworten Schweizerinnen und Schweizer 5G mehrheitlich. In der Romandie hat ein substanzieller Anteil der Bevölkerung jedoch Bedenken.
Was denkt die Schweizer Bevölkerung über den 5G-Ausbau? Diese Frage haben ETH-Forschende der Politikwissenschaft im Sommer 2020 in einer repräsentativen Befragung untersucht. Ihre Ergebnisse haben sie im Rahmen des Schweizer Umweltpanels, eines gemeinsamen Projekts mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU), veröffentlicht (siehe Box).
Die Meinungen zur Frage, ob 5G in der Schweiz ausgebaut werden soll, sind geteilt. Gut 10 Prozent der Befragten sind entweder stark dafür oder stark dagegen. Bei den anderen verteilen sich die Antworten recht gleichmässig auf «eher dafür» oder «eher dagegen». Diese Meinungen sind unabhängig davon, ob es um einen 5G-Ausbau in der eigenen Gemeinde oder in der gesamten Schweiz geht. Obwohl die derzeit laufende Einführung von 5G in Frequenzbereichen erfolgt, die bereits vorher für den Mobilfunk und für WLAN verwendet worden sind, ist die Mehrheit der Befragten (57 Prozent) der Ansicht, dass 5G die Gesundheit mehr belastet als 3G oder 4G.
Männer sind häufiger für den 5G-Ausbau als Frauen
Für sich persönlich sehen die Befragten sowohl die Vor- als auch die Nachteile von 5G. Die wahrgenommenen Vorteile überwiegen jedoch tendenziell. Für die Schweiz allgemein wird 5G deutlich vorteilhafter bewertet. Hier wird insbesondere ein Nutzen für die Wirtschaft erwartet. Befragte aus der Romandie sehen deutlich mehr Nachteile und weniger Vorteile von 5G für sich und für die Schweiz als Befragte aus der Deutschschweiz und dem Tessin. Ausserdem fühlen sich Befragte aus der Romandie am stärksten durch elektromagnetische Strahlung belastet, Tessinerinnen und Tessiner am wenigsten.
Männer sehen generell deutlich mehr Vorteile von 5G für sich persönlich als Frauen, bei jungen Männern ist dies am ausgeprägtesten. Männer sind auch häufiger für einen Ausbau des 5G-Netzes. Frauen finden häufiger als Männer, dass Bund und Kantone die Bevölkerung nicht ausreichend vor Strahlung schützen.
Durch die Strahlung von Mobiltelefonen, Tablets und Computern fühlt sich die Mehrheit der rund 7'000 Befragten (59 Prozent) wenig (34 Prozent) bis gar nicht (25 Prozent) belastet. Im Vergleich zu den 2018 und 2019 durchgeführten Befragungen des Umweltpanels hat damit der Anteil derjenigen, die sich von Mobilfunkgeräten stark oder sehr stark belastet fühlen, abgenommen. Während 2018 und 2019 noch über 20 Prozent angaben, sich von Mobilfunkgeräten stark oder sehr stark belastet zu fühlen, sind es 2020 noch etwa 13 Prozent.
Grenzwerte für Strahlenschutz behalten
Insgesamt sind knapp zwei Drittel aller Befragten der Ansicht, dass die Bevölkerung nicht ausreichend vor Strahlung von Mobilfunkantennen geschützt wird. Gut ein Drittel findet den Schutz genau richtig, und kaum jemand ist der Meinung, dass die Bevölkerung zu stark geschützt wird. «Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Vorsorge beim Schutz vor Strahlung von Mobilfunkantennen im Interesse der Bevölkerung liegt», legt Thomas Bernauer, ETH-Professor für Politikwissenschaft (Internationale Beziehungen), dar.
Was erwarten die Befragten von der Politik? «Die Mehrheit spricht sich dafür aus, die bestehenden Grenzwerte für Mobilfunkantennen beizubehalten, auch wenn dies mit einem eher langsamen Ausbau von 5G für die ganze Schweiz verbunden ist», sagt Thomas Bernauer. Wenn sich die Befragten zwischen verschiedenen Wegen des 5G-Ausbaus entscheiden müssen, bevorzugen sie eher viele Standorte mit niedriger Strahlung pro Antenne, im Gegensatz zu wenigen Standorten mit hoher Strahlung. «Zudem würden sie sich eher für Massnahmenpakete entscheiden, die Gesundheitsrisiken bereits vor dem Ausbau erforschen», sagt Franziska Quoß, Projektkoordinatorin in Bernauers Gruppe.
Schweizer Umweltpanel
Das Schweizer Umweltpanel ist eine Panelbefragung, die die ETH Zürich in Kooperation mit dem Bundesamt für Umwelt seit 2018 zwei Mal im Jahr durchführt. Dabei wird die Schweizer Bevölkerung zu ihren Einstellungen zu verschiedenen umweltpolitischen Themen, Massnahmen und Trends befragt. Das Schweizer Umweltpanel dient als Informationsbasis für Politik, öffentliche Verwaltung, Wissenschaft und die breitere Öffentlichkeit und wird von der ETH Zürich zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) finanziert.
Mehr Informationen zum Schweizer Umweltpanel und zur 5G-Befragung
Literaturhinweis
Quoß, Franziska; Rudolph, Lukas; Gomm, Sarah; Kuang, Selina; Wäger, Patricia; Bruker, Janek; Walder; Colin; Wehrli, Stefan; Bernauer, Thomas (2021); Schweizer Umweltpanel: 5G; ETH Zürich. DOI: 10.3929/ethz-b-000478738.