Ein Update für den Selbstversorgungsgrad

Der Selbstversorgungsgrad beurteilt die Leistung des Agrarsektors im Licht der Ernährungssicherheit. Den aktuellen Herausforderungen der Landwirtschaft wird er aber nicht gerecht, meint Roman Hüppi.

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9 Kommentare

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  • Christian Ledergerber03.12.2021 12:47

    Würde es denn Sinn machen eine Ernährungsunabhängigkeits Initiative zu lancieren? Man könnte den "Ernährungssicherheits" https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1999/404/de#art_104_a Artikel ja so anpassen, dass er: - die Versorgung im Inhalt maximiert, indem er importierte Mittel wie Mineralöl, Futtermittel, Pestidizide und Dünger minimiert - die Ökologischen Grundlagen für die Landwirtschaft längerfristig erhaltet

     
       
    • Gunnar Jeschke04.07.2021 17:22

      Wenn wirklich eine Notlage eintritt - und meine Eltern haben das noch erlebt - geht es um: Kalorien.

       
      • Roman Hüppi09.07.2021 13:35

        Hoffentlich eben genau nicht, wie ich im Artikel zu zeigen versucht habe. Ich plädiere dafür dass in einer heutigen Krise nicht nur Chemiker sondern auch Ernährungsfachleute und Agrarökologen diese Politik mitbestimmen würden. Wenigstens bitte nicht mehr auf Kalorien aus Rübenzucker setzen. Das sind ernährungstechnisch sinnlose Kalorien und ökologisch verheerend!

         
         
       
    • Martin Holzherr18.06.2021 14:43

      Frage: Was ist die Idee hinter einem möglichst grossen Selbstversorgungsgrad? Falls es darum geht eine mehrjährige Versorgungskrise zu überstehen, dann wäre eventuell eine Lagerhaltung besser geeignet die Versorgung in einer Krise zu gewährleisten , zumal Nahrungsmittellager auch dann noch zur Verfügung stehen, wenn das Ackerland ausfällt, beispielsweise weil es vergiftet wurde. Reis beispielsweise ist praktisch unbegrenzt lagerbar. Um die Hälfte des Kalorienbedarfs der Schweizer Bevölkerung über ein Jahr zu gewährleisten, genügen 1.2 Millionen Tonnen Reis, was ungefähr dem maximalen Ladegewicht von 12 grossen Containerschiffen entspricht. Der Reisvorrat könnte kontinuierlich aufgefrischt werden, wenn etwa die Schweizer Rekruten und WK-Soldaten solchen Reis konsumieren. Ehrlich gesagt, sehe ich keinen anderen Grund für einen hohen Selbstversorgungsgrad als den, eine Versorgungskrise zu überstehen. Mit Nahrungsmittellagern schafft man das besser als mit einer grossen Ackerfläche.

       
      • Roman Hüppi21.06.2021 18:50

        Vielen Dank für diese Frage. Ob es Sinn macht, einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad zu erreichen, kann sehr gerne hinterfragt werden. Das Argument scheint offenbar in der Bevölkerung, der produzierenden Landwirtschaft und der Agrarpolitik sehr beliebt. Man misst damit nicht nur wie das Land im Krisenfall da steht, sondern auch generell die Performance der Landwirtschaft. Als Wissenschaftler ist es mir wichtig, dass man wenigstens über sinnvolle Zahlen diskutiert und die Selbstversorgung konsequent rechnet. Und ich glaube hier liegt sogar der Schlüssel, um die Widersprüche zwischen der produzierenden und ökologischen Landwirtschaft aufzulösen. Das mit dem Lagern macht dann auch nur wenig Sinn.

         
         
       
    • Hansjürg Jäger16.06.2021 21:09

      Wäre der Food Security Index eine geeignete Kennzahl für die Weiterentwicklung der Debatte?

       
      • Roman Hüppi17.06.2021 14:06

        Der Food Security Index ist ein sehr detaillierter und spannender Beitrag zu dieser Diskussion: https://foodsecurityindex.eiu.com/Country/Details#Switzerland Dass die Schweiz auf Platz 10 und die Niederlande auf Platz 3 liegt zeigt, dass die Probleme durch hohe Tierintensität kaum berücksichtigt werden. Ebenfalls die hohe Abhängigkeit von fossiler Energie für die Nahrungsmittel Produktion scheint wenig relevant für den Index.

         
         
       
    • Martin Holzherr16.06.2021 17:36

      Zitat: „ Denn je intensiver man produziert, desto grösser werden die Umweltschäden.“ Nein, das muss nicht stimmen. Treibhäuser erlauben hochintensive Landwirtschaft ohne Pestizide und ohne Run-Off von Düngemitteln in die Umwelt. Mit Erdwärme betrieben kommen sie auch ohne Heizung aus und der Wasserverbrauch ist äusserst gering. Allerdings eignen sich Treibhäuser nur für ertragreiche Sorten, nicht für Getreide. Die Niederlande mit ihren vielen Treibhäusern exportieren mehr Nahrungsmittel als sie importieren. Sie importieren vor allem Getreide. Wenn Gewässerschutz als wichtig betrachtet wird, wären auch in der Schweiz mehr Treibhäuser angesagt. In der Schweiz dominiert Grasland und damit automatisch die Fleischproduktion. Grasland eignet sich meist nicht für Getreideanbau. Treibhäuser aber könnte man auch auf Grasland stellen.

       
      • Roman Hüppi17.06.2021 14:16

        Danke für das gute Gegenbeispiel. Geschlossene Kreislaufsysteme in Treibhäuser sind eine interessante Möglichkeit für intensives Gemüse. Sollten dann aber auf Flächen stehen die sowieso schon dem Agrarland abgerungen wurden. Wenn solche Systeme wirklich geschlossen und aus erneuerbaren Energien betrieben werden, sind sie sehr Kapital intensiv. Die Schweiz könnte sich das sicher leisten und damit den Versorgungsgrad tatsächlich erhöhen. Unsere Gruppe arbeitet an solchen Lösungen, die gleichzeitig das Recycling von Urindünger erlauben würde.