Konstruktiver Umgang mit Fehlern fördert Innovation

Der Fokus des diesjährigen Schweizer HR-Barometers liegt auf Arbeitsbedingungen, die innovatives Handeln von Beschäftigten fördern. Der in der Schweiz vorherrschende offene Umgang mit Fehlern wirkt sich positiv auf die Innovationskraft und die generelle Arbeitseinstellung aus. Verbesserungspotential gibt es bei der Unterstützung neuer Ideen, der persönlichen Entwicklung sowie bei der Entlöhnung.

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Eine Unternehmenskultur soll innovatives Handeln und Lernen aus Fehlern bei den Beschäftigten fördern. (Bild: Adobe Stock)

Die Ergebnisse des HR-Barometers, einer Befragung bei über 2000 Arbeitnehmenden, zeigen, dass sowohl innovatives Handeln als auch Lernen aus Fehlern in der Schweiz weit verbreitet sind. 86% der Beschäftigten sind der Meinung, dass Fehler hilfreich für die eigene Arbeit sein können und die Gelegenheit bieten, etwas aus ihnen zu lernen. Das ist ein sehr gutes Fundament für die Innovationskraft von Unternehmen in der Schweiz. Beschäftigte berichten auch, dass sie sich durch Vorgesetzte und Arbeitskolleginnen und -kollegen unterstützt fühlen und in vielen Unternehmen ein Klima der psychologischen Sicherheit herrscht. Es dominiert der proaktive Umgang mit Fehlern, sodass diese offen kommuniziert und reflektiert werden können. Sehr ermutigend ist, dass weniger als 10% der Beschäftigten angeben, dass sie Fehler im Allgemeinen verbergen.

Allerdings bestehen laut der Befragung auch Verbesserungsmöglichkeiten, insbesondere hinsichtlich der Bereitschaft, Teams mehr Zeit für die Entwicklung neuer Ideen zur Verfügung zu stellen. Ebenso zeigt die Studie, dass die Unterstützung von Ideen durch Vorgesetzte über Abteilungsgrenzen hinweg verbessert werden könne. Beschäftigte könnten zudem noch stärker darin unterstützt werden, dem Risiko, Fehler zu machen, offen zu begegnen.

Auswirkungen von Innovations- und Fehlerkulturen

Eine Unternehmenskultur, die innovatives Handeln und Lernen aus Fehlern bei den Beschäftigten fördert, ist nicht nur im Hinblick auf Innovation wünschenswert. Sie beeinflusst auch generelle Arbeitseinstellungen und das Erleben der Arbeitssituation positiv. Beschäftigte in Unternehmen mit einer solchen Kultur berichten von weniger Stress, mehr Arbeits- und Laufbahnzufriedenheit, mehr Commitment, also Bindung an die Organisation, und geringeren Kündigungsabsichten.

Umgekehrt ist für innovatives Handeln und das Lernen aus Fehlern, neben kulturellen Faktoren, die Gestaltung der täglichen Arbeit zentral. Autonomie, Aufgabenvielfalt und Partizipation sind die wichtigsten Arbeitsmerkmale, um Innovation zu fördern. Während Autonomie und Aufgabenvielfalt relativ weit verbreitet sind, besteht bei der Partizipation, also der Beteiligung von Beschäftigten an Entscheidungen im Unternehmen, noch am ehesten Verbesserungsbedarf.

Trend zu gestiegenen Erwartungen

Bezüglich der allgemeinen Arbeitssituation, die ebenfalls im Schweizer HR-Barometer erfasst wird, zeigt sich insgesamt ein positives Bild, das sicher auch durch die gegenwärtige beschäftigtenfreundliche Situation am Arbeitsmarkt geprägt ist. Die im sogenannten psychologischen Vertrag (s. Box unten) ausgedrückten Erwartungen der Beschäftigten sind etwas gestiegen, die Angebote der Unternehmen aber auch. Sorgenkinder sind weiterhin eine aus Sicht der Beschäftigten angemessene Entlöhnung und das Vorhandensein von Entwicklungsmöglichkeiten. Hinsichtlich letzterem ist insbesondere besorgniserregend, dass sich der in früheren Ausgaben des Schweizer HR-Barometers bereits aufgezeigte Trend zu weniger Weiterbildungstagen noch verstärkt hat. Ebenso werden weiterhin Leistungsbeurteilungen und Laufbahnplanung als Kernbestandteile der Personalentwicklung zu wenig durchgeführt beziehungsweise angeboten.

Schliesslich kann vermutet werden, dass bei für Beschäftigte weiterhin günstiger Arbeitsmarktlage mehr Dynamik im Arbeitsverhalten entstehen wird. Derzeit ist zwar die Kündigungsabsicht tief, aber die erlebte Arbeitsmarktfähigkeit ist zum ersten Mal seit zehn Jahren gestiegen und Beschäftigte berichten dynamischere Formen von Arbeits(un)zufriedenheit, welche steigende Erwartungen und Veränderungsbereitschaft signalisieren. Unternehmen sollten sich also durch verbesserte HR-Praktiken für diese Dynamik wappnen, mit besonderem Blick auf Entlohnung und Personalentwicklung.

Der Schweizer HR-Barometer

Der Schweizer HR-Barometer erfasst, wie Angestellte in der Schweiz ihre Arbeitssituation erleben. Erhoben werden unter anderem folgende Themen: gegenseitige Erwartungen und Angebote von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden als Bestandteil der Arbeitsbeziehung (psychologischer Vertrag), Praktiken des Human Resource Management wie Arbeitsgestaltung und Personalentwicklung, Führung, Arbeitszufriedenheit, Arbeitsmarktfähigkeit und Karriereorientierung. Die Studie wird von Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie der ETH Zürich, und von Bruno Staffelbach, Leiter des Centers für Human Resource Management an der Universität Luzern, in Kooperation mit der Universität Zürich regelmässig herausgegeben.

Die Grundlage des HR-Barometers 2022 bildet eine Befragung von 2088 Angestellten, basierend auf dem Stichprobenregister des Bundesamtes für Statistik. Die aktuelle Ausgabe widmet sich dem Schwerpunktthema «Innovation und Scheitern». Die Befragung fand zwischen März und Juni 2022 in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz statt.

Der HR-Barometer 2022 entstand mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds.

Literaturangabe

Gudela Grote und Bruno Staffelbach (Hrsg.): Schweizer HR-Barometer 2022: Innovation und Scheitern. Universitäten Luzern, Zürich und ETH Zürich. ISBN 978-3-033-09471-0

Kontakt

Prof. Bruno Staffelbach
  • +41 41 229 50 05

Universität Luzern
Center für Human Resource Management
Schweiz

Prof. Gudela Grote
  • +41 44 632 70 86
  • vCard Download

ETH Zürich
Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie
Schweiz

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